"Muss etwas getan werden": Cuxhavener Rinderhalterin nach Rissen über das Thema Wolf
Wölfe bedrohen zunehmend die Weidetiere in Cuxhaven und Umgebung. Ein Landwirtin fordert Maßnahmen, um ihre Herden zu schützen, und betont die Bedeutung der Weidetierhaltung für die Biodiversität.
Neun tote Schafe in Steinau, ein gerissenes Rind in Nordleda, ein getötetes Jungrind in Cuxhaven: Jüngste Vorfälle belegen aufs Neue, dass Tiere im Freien für den Wolf eine leichte Beute abgeben. Für Weidetierhalter wie Ada Fischer ist das Risiko Alltag geworden. Sie hält es für an der Zeit, dem Isegrim Grenzen zu setzen.
Von einem "Wolfsschutzzaun" will unter Betroffenen niemand mehr reden - geht es doch bestenfalls um Abwehr, nicht mehr. Die Litzen zu legen, ist trotzdem unglaublich teuer; davon abgesehen gibt es Bereiche, in denen die natürlichen Gegebenheiten ihren Einsatz unmöglich machen. "Im Außendeichbereich kann man nicht zäunen", gibt Ada Fischer zu bedenken: Die Rinder der Weidetierhalterin grasen in Bereichen, die im Winterhalbjahr von der Flut überspült werden; bis in den November hinein könnte die Herde eigentlich dort draußen stehen. Aus Sicherheitsgründen wird die Arenscherin dieses Zeitfenster aber nicht ausreizen. Ihre Mutterkühe lässt sie ohnehin nur noch auf einer Hofweide kalben.

Forderung: Wölfe, die verhaltensauffällig werden, entnehmen
Der Grund: Wölfe sind zu gegenwärtig geworden. Mehrfach schon hat sie Tiere durch Risse verloren, und selbst wenn ein Rind einen Wolfsangriff unverletzt übersteht, ist das kein Garant dafür, dass wirtschaftliche Folgeschäden ausbleiben. Fischer und ihr Mitarbeiter Timo Janke berichten von Rindern, die so traumatisiert waren, dass sie im Umgang nicht mehr "händelbar" waren und abgegeben werden mussten.
"Es muss etwas getan werden", betonen beide und berufen sich dabei unter anderem auf ein Positionspapier des Öko-Anbauverbands Bioland. Im Kreise der Bioland-zertifizierten Weidetierhalter ruft man inzwischen nach einem "aktiven" Management der Wolfsbestände, sprich: nach Maßnahmen, welche über die von Behördenseite propagierten Monitoring-Maßnahmen hinausgehen. Dass der Erhaltungsszustand des Wolfes in hiesigen Breiten gesichert ist, sei ja offenkundig, sagt Fischer. Sie verweist dabei auch auf die EU-Ebene, wo der Schutzstatus des Isegrim bekanntlich bereits herabkorrigiert wurde. Bund, Land und Landkreise müssten nun handeln und den Vorgaben aus Brüssel folgen, fordern Landwirte. Für Fischer heißt das nichts anderes, als eine Rechtslage zu schaffen, auf deren Basis "verhaltensauffällige" Wölfe entnommen werden dürfen. Unter letztere Kategorie würden Tiere fallen, die ihre eigentlich angeborene Scheu vor dem Menschen verloren haben. Oder in Befriedigung ihres Jagdtriebs (Beispiel: Steinau) mehr als ein halbes Dutzend Weidetiere auf einen Schlag massakrieren.

Weidetierhalter sichern die Biodiversität
Der Arenscherin geht es nicht darum, den Wolf zu verdammen: "Das sind hochintelligente Tiere", betont sie, hält selbst ernannten Wolfsfreunden jedoch entgegen, welche Auswirkungen es haben würde, die Rudel nach bisherigem Muster gewähren zu lassen: Wenn Landwirte nach wiederholten Rissen ans Aufgeben denken, sei das ein Problem für das gesamte ökologische Gefüge: "Wir brauchen die Weidetierhalter, um eine gewisse Biodiversität zu erhalten", sagt Fischer - und meint damit beileibe nicht nur ihre aus Angus-Rindern bestehende Mutterkuhherde. Deren Haltungsart sichert auch die Vielfalt der Flora im Außendeichbereich - und wegen der Ausscheidungen der Tiere sogar das Überleben bestimmter Insektenarten.
Auf einen Riss müssen Halter stets gefasst sein
Noch etwas ganz anderes sieht Fischer durch sich häufende Wolfsübergriffe gefährdet: "Den Erholungswert meiner Arbeit." Die Bioland-Landwirtin zeigt ein Handy-Video, aufgenommen von einem Augenzeugen, der vor wenigen Monaten zufällig am Deich unterwegs war. Auf dem Clip ist zu sehen, wie ein Wolf in unmittelbarer Nähe ihrer Rinderherde entlangschnürt. Für Ada Fischer heißt das, tagtäglich darauf gefasst sein zu müssen, dass ihren Tieren etwas passiert.