Ein Ehepaar musste sich vor dem Amtsgericht verantworten, nachdem eine Hausdurchsuchung eskaliert war. Symbolfoto: Sven Hoppe/dpa
Ein Ehepaar musste sich vor dem Amtsgericht verantworten, nachdem eine Hausdurchsuchung eskaliert war. Symbolfoto: Sven Hoppe/dpa
Polizist schwer verletzt

Ehepaar aus dem Kreis Cuxhaven eskalierte bei Polizeieinsatz

von Lennart Keck | 26.04.2024

Wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte mussten sich ein 61-Jähriger und seine Lebensgefährtin vor dem Amtsgericht Otterndorf verantworten. Zuvor hatten sich Polizeibeamte zur Vollstreckung von zwei Haftbefehlen Zutritt zu ihrem Haus verschafft.

Früh morgens klingelten sechs Beamte der Polizeiinspektion Cuxhaven an der Haustür in Cadenberge. Grund dafür, dass die Polizei gleich mit sechs Einsatzkräften vor Ort war, lag an Hinweisen, die nahelegten, dass die Bewohner der Reichsbürgerszene angehören. Der 61-Jährige wurde bereits mehrfach verurteilt: "Straftaten, die sich gegen das Gemeinwohl, den Staat als solchen oder das Funktionieren der Gerichtssysteme richteten", fasste es der Staatsanwalt zusammen.

Der Angeklagte bestritt allerdings ein Reichsbürger zu sein: "Ich stelle Fragen, die sich mir aufgrund von Informationen aufgetan haben. Und das hat dann zu den Anklagen und Verurteilungen geführt."

Angeklagte aus Cadenberge wehrte sich vehement

Nur leicht bekleidet öffnete die 59-jährige Ehefrau am 27. April 2023 die Tür. Die Beamten erklärten ihr sofort den Grund des Besuchs und fragten nach dem Aufenthaltsort der Tochter und des Mannes, gegen die jeweils ein Haftbefehl vorlag. Aussagen verweigerte sie, behauptete sogar, ihr Mann sei gar nicht zu Hause - wohl wissend, dass er sich zu diesem Zeitpunkt im Schlafzimmer aufhielt. Als sie Anstalten machte, die Tür wieder zu schließen, hinderten die Beamten sie daran. Die Situation eskalierte.

Die Angeklagte habe die Beamten daraufhin lautstark beschimpft. Es kam zu einem Handgemenge mit einer Polizistin. Gemeinsam mit einem Kollegen gelang es der Beamtin, die Frau zu Boden zu bringen.

Dabei klemmte die Angeklagte das Handgelenk des Polizisten unter ihrem Arm ein. Mit mehreren Hebelbewegungen verursachte sie einen Knochenabriss im Handgelenk des Polizisten. Mehrmals musste die 59-Jährige nach Befreiungsversuchen erneut fixiert werden. Dabei kniff sie die Beamten und wehrte sich mit Kopfstößen.

Inzwischen war auch der Ehemann auf dem Flur erschienen und verhielt sich ebenso unkooperativ. Nachdem er die Hand einer Polizeibeamtin weggeschlagen und von ihrem Kollegen einen "Schockschlag" ins Gesicht erhalten hatte, wurde auch er gefesselt. 

59-Jährige aus Cadenberge plädierte auf verminderte Schuldfähigkeit

Vor Gericht versuchte die 59-Jährige ihr Verhalten durch eine sensorische Belastungsstörung zu rechtfertigen. Sie erkenne Zusammenhänge deutlich langsamer und es sei für sie purer Stress mit mehreren Personen gleichzeitig in einem Raum zu sein. Richterin Sabine Deutschmann konnte keine verminderte Zurechnungsfähigkeit feststellen, da die 59-Jährige während der gesamten zweistündigen Verhandlung bewiesen habe, dass sie sehr wohl mit solchen Situationen umgehen und vernünftige Sätze bilden könne.

Anklage wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte

Noch während der Verhandlung machte der Staatsanwalt deutlich, dass nach der Beweislage gegen die 59-Jährige nicht mehr nur der Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Betracht komme und erhob Anklage wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Auch mit den 180 Tagessätzen aus dem ursprünglichen Strafbefehl sei die Sache "einfach nicht gegessen", so der Staatsanwalt.

Richterin Deutschmann verurteilte die Angeklagten jeweils zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Den 61-Jährigen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, seine Frau wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Im Gegensatz zu ihrem Ehemann ließ sich die 59-Jährige zuvor deutlich weniger zu Schulden kommen, zumal ihre Vorstrafen bereits einige Jahre zurückliegen. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre.

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