
A20-Ausbau: Kehdinger Kreuz in Drochtersen - Nächster Meilenstein erreicht
Kaum ein Autobahnprojekt sorgt für so viele Diskussionen wie die A20. Jetzt werden die Planungsunterlagen für einen besonders bedeutenden Knotenpunkt veröffentlicht.
Zusammengenommen ist es aktuell das größte Straßen-Infrastrukturprojekt - mindestens in Norddeutschland. Wenn sie fertig gebaut wird, verbindet die Autobahn 20 Polen über Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen mit den Niederlanden. Das wären 545,6 Kilometer, von denen 345,2 Kilometer bereits in Betrieb sind. Derzeit endet die A20 kurz vor Bad Segeberg.
Hier gibt es die Details zu den Planungen
Nun ist der nächste Schritt im Projekt gemacht: Der Planfeststellungsbeschluss mit Rechtsbehelfsbelehrung und der festgestellte Plan werden von Montag, 17. März, bis zum 16. April unter dem Titel "Planfeststellungsbeschluss für den Neubau des Kreuzes Kehdingen" auf der Internetseite der Landesbehörde unter https://planfeststellung.strassenbau.niedersachsen.de/overview einsehbar sein.
Das wurde jetzt von der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr als zuständiger Planfeststellungsbehörde für das Kreuz Kehdingen in der Gemeinde Drochtersen veröffentlicht. Das neue Autobahnkreuz ist aus zwei Gründen von zentraler Bedeutung für die Verkehrsinfrastruktur: Es stellt die Verbindung zwischen der A20 und der A26 dar. Damit würde eine großräumige Umfahrungsmöglichkeit für den Großraum Hamburg und den dauerbelasteten Elbtunnel entstehen.
Ohne Autobahnkreuz keine Umfahrung für Hamburg
Das Kreuz Kehdingen braucht auch aus einem anderen Grund Baureife: Der neue Elbtunnel zwischen dem Drochterser Ortsteil Ritsch und Glückstadt darf ohne die Baureife für die beiden angrenzenden Teilstücke in Niedersachsen und Schleswig-Holstein nicht gebaut werden.

Mit der Planfeststellung für das Autobahnkreuz als Begegnungspunkt von A20 und A26 sind die Planer in Niedersachsen jetzt einen Schritt weiter. In Schleswig-Holstein geht es um den Abschnitt 7 vom geplanten Autobahnkreuz Steinburg bis nach Glückstadt. Auf Tageblatt-Nachfrage erklärte eine Sprecherin der schleswig-holsteinischen Verkehrsbehörde am Montag, dass der Planfeststellungsbeschluss für diesen Abschnitt im ersten Halbjahr 2025 erfolgen soll.
Baukosten: Der Tunnel soll 1,5 Milliarden Euro kosten
Die Gesamtausbaukosten in Schleswig-Holstein bis Drochtersen und in Niedersachsen sollen - Stand 2021 - laut der bundeseigenen DEGES rund 5,6 Milliarden Euro betragen. Darin enthalten sind die Kosten von über 1,5 Milliarden Euro für den 6,5 Kilometer langen Elbtunnel bei Glückstadt. Die autobahnkritische Naturschutzorganisation BUND geht von mindestens sieben Milliarden Euro Baukosten aus.
"Das ist ein wichtiger Schritt für die Realisierung dieser so dringend benötigten Autobahnanbindung für den Norden des Landkreises Stade", sagte Landrat Kai Seefried in einer ersten Stellungnahme.
Energiedrehkreuz Stade braucht die A20 und A26
"Wir machen uns seit Jahren für den Bau der A20 und den Weiterbau der A26 gen Drochtersen stark: Die Verbindungen werden nicht nur eine wichtige Entlastung für den Pendler- und Transitverkehr sein, sie sind auch unabdingbar für eine bessere Anbindung vieler Unternehmen im Landkreis Stade und unserer Industrie an der Elbe", so Seefried. Der Stader Seehafen, der mit dem Anleger für verflüssigte Gase zu einem internationalen Energiedrehkreuz ausgebaut werde, benötige unbedingt eine entsprechende Anbindung.
Finanzierung durch das Sondervermögen?
"Der Bau der A20 ist ein sensibles Verfahren. Es ist gut, dass mit der Planfeststellung der nächste Schritt abgearbeitet wurde", sagte Christian Budde, Sprecher des niedersächsischen Wirtschafts- und Verkehrsministers Olaf Lies (SPD). Alles erfolge in enger Zusammenarbeit mit der schleswig-holsteinischen Landesregierung.
Aus Buddes Sicht ist der Bau der Autobahn eines der Projekte, die perfekt auf die Finanzierung durch das Sondervermögen für Infrastruktur passen würden. Die Landesregierung stehe trotz der Widerstände hinter einer Realisierung der A20.
Auf Nachfrage wollte sich Susanne Grube vom Koordinationskreis der Initiativen und Umweltverbände gegen die A20 im Detail noch nicht zum Planfeststellungsbeschluss äußern. "Wir warten die Veröffentlichung der Unterlagen ab", sagte sie. Alle Beteiligten erwarten allerdings eine Klage aus den Reihen der Umweltverbände. "Die Planungsverfahren dauern nicht aufgrund der Klagen so lange, sondern weil die Landschaften und die Natur so komplex sind", sagte Grube.
Das passiert, wenn wieder geklagt wird
Eine Klage kann die Rechtswirksamkeit der Planfeststellung für das Kreuz Kehdingen hinauszögern und auch ganz verhindern. Allerdings kann die aufschiebende Wirkung im Gegensatz zu älteren Verfahren deutlich kürzer ausfallen. Es gibt im Planfeststellungsbeschluss die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit. Das heißt, trotz Klage dürfte gebaut werden. Auch dagegen kann in einem Eilverfahren vorgegangen werden.
Die Entscheidung, ob gebaut werden darf, würde dann schon vor dem Abschluss des langwierigen Hauptsacheverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in der Tendenz vorliegen - sollte dieses die sofortige Vollziehbarkeit nicht aufheben.
Von Karsten Wisser
