Wolfsabschuss im Kreis Cuxhaven: Warum Jäger und Umweltministerium im Konflikt sind
Risse in Cuxhaven und Umgebung entfachen weiter die Debatte über den Umgang mit Wölfen. Während das Umweltministerium und die Jägerschaft unterschiedliche Positionen vertreten, fühlen sich Schäfer im Stich gelassen. Alles zur aktuellen Debatte.
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ordnete am zurückliegenden Freitag (17. Oktober 2025) die Ausnahmegenehmigung für eine Wolfsentnahme nach dem Schnellabschussverfahren im Raum Cuxhaven an. Am 14. Oktober war es erneut zum ausschlaggebenden Riss eines Rindes in der Samtgemeinde Land Hadeln gekommen. Die Genehmigung ist 21 Tage ab Rissgeschehen in einem Umkreis von 1000 Metern um die betroffene Weide gültig.
Kreisjägermeister übt scharfe Kritik
Ist der genaue Ort beziehungsweise die Weide kenntlich und somit der 1000-Meter-Radius nachvollziehbar? Das jedenfalls stellt der Cuxhavener Kreisjägermeister Eike Lindau aus Beverstedt in den Raum. Das Umweltministerium des Landes Niedersachsen teilt auf Nachfrage von cnv-medien.de mit: "Der Vollzug der Ausnahmegenehmigung erfolgt in enger Kooperation mit der örtlichen Jägerschaft. Weitere Angaben, auch zum konkreten Ort, werden aus Gründen des Schutzes der Vollziehenden nicht gemacht."

Kreisjägermeister Lindau hat keine Kenntnis darüber, wer die Entnahme umsetzen soll und wie es organisiert ist. Und er hat eine völlig andere Sichtweise als das niedersächsische Umweltministerium. Umweltminister Meyer habe ohne Notwendigkeit mit größtmöglicher Detailgenauigkeit den bestimmten ausschlaggebenden Riss und somit den für den Abschuss infrage kommenden Ort bekannt gegeben. So werde Aktivisten ermöglicht, durch gezieltes Stören eine Entnahme zu verhindern, kritisiert der Kreisjägermeister. Er verweist im Gespräch mit unserem Medienhaus darauf, dass der Ort durch die Veröffentlichung des Rissgeschehens bekannt sei. Entsprechende Posts und Screenshots aus Chatgruppen in Social Media dienten ihm als Beleg. Der Kreisjägermeister unterstreicht sein Misstrauen gegenüber dem Umweltministerium und fühlt sich "hinters Licht geführt". Wolfsschützer seien bereits vor Ort gewesen und hätten zudem dort "zum Spazierengehen" aufgerufen, um vermutlich durch Unruhe den Wolf zu vertreiben.

Aus dem Umweltministerium war zu erfahren, dass Niedersachsen bereits Ende 2022 dem Bund mitgeteilt habe, dass artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen zur rechtmäßigen Entnahme von sogenannten "Problemwölfen" künftig eine Woche vor ihrem Erlass öffentlich einsehbar sein sollen - und zwar zum Schutz der Betroffenen in anonymisierter Form. "Diese Praxis gilt seitdem und jetzt auch für das Schnellabschussverfahren, allerdings werden entsprechende Genehmigungen in diesem Rahmen 24 Stunden vorher angekündigt", verdeutlicht Matthias Eichler, stellvertretender Pressesprecher des Umweltministeriums.
Unsicherheiten bei Jägern
Ob allerdings aus der hiesigen Jägerschaft jemand tatsächlich in dem betreffenden Radius in der Samtgemeinde Land Hadeln auf einen Wolf schießen wird, bleibt fraglich. Aus der Jägerschaft Land Hadeln-Cuxhaven war von mehreren Unsicherheitsfaktoren die Rede. Was passiert, wenn der Umkreis von 1000 Metern nicht genau eingehalten oder sogar der Jäger beim Abschuss gefilmt werde und sich dies rasant medial verbreitet? Diese Befürchtungen äußern Vertreter der hiesigen Jägerschaft, die namentlich nicht in Erscheinung treten möchten. Sie sind in Sorge, dass Wolfsschützer einen Abschuss zum Anlass nehmen und bei dem Betreffenden zum Beispiel persönlich vor der Haustür stehen. Die Jägerschaft Land Hadeln/Cuxhaven möchte sich offiziell noch nicht zu dem Verfahren und dem sensiblen Thema äußern, war auf Anfrage zu erfahren.

Kreisjägermeister Lindau ist der persönlichen Meinung, dass die Entnahmemöglichkeiten unkomplizierter und weniger bürokratisch werden müssten. "Es wünschen sich viele einen kürzeren Dienstweg." Er versichert: "Es will keiner den Wolf ausrotten." Doch es gehe darum, bei Konflikten wie erhöhtem Rissgeschehen besser eingreifen zu können.
"Wir Schafhalter fühlen uns allein gelassen"
Während sich zurzeit alles um die Abschussverordnung dreht, ist unterdes bei Schäfer Thomas Reinecke aus Steinau die Enttäuschung greifbar, dass sein Antrag auf Entnahme eines Problemwolfs bei der Unteren Naturschutzbehörde bei der gegenwärtigen Diskussion offensichtlich keine Rolle mehr spielt, weil sich die Verordnung lediglich auf den jüngsten Riss eines Rindes bezieht und nicht das Rissgeschehen in Steinau einbeziehe. "Wir Schafhalter fühlen uns hier allein gelassen." Für die Schafrisse sei laut DNA-Analyse schließlich nachweislich ein anderer Wolf als für die Rinderrisse verantwortlich, aber von Schafen stehe nichts in der Verordnung vom NLWKN. Zuerst habe es geheißen, dass eine Entnahme zunächst wegen des Rinderrisses erfolge und später erweitert werden solle. Davon sei nun aber keine Rede mehr, beklagt Reinecke.