
18 KOSTLICHE KUSTE
VON DER SCHNAUZE
BIS ZUM SCHWANZ
Fotos: AdobeStock
»NOSE-TO-TAIL« – DIE HOHE KUNST DES GANZHEITLICHEN KOCHENS
Wer ein Tier schlachtet,
muss es auch ganz verwerten,
so die Anhänger der
Nose-to-Tail-Küche – einer
Art zu kochen, die auch bei
uns langsam aber sicher „hoffähig“
wird. Dies sei auch eine
Frage des Respekts vor dem
Tier. Allerdings sieht es in den
meisten deutschen Haushal-
ten und Restaurants noch
ganz anders aus.
Innereien wie Niere, Herz,
Magen, Bries, Hirn, Lunge und
Zunge – anderswo auf der
Welt als Delikatessen hochgeschätzt
– werden hierzulande
allenfalls zu Hundefutter
verarbeitet. Bei der Leber, die
ebenfalls zu den Innereien gehört,
ist der deutsche „Gourmet“
nicht ganz so streng.
Die vermeintlich edlen
Teile eines Tieres heissen in
Deutschlands Restaurants
und Supermärkten Schweineschnitzel,
Rindersteak oder
Hühnerbrust.
Aber warum ist das so? Ganz
einfach: Nach dem Zweiten
Weltkrieg waren Innereien
noch fester Bestandteil der
deutschen Volksküche. Durch
das „Wirtschaftswunder“ jedoch
wandelte sich die Esskultur
und Innereien wurden
zum „Essen für arme Leute“,
zu denen niemand mehr gehören
wollte.
Inzwischen möchte der Gast
das für ihn getötete Tier auf
seinem Teller, am liebsten gar
nicht erst als solches erkennen
– nicht zuletzt deshalb,
weil er ahnt, was manchem
dieser Lebewesen während
ihres kurzen Daseins angetan
wurde...
Auf den Speisekarten vieler
deutscher Durchschnittsrestaurants
hat dies zu einer
Steak- und Schnitzel-Monokultur
ohnegleichen geführt –
bar jeder kulinarischen Phantasie.
Nach Gerichten mit Innereien
sucht der Gast meist vergebens.
Verzehrten die Deutschen
im Jahre 1984
pro Kopf noch 1.500 Gramm
Innereien, waren es 2014 nur
noch 150 Gramm.
KULINARISCHE FREUDEN
JENSEITS DES FILETS
Meist sind es die „edlen“ Teile
aus Keule, Rücken und Lende,
die vom Schlachthof in die
Supermärkte kommen. Der
Rest kommt in die Wurst oder
geht in den Export.
Die Innereien jedoch, immerhin
rund ein Fünftel des kompletten
Schlachtgewichts, gelten
bei uns als Schlachtnebenprodukte.
Sie werden –
wie gesagt – zu Hundefutter
oft aber auch als Abfall entsorgt.
Angeregt durch den britischen
Sternekoch Fergus Henderson,
der seine Philosophie der
Nose-to-Tail-Küche diesem
Trend entgegensetzt, haben