Schulleiterin Laura Bansemer (l.) und Elternvertreterin Ina Merz sowie als Moderator Jörn Möller beim Informationsabend in der Aula der Freien Schule in Oerndorf.
Schulleiterin Laura Bansemer (l.) und Elternvertreterin Ina Merz sowie als Moderator Jörn Möller beim Informationsabend in der Aula der Freien Schule in Oerndorf.
Infoabend

Eltern der Freien Schule Oberndorf: "Keine Chance, hier etwas zu unterwandern"

von Wiebke Kramp | 26.08.2023

Was ist dran an den Vorwürfen, gegenüber der Freien Schule in Oberndorf, dass dort Verschwörungstheoretikern Raum gegeben wird? Die Privatschule Lernart hatte nach medialer Aufmerksamkeit zum öffentlichen Info-Abend in die Aula eingeladen.

Die Aula  der Freien Schule in Oberndorf war gut gefüllt. Nur in den ersten Reihen waren einige Plätze frei. Schulleitung, Schulträger und Elternschaft hatten eine zweiseitige gemeinsame Stellungnahme verfasst. In ihr ging es in erster Linie um die Verortung dieser Schule in ein demokratisches Umfeld und die Beschreibung von Werten. Weniger Raum wurde hingegen der Aufarbeitung der laut gewordenen konkreten Vorwürfe zuteil.

Ein Artikel im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in der Woche zuvor hatte an der Oste hohe Wellen geschlagen. Demnach gibt es eine Nähe der Freien Schule Lernart in Oberndorf zur Verschwörungs- und Querdenkerszene. Auf dem Informationsabend ging die Privatschule am Freitagabend darauf ein und es gab Gelegenheit, Fragen zu stellen oder Erklärungen abzugeben.

Die Moderation übernahm Jörn Möller, pensionierter Förderschulleiter und Kenner der Schule Lernart. Nicht nur Eltern, sondern neben Schulbehörde und Lokalpolitik fanden zahlreiche Interessierte aus dem Ort oder der näheren Umgebung den Weg; darunter war auch der Journalist Niklas, Keck, der als Freier Mitarbeiter den Spiegel-Artikel verfasst hatte.

Dessen umfangreichen Recherchen hatten beispielsweise ergeben, dass der Schulträger Christian Beckmann Präsens auf dem umstrittenen Festival "Pax Terra Musica" gezeigt habe. Bei der Schuleröffnung 2018 den Liedermacher Kevin Mohr (alias Kilez More) auftreten lassen, der in seinen Texten deutliche Anspielungen auf Weltverschwörungstheorien mache. Außerdem beschäftigt die Schule mit Markus Fiedler eine Lehrkraft, der als Verschwörungsideologe und Teil eines rechtspopulistischen Netzwerkes gilt. Der Biologe, Lehrer und Publizist verbreitete umstrittenen Thesen, trat zum Beispiel als Redner bei Querdenker-Demos auf und musste nach Protesten 2020 die Waldorfschule Oldenburg verlassen.

Schulleiterin Laura Bansemer verlas eingangs die gemeinsame Stellungnahme von Schulleitung, Schulträger und Elternvertretung. Darin nahm man auch zu einzelnen Kritikpunkten Bezug. Angesichts der Teilnahme am umstrittenen "Pax terra Musica" des Schulträgers werde geklärt, wie man in diesem Bereich Öffentlichkeitsarbeit künftig vorgehe. Zur Personalie von Markus Fiedler hieß es, er sei als Lernbegleiter an der Schule tätig und erfülle ohne Einschränkungen den schulbehördlichen Anforderungen. Allerdings scheint es noch Redebedarf zu geben: "Derzeit wird die Arbeit von Herrn Fiedler intern sorgsam geprüft." Ansonsten wollte man sich nicht zu Einzelpersonen äußern. Die beiden Schulträger standen  an diesem Abend nicht im Mittelpunkt, Christian Beckmann fehlte krankheitsbedingt, seine Partnerin Franziska Hartmann hielt sich eher im Hintergrund.

"Extremismus  hat keinen Platz und kein Forum"

In der gemeinsamen Erklärung von Schule, Trägern und Eltern hieß es: "Wir distanzieren uns ausdrücklich von Delegitimieren der Demokratie, von rechtsextremen Ideologien und Reichsbürgern. Extremismus jeglicher Art hat in unserer Schule keinen Platz und kein Forum." Auf Berichterstattung zu Einzelpersonen wollte man ausdrücklich nicht eingehen, stellte jedoch fest: "Es gibt bei uns, wie auch an allen öffentlichen und privaten Schulen, unterschiedliche Ansichten und Wahrnehmungen der Wirklichkeit. Die private Meinung des Einzelnen kann in keinem Fall die gelebte Realität unserer vielfältigen und bunten Schulgemeinschaft repräsentieren." Es geht hier darum, achtsam und wertschätzend miteinander und der Welt umzugehen - und dies den Kindern vorzuleben. Kindern und Jugendlichen solle ein Lernraum geschaffen werden, ihren Alltag möglichst selbstbestimmt zu gestalten, der geprägt sei von demokratischer Mitbestimmung.

Hohe Priorität werde der Vermittlung von Medienkompetenz eingeräumt, "um einer Aufnahmebereitschaft für Populismus und extremistischer Propaganda innerhalb der Schülerschaft vorzubeugen".

Eine ausdrückliche Absage erteilt wurde "Rechtsextremismus, Antisemitismus, verfassungsfeindlichen oder faschistischen Gesinnungen sowie gruppenbezogener Diskriminierung". Vielmehr stehe man für gegenseitige Wertschätzung, Achtsamkeit, Toleranz und Gewaltfreiheit. Die jungen Menschen sollten ihr Zusammenleben demokratisch und gleichberechtigt mitgestalten, "um in Zukunft ihre staatsbürgerliche Verantwortung wahrnehmen zu können". Mitgetragen und gelebt werden solle eine Schulgemeinschaft in Toleranz und Diversität.

Elternbeschreibungen des Schullebens

Die vielen Stimmen aus der Elternschaft spiegelten dies grundlegend wider: "Hier wird keinerlei Einfluss auf unsere Kinder genommen", sagt ein Vater, ein anderer lobte: "Ich erlebe, dass meine Töchter diese Schule lieben, sich entfalten und keine Einschränkung erleben, außer, dass sie ermutigt werden, selbstständig zu denken." Eine Mutter verdeutlichte, sie sei nach intensiver Recherche extra dieser Schule wegen mit Sack und Pack umgezogen: "Ich kenne keinen einzigen Ort, der so viel Wert auf Diversität und Individualität legt wie diese Schule." Die Bildung sei qualitativ hochwertig.

Ein weiteres Elternteil schwärmte von der Offenheit und unterstrich: "Die Kinder werden animiert, sich zu informieren und sich ihre eigene Meinung zu bilden. Die Gemeinschaft ist unglaublich heterogen. Es gibt gar keine Chance, hier etwas zu unterwandern - an dieser Schule nicht." Diese Schule sei offen für alles, was Schülern helfe, meinte eine Lernbegleiterin.

Selbst wenn er und seine Tochter mit der Schule zufrieden seien, den Musikerauftritt anlässlich der Schuleinweihung 2018 empfand ein Vater hingegen "als nicht so prickelnd …" An diesem Abend gab es auch Töne aus dem Forum, die sowohl die Schule selbst sowie Landesschulbehörde in der Pflicht sehen, bei Lehrkräften genau hinzusehen in Sachen Unterwanderung aus rechtspopulistischen und verschwörungstheoretischen Kreisen.  

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Wiebke Kramp

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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