Erste P-8A Poseidon gelandet: Historischer Tag für die Nordholzer Marineflieger
Schätzungsweise für die kommenden 20 bis 30 Jahre wird die neue Boeing P-8A Poseidon des MFG 3 den Anblick des Himmels über Nordholz und Cuxhaven prägen. Die lange erwartete Ankunft war ein historisches Ereignis. Nur das Wetter spielte nicht mit.
Im dichten Nebel tummelten sich Momente vor der Landung neben der Start- und Landebahn noch große Vogelschwärme, kaum auszumachen in der grauen Suppe auf dem Flugfeld. Beides nicht das, was in der Luftfahrt als Wunschbedingung genannt wird, schon gar nicht bei einem so historischen Ereignis, wie es sich am Freitagnachmittag in Nordholz zutrug. Mehrmals wurde der Zeitpunkt der Landung wetterbedingt nach vorn verlegt.
Fotografen und Kameraleute mussten schnell sein, als im letzten Moment die Lichter der erstmals auf ihrer neuen Heimatbasis landenden P-8A Poseidon auftauchten und der Seefernaufklärer Sekunden später ruhig aufsetzte.
Etwa 35 Minuten zuvor war das Flugzeug bei strahlendem Sonnenschein auf dem Flughafen Berlin-Brandenburg gestartet, wo der Neubau dem Verteidigungsminister Boris Pistorius präsentiert worden war. 20 Personen befanden sich bei dem letzten Hüpfer des langen Flugs von Berlin nach Nordholz an Bord. Das Flugzeug hatte am Mittwochabend pünktlich in Seattle (USA) abgehoben und war nach sieben Stunden Flugzeit in Island zwischengelandet, bevor es in weiteren drei Stunden weiter nach Berlin ging.
Weg per App verfolgt
Apps zur Verfolgung des Luftverkehrs bildeten den Weg der ersten deutschen P-8A mit dem Kennzeichen 63+01 von Berlin nach Nordholz in Echtzeit ab. Als Zielflughafen war der Seeflughafen Cuxhaven-Nordholz mit dem IATA-Code FCN angegeben.


Geschwaderbeschäftigte und Angehörige als Gäste
Zahlreiche Beschäftigte des Geschwaders sowie Familienangehörige verfolgten in der Nordholzer Flugzeugwerft das Heranrollen der brandneuen Maschine, die, bevor sie zum Stillstand kam, durch einen Wasserbogen aus den Kanonen der Fliegerhorstfeuerwehr getauft wurde.


Kapitän zur See Broder Nielsen, Kommandeur des Marinefliegerkommandos, und Kapitän zur See Oliver Ottmüller, Kommodore des MFG 3 "Graf Zeppelin", waren die Ersten, die der Maschine entstiegen und dem Empfangskomitee zuwinkten. Broder Nielsen wich das Lächeln nicht mehr von den Lippen, als er als Ersten den stellvertretenden Kommodore des MFG 3, Fregattenkapitän Thomas Szczepanski, begrüßte. Auf den Fliegerkombis prangte unübersehbar das neue Patch der P-8A Poseidon mit dem Konterfei des griechischen Meeresgottes und einem Dreizack.


Möglichkeiten des neuen Luftfahrzeugs getestet
Während Broder Nielsen den Überführungsflug ab Island begleitet hatte, hatte Kommodore Oliver Ottmüller bereits in Seattle die Übernahme des Luftfahrzeugs persönlich begleitet. Während des Flugs habe die Crew - 17 Personen, bestehend aus einer Besatzung und technischem Personal - durchgängig gearbeitet und die Möglichkeit des ersten für die Bundesmarine gefertigten eigenen Flugzeugs getestet, berichtete er kurz nach der Landung.

Historischer Tag für das Geschwader und die gesamte Region
Für den Kommodore war die Ankunft des neuen Luftfahrzeugs, das die P-3C Orion ablöst und mit einer Länge von knapp 40 Metern und einer Spannweite von etwa 38 Metern das größte Kampfflugzeug der Bundeswehr ist, nichts anderes als "ein historischer Tag", auf den das Geschwader und die gesamte Region lange gewartet hätten.
Weitere Fachkräfte, die in Seattle die Einführung des Systems begleitet hatten, machten sich am Freitag auf die Rückreise. In Nordholz beginnt am Montag die Arbeit mit dem hochmodernen Luftfahrzeug und Waffensystem. Schon im Dezember soll die zweite P-8A eintreffen, gefolgt von einer dritten Anfang des Jahres. Bis 2028 soll die Flotte auf acht Maschinen anwachsen, deren Beschaffung 2021 und 2023 beschlossen worden ist- eine Investition von insgesamt über drei Milliarden Euro.

Einarbeitung und Abstimmung der Prozesse am Boden
Der Prozess der Einarbeitung und der Abstimmung der Verfahren am Boden und in der Luft, allesamt hochdigital, erfordere Zeit, so Ottmüller. Er rechnet damit, dem Inspekteur der Marine im Laufe des kommenden Jahres die initiale Einsatzbereitschaft melden zu können, das ist die Fähigkeit, das Luftfahrzeug in bestimmten Einsatzszenarien zu fliegen, noch nicht die volle Einsatzbereitschaft.
Schon Ende dieses Jahres soll die P-3C Orion als Vorgängerin in Nordholz Geschichte sein. Eine der verbliebenen "Orions" soll in den kommenden Wochen von den Bermudas nach Nordholz zurückkehren, um dann auf die Überführung nach Portugal vorbereitet zu werden, das insgesamt sechs der deutschen Luftfahrzeuge geordert und bereits vier davon übernommen hat.

In Nordholz stehen alle Zeichen auf Expansion
Für Nordholz stehen die Zeichen weiter auf Expansion. Verteidigungsminister Boris Pistorius setzt fest auf den Standort als "modernsten Luftlandeplatz Europas" und hat für die kommenden zehn Jahre Investitionen von weiteren 400 Millionen Euro angekündigt. Nicht nur die Beschaffung von insgesamt acht P-8A Poseidon, sondern auch 18 neue Mehrzweckhubschrauber des Typs NH-90 NTH "Sea Lion" und 31 Bordhubschrauber des Typs NH-90 "Sea Tiger" (von denen der erste im kommenden Monat übergeben werden soll) erfordern die Anpassung der Infrastruktur im großen Stil.

Mit ihrer großen Reichweite sind die Seefernaufklärer für den weltweiten Einsatz geeignet; der Radius kann durch Luftbetankung noch erweitert werden. Die Ausbildung des fliegenden und technischen Personals aus Nordholz findet fortlaufend in Florida (USA) statt. Zwei weitere Besatzungen befinden sich bereits auf dem Sprung dorthin. Bis zu acht Monate dauert die Umschulung. Den Platz im Cockpit nahmen beim Überführungsflug Fregattenkapitän Daniel P. und Kapitänleutnant Daniel H. ein.
Hintergrund
Die Überwachung großer Seegebiete sowie die Jagd auf feindliche U-Boote ist das Spezialgebiet der Seefernaufklärer der Marine. Die Maschinen vom Typ P-8A Poseidon basieren auf der Plattform der Boeing 737-800.
Die Poseidon kann weltweit zum Einsatz kommen. Im Schwerpunkt operiert sie nach Angaben der Marine aber im Nordatlantik, dem strategisch wichtigen Seegebiet zwischen Grönland, Island und Großbritannien. Mit verschiedensten Sensoren spürt die P-8A dem Geschehen auf der Wasseroberfläche und unter Wasser nach. Mittels Sonarbojen können außerdem U-Boote geortet oder passiv die Umgebungsgeräusche aufgenommen werden. Darüber hinaus gibt es Bojen, die Wassertemperatur, Salzgehalt und weitere Parameter messen, die für die U-Boot-Jagd essenziell sind. All diese Sensoren nutzt die Besatzung des Seefernaufklärers, um ein präzises Lagebild zu erstellen. So können frühzeitig Ziele erkannt, verfolgt und im Ernstfall bekämpft werden.


Im scharfen Einsatz kann die Poseidon Leichtgewichtstorpedos oder Wasserbomben einsetzen und das feindliche U-Boot versenken oder mit Luft-Boden-Lenkflugkörpern Ziele auf dem Wasser, aber auch an Land angreifen. "Der deutsche Beitrag zur Abschreckung im hohen Norden wird maßgeblich auf diesem Flugzeug basieren", sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius bei der Begrüßung in Berlin. Der Nordatlantik sei von vielen Nationen operativ stark genutzt und es sei extrem wichtig, die Gegend genau zu überwachen, Präsenz zu zeigen und Abschreckung zu garantieren.
Die P-8A Poseidon in Zahlen:
Länge: 39,5 m
Spannweite: 37,7 m
Höhe: 12,83 m,
Antrieb: 2 x CFM 56-7 high Bypass Turbofan-Triebwerk
Gesamtschubleistung: 240 kN
Höchstgeschwindigkeit: 490 Knoten (936 km/h)
Dienstgipfelhöhe: 12.500 m
Sensoren: Mehrzwecksuchradar, Akustiksystem, EO/IR Infrarot HD-Kamerasystem, Sonarbojen
Bewaffnung: Leichtgewichtstorpedos, Wasserbomben Luft-Boden-Lenkflugkörper
Crew: 11 Personen (3 Piloten, 2 Tactical Coordinator (taktische Koordinatoren), 6 Sensorbediener