Die Tage des Gasthauses mitten im Ortskern Cadenberge sind gezählt. Foto: Kramp
Die Tage des Gasthauses mitten im Ortskern Cadenberge sind gezählt. Foto: Kramp
Ortsentwicklung

Tage sind gezählt: Traditionsgasthaus in Cadenberge wird abgerissen

von Wiebke Kramp | 16.02.2025

Das Traditionsgasthaus "Zum weißen Roß" weicht einem Neubau. 186 Jahre Geschichte enden dort, doch die Cadenberger können sich noch einmal verabschieden, bevor das neue Projekt Realität wird. Was steckt hinter dem Abriss?

Dieses Gemäuer atmet Geschichte über den Ort Cadenberge hinaus - es war sogar Schaustätte eines königlichen Besuches.  Aber das ist schon über 160 Jahre her. Jetzt steht es schon einige Jahre leer. Bald wird das Fachwerkhaus "Zum weißen Roß" zwischen Marktplatz und Kirche dem Erdboden gleich gemacht und durch einen Neubau ersetzt.

Wann genau dieses Gebäude in unmittelbarer Nachbarschaft der Cadenberger Kirche errichtet wurde, ist zwar nicht bekannt. Von Anfang an war ein Gasthaus. Vermutlich stammt es aus dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, Bauherr soll Jakob Nagel um 1839 gewesen sein. Den Namen Eylmanns Hotel trägt es nach den früheren Besitzern erst seit dem Jahr 1951.

Es ist eines der ältesten Gebäude in Cadenberge und gibt Zeugnis einer Zeit, als die Familie Graf Bremer hier das Sagen hatte. Einem dieser Gutsherrn wurde die Marotte zugeschrieben, dass mit seinem Schimmel durch die Tür ritt, um im Gasthaus einzukehren. So soll der Name "Zum weißen Roß"  entstanden sein. Und sogar ein echter König gab sich in diesem Haus die Ehre. König Georg V. von Hannover besuchte Graf Bremer in Cadenberge für zehn trage im Sommer 1862. Dokumentiert ist der Königsbesuch durch eine Fotografie - der ältesten bekannten Aufnahme aus Cadenberge. Sie zeigt Georg V. nach seinem Kirchbesuch am 6. Juli 1862 mit seiner Begleitung und der mit sechs Schimmeln bespannten Equipage, der Stader Regimentskapelle und einigen Bürgern vor dem Gasthaus "Zum weißen Roß".

Der König mit Entourage am 6. Juli 1862 nach dem Kirchgang vor "Zum weißen Roß" in Cadenberge.

Das alles ist längst Vergangenheit. Hotel- und Restaurantbetrieb herrscht hier schon die zurückliegenden Jahre nicht mehr. Es war nicht mehr zeitgemäß. Jetzt liegt dem Besitzer Hans-Jürgen Hartmann die Abrissgenehmigung vor. "Da war nichts mehr zu retten", betont der Cadenberger Unternehmer. Ohnehin sei heutzutage schwierig mit Gastronomie. Die Hotelzimmer entsprächen ganz und gar nicht mehr dem Standard, die Treppe sei viel zu steil und der Einbau eines Fahrstuhls sei unmöglich gewesen. Innen gebe es Pappwände, oben asbestbelastete Steinwolle und das Haus verfüge über kein Fundament - auf den Erdboden seien einfach Holzbretter verlegt worden. "Drei verschiedene Gutachter und Statiker haben sich an einem Sanierungskonzept versucht. Sie kamen alle zu dem Ergebnis, das geht nicht", beschreibt Hartmann seine Bemühungen und den Entschluss, an selber Stelle neu zu bauen - und zwar ein Geschäftshaus mit hochwertigen Mietwohnungen. Auch mit seiner eigenen Firma beabsichtigt Hartmann hier einzuziehen.

Besitzer Hans-Jürgen Hartmann (l.) mit Bürgermeister Wolfgang Heß.

Bürgermeister Wolfgang Heß betont gegenüber unserem Medienhaus, dass die Gemeinde das Projekt von Anfang an gutgeheißen und bereits die ersten von Hartmann vorgelegten Pläne abgesegnet habe. Allerdings sorgte die Anfangsplanung für Probleme und Verzögerung, denn die Landeskirche  legte ihr Veto gegen den Baukörper ein. Die benachbarte St.-Nikolai-Kirche in Cadenberge ist denkmalgeschützt. Die neuerlichen Pläne sind in Abstimmung mit der Landeskirche in Hannover erfolgt. Auch dem Bürgermeister gefallen sie besser als die erste vorgelegte Planung. Der Neubau sieht 14 Wohneinheiten und drei Gewerbeeinheiten verteilt auf drei Etagen und eine Tiefgarage. Die Wohnfläche beträgt insgesamt rund 900 Quadratmeter, die Gewerbefläche laut Architektenbüro circa 600 Quadratmeter. "Die Substanz ist hier nicht so wichtig wie der Fortschritt - und der Neubau passt sich gut ins Ensemble am Marktplatz ein", meint der Bürgermeister zu den Planungen des rot geklinkerten Mehrgiebelbaus und begrüßt ausdrücklich die Schaffung von Wohnraum.

Die Pläne für den Neubau - hier die Ansicht der Ostseite. Grafik: Frenzel

Am Sonnabend, 8. März, besteht die letzte Gelegenheit, sich von dem Gebäude zu verabschieden. Interessierte können sich im Gebäude von 10  bis 14 Uhr umschauen und sich nach Absprache vor Ort Dinge wie Türen, Fenster, Mobiliar oder Geschirr sichern. Das große Gemälde, das über dem Portal hing, hat Besitzer Hans-Jürgen Hartmann bereits dem Ortsheimatpfleger angeboten.

Das querformatige Gemälde über dem Portal ist jetzt bereits abgehängt und dem Ortsheimatpfleger angeboten worden. Foto: Lütt

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Wiebke Kramp

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

wkramp@no-spamcuxonline.de

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