Die "Engel" aus der Nachbarschaft in Hechthausen ...
Das soziale Engagement ist der Kitt, der eine Gesellschaft zusammenhält. Wer sich für seine Mitmenschen engagiert, erhält auch viel Dankbarkeit zurück - so wie der Verein "Nachbarschaftsengel" in Hechthausen.
Die aktiven Mitglieder des Vereins in Hechthausen reden nicht nur über Nachbarschaftshilfe oder Mitmenschlichkeit, sondern sie handeln. Mit dem Vorsitzenden dieser ungewöhnlichen Initiative, Uwe Dubbert (74), führte NEZ/CN-Redakteur Egbert Schröder ein Interview.
Herr Dubbert, wie ist es zur Gründung des Vereins "Nachbarschaftsengel" gekommen?
Eine Initialzündung war sicherlich ein Beitrag im Radio über den ehemaligen Bremer Bürgermeister Henning Scherf, in dem er über Nachbarschaftshilfe schwärmte. Er selbst hat nicht nur darüber geredet, sondern dies auch im privaten Bereich sehr ernst genommen und sich zum Beispiel um eine krebskranke Frau gekümmert. Es ist eine sehr imponierende Geisteshaltung von ihm, der in seiner aktiven Amtszeit als Bürgermeister ja auch in vielerlei Hinsicht politisch gefordert war. Dann haben wir uns mit ein paar Leuten in Hechthausen überlegt, wie man ein koordiniertes und zielgerichtetes Hilfsprojekt auch in unserer Gemeinde umsetzen kann. Das war im Jahre 2014 quasi der Startschuss. Danach hat sich unheimlich viel entwickelt.
Was zum Beispiel?
Wir hatten den Tipp bekommen, dass es in Hagen einen sogenannten "Bürgermarkt" gibt, über den wir uns informierten. Daraus ist dann später auch unser "EngelStüvchen" entstanden. Wir haben von vornherein den Nachbarschaftsgedanken in das Projekt eingebracht - vom Klönen bis zu Hilfsangeboten. Das EngelStüvchen war und ist mehr als nur ein Treffpunkt, sondern Ausgangspunkt zahlreicher Initiativen.
Welche Philosophie steckt hinter der Nachbarschaftsengel-Idee?
Es geht um die Nachbarschaftshilfe, das Zugehen auf Mitmenschen in unterschiedlichen Lebenslagen, den sozialen Gedanken und das gesellschaftliche Miteinander in einem Ort.
Ist es schwierig, Mitstreiter für die Umsetzung dieser Idee zu finden und langfristig zu begeistern?
Wir haben wirklich ein tolles Team. Wir versuchen, Aktive unter dem Motto "unverbindlich verbindlich" für unsere Idee und zum verlässlichen Mitmachen zu begeistern. Unser Motto: Einfach mal hereinschauen und sprechen, damit man überhaupt weiß, wie unsere Hilfsangebote aufgebaut sind. Viele lassen sich von unserer Begeisterung anstecken und nehmen sich selbst in die Pflicht, einen Beitrag für die Arbeit der Nachbarschaftsengel zu leisten. Das ist wie eine Familie.
Nennen Sie doch einmal ein paar Begegnungen, die Ihnen ganz besonders in Erinnerung geblieben sind.
Das waren natürlich einige Menge außergewöhnlicher Momente. Nur ein Beispiel: Die Corona-Zeit war schon herausfordernd für unser Team. Es war beeindruckend, wie die Menschen darauf reagiert und unseren Einsatz in einer Zeit anerkannt haben, in der eigentlich gesellschaftlich und sozial nur noch wenig möglich war. Viele haben gemerkt, dass sie auch in dieser schwierigen Phase nicht alleine sind und nicht vereinsamen müssen. Etliche Mitbürgerinnen und Mitbürger haben diese soziale Zuwendung nicht erwartet und enorm wertgeschätzt. Es gibt ihn also noch: den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir haben auch unheimlich viele Kooperationen. Da hat sich seit der Gründung des Vereins vor zehn Jahren sehr viel entwickelt. Dafür sind wir dankbar.
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ZUSATZINFO: Was steckt hinter den Nachbarschaftsengeln?
Die Idee: Ein "Nachbarschaftsengel" ist nach eigener Darstellung der Initiative jemand, der unter anderem "den neuen Nachbarn, der hier neu ist und neue Kontakte sucht, willkommen heißt, die Gesellschaft anderer Menschen als ein hohes Gut zu schätzen weiß, gut zuhören kann, seinen Mitmenschen mit Respekt und Wohlwollen begegnet, sein Können und Wissen gerne weitergeben und helfen möchte, bereit ist, sich gemeinsam Zeit für Spiel und Spaß zu nehmen, bei Fahrten zum Arzt oder beim Notfall Hilfe anbietet, bereit ist, Problemen und Streit mit Humor und Verständnis zu begegnen sowie Herzlichkeit und ein offenes Wort zur richtigen Zeit zu schätzen weiß".
"EngelStüvchen": Das Gebäude ist eine zentrale Anlaufstelle des Vereins, in der nicht nur Gegenstände für den täglichen Gebrauch durch das "Ladenhüter"-Team angeboten werden, sondern das "EngelStüchen" ist auch Treffpunkt für kulturelle, soziale und gesellschaftliche Veranstaltungen. Immer wieder finden dort unter anderem "Spiel- und Sprachrunden" statt, Vereine stellen sich und ihre Arbeit vor, es gibt eine Beratung in schwierigen Lebenslagen und weitere interessante Informationsmöglichkeiten für das Meistern des persönlichen Alltags.
Preisverdächtig: Der "Deutsche Nachbarschaftspreis" ist ein bundesweiter Engagementwettbewerb, den die nebenan.de-Stiftung seit 2017 jährlich auslobt. Ausgezeichnet werden lokale Nachbarschaftsinitiativen und -projekte, die einen aktiven Beitrag für eine lebendige und offene Nachbarschaft leisten, das Miteinander fördern und dadurch andere zur Nachahmung anregen. Die Initiative "Nachbarschaftsengel" befand sich im vergangenen Jahr unter den "Top 5" der Nominierten bei diesem Wettbewerb. In diesem Jahr wurden die Hechthausener dann mit dem Preis der "Arbeitsgemeinschaft Osteland" für ihren Einsatz ausgezeichnet (wir berichteten).
Kontakt: Uwe Dubbert (Vereinsvorsitzender) ist über (0 47 74) 609 erreichbar. Zudem gibt es eine Mailadresse (mail@nachbarschaftsengel-hechthausen.de). (es/red)
