
Antragsteller kamen mit Orchideen-Arrangements und Pralinen
Bestechungsversuche waren offensichtlich, ein ehemaliger Fachgebietsleiter beschwichtigte: Vor dem Cuxhavener Amtsgericht sprach eine Zeugin über Zustände, die vor gut zehn Jahren in der Ausländerbehörde des Landkreises geherrscht haben sollen.
Nicht ohne Grund kam das Schöffengericht in dieser Woche wiederholt auf die gut zehn Jahre zurückliegenden Vorgänge im Kreishaus zurück. Der Beschuldigte im aktuellen Verfahren, ein gebürtiger Syrer, war im genannten Zeitraum ebenfalls bei der Ausländerbehörde vorstellig geworden - nicht in eigener Sache, sondern um einigen Landsleuten zu helfen. Deren Aufenthaltstitel wurden aus Sicht der Staatsanwaltschaft erschlichen. Die oben erwähnte Zeugenaussage ergab allerdings nicht, dass sich der derzeitige Beschuldigte bei seinem Kontakt mit dem Amt "großzügig" gezeigt hätte.
Sie könne nicht mit Sicherheit sagen, ob sie den Angeklagten schon mal gesehen habe: Das erklärte die Zeugin am Dienstag auf Nachfrage des Amtsrichters. Stefan Redlin hatte am Dienstagvormittag eigentlich bis zu sieben Personen anhören wolle - allesamt irgendwann bei der Ausländerbehörde beschäftigt und als solche potenzielle Zeugen von Vorgängen, die einem ehemaligen Fachgebietsleiter zur Last gelegt worden waren.
Vorgesetzter soll beschwichtigt haben: "Alles unter zehn Euro!"
In der Kürze der Zeit gelang es bis dato nur, eine ehemalige Mitarbeiterin vorzuladen. Die junge Frau, die inzwischen den Dienstherren gewechselt hat, zeichnete ein denkwürdiges Bild von der Amtsführung wie auch von den Sitten, die seinerzeit auf den Fluren der Ausländerbehörde eingerissen waren. So seien Kunden unter anderem mit Orchideen-Arranagements und Pralinen angerückt - "wirklich gute, preishohe Sachen", die offenbar als Aufmerksamkeit für bestimmte Beschäftigte gedacht gewesen seien. Nicht alle im Kollegenkreis hätten gewusst, wie sie auf solche Einflussnahmen zu reagieren haben. "Das musst du melden, habe ich dann gesagt", erinnerte sich die Zeugin. Ein heute nicht mehr im Dienst befindliche Fachgebietsleiter habe allerdings abgewunken: "Alles unter zehn Euro!".
Wie oft solche Bestechungsversuche vorgekommen seien, wollte Amtsrichter Stefan Redlin wissen. Regelmäßig, so die Zeugin; inwieweit Geschenke tatsächlich angenommen wurden, wusste sie allerdings ebenso wenig zu beantworten wie die Frage, ob der Vorgesetzte ebenfalls etwas erhalten habe. Der habe die Tür zugemacht, sobald er Leute bei sich im Büro hatte.
Beschuldigter dementiert eine gezielte Kontaktaufnahme
Statt der üblichen Besucher stand bei ihm eines Tages die Polizei auf der Matte. Gewundert habe sie das nicht, sagte die vormalige Mitarbeiterin: "Ich hatte so ein Bauchgefühl." Sie zeichnete das Bild eines oberflächlichen Menschen, der gerne von teuren Urlauben und einem elitären Bekanntenkreis schwärmte, während ihm seine Amtsgeschäfte mehr und mehr zu entgleiten schienen. Und, ja - es habe Klienten gegeben, die ganz speziell ihn aufgesucht hätten.
Verfügte der im aktuellen Verfahren Beschuldigte ebenfalls über einen besonderen Draht zu diesem Entscheidungsträger? Solche Vermutungen hatte jener schon am vorangegangenen Verhandlungstag zurückgewiesen. Er habe den ehemaligen Fachgebietsleiter niemals kontaktiert, betonte der Mann. Gleichwohl sei er dem Genannten bei Besuchen im Kreishaus begegnet; wo sich der Fachgebietsleiter offenbar auch zu seinem Fall äußerte. Dem Angeklagten zufolge ging es dabei um Bedingungen, unter welchen ein Aufenthaltstitel außerhalb der Regelungen des Asylgesetzes gewährt werden kann: Ein gewisses Vermögen müssten die Antragsteller nachweisen können, soll er gesagt haben. Außerdem hätten die Antragsteller einen Businessplan aufzustellen, wenn sie ein Aufenthaltsrecht auf Grundlage einer Geschäftstätigkeit begehrten.
Staatsanwaltschaft geht von Briefkastenfirmen aus
Kriterien, die im vorliegenden Fall erfüllt worden sein sollen. Wie berichtet geht die Staatsanwaltschaft dennoch davon aus, dass zwei in einem Wohngebiet in der Stadt Langen angesiedelte Firmen nur zum Schein gegründet wurden.
Ein Trick, um die Beschränkungen des Asylgesetzes für eine erkleckliche Anzahl von Zuwanderern auszuhebeln? Richter und Staatsanwalt machten vor Beginn der Beweisaufnahme keinen Hehl daraus, dass aus ihrer Sicht einiges darauf hindeutet.