
Frust bei Beauftragter in Hemmoor: Rücktritt zum Jahresende
Anette Anders ist seit der letzten Kommunalwahl ehrenamtlich als "Ratsbeauftragte für Kinder- und Jugendbeteiligung" in Hemmoor tätig. Damit ist es bald vorbei. Sie hört auf - und übt Kritik an Politik und Verwaltung.
Am Donnerstagabend tagte der Stadtrat, aber über die Entscheidung der Ratsbeauftragten wurde von Verwaltungschef Jan Tiedemann kein Wort verloren.
"Ich muss es akzeptieren"
Dabei hatte sie zuvor bereits in einem internen Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, erklärt: "In den vergangenen Monaten gab es aufgrund unterschiedlicher Auffassungen hinsichtlich der Ausrichtung und dauerhaften Verankerung der Kinder- und Jugendbeteiligung in Hemmoor (sowohl auf Stadt- als auch Samtgemeindeebene) mehrfach Diskussionen zwischen der Verwaltung, dem Paritätischen, Vertretern der Politik und mir. Diese Auseinandersetzungen haben mich zunehmend persönlich belastet und zu der Erkenntnis geführt, dass es mir nicht möglich sein wird, hier in der Gemeinde Grundsätzliches im Rahmen der Kinder- und Jugendbeteiligung zu bewirken, zu verändern und zu verankern. Das ist im Sinne der Kinder und Jugendlichen bedauerlich, aber ich muss es akzeptieren. Ich danke allen, die mich auf dem Weg, Kinder und Jugendliche für das demokratische Verständnis zu gewinnen und zu begleiten, mit Herz, Verstand und Expertise unterstützt haben."
Zum 31. Dezember werde sie ihr Amt daher niederlegen.
Wie ernst nimmt die Politik die Jugend?
Wer sie kennt, weiß, dass dieser Schritt ihr nicht leichtfällt. In den letzten Jahren hatte sie immer wieder versucht, die Interessen der jüngeren Generation in Hemmoor stärker bei Entscheidungen von Politik und Verwaltung einfließen zu lassen. Doch das - so unterstrich sie am Wochenende auf Nachfrage unserer Redaktion - gestalte sich nun einmal schwierig. Zwar gibt es inzwischen einen Kinder- und Jugendbeirat. Aber wird dieser auch tatsächlich eingebunden und ernstgenommen?
Anders: "Da gibt es eine Diskrepanz"
Die Ratsbeauftragte hat da doch einige Zweifel. Sie habe nicht den Eindruck, dass die Kinder und Jugendlichen bei Entscheidungsprozessen eine große Rolle spielen würden. "Da gibt es eine Diskrepanz zwischen dem, was öffentlichkeitswirksam präsentiert wird, und dem, was in der Praxis Wirklichkeit ist", sagt sie.
Für die meisten der 10- und 17-Jährigen sei der Beirat der erste Kontakt mit Politik und Verwaltung. Doch einen ernsthaften und offenen Dialog mit konkreter Berücksichtigung der Anliegen der Jugendlichen und Kindern vermisst sie: "Vieles verläuft leider im Sande." Natürlich sei es nett, wenn Kinder bei der Auswahl von Geräten für Spielplätze um ihre Meinung gefragt werden würden. Aber das könne nicht allein das Anliegen einer "Kinderfreundlichen Kommune" wie Hemmoor sein und bleiben. Um die Fortführung dieses Qualitätssiegels ringt die Stadt bekanntlich (wir berichteten).
Sie sehe für sich persönlich keine Chance, um etwas nachhaltig zu verändern und werde daher zum Jahresende aufhören. Die Zeit ihrer Tätigkeit und den Dialog mit den Kindern und Jugendlichen findet sie bereichernd, aber jetzt müsse sie persönlich einen Schlussstrich ziehen. Allerdings nicht ganz: Wenn Kinder und Jugendliche sich an sie wenden möchten, stünde sie auch weiterhin zur Verfügung. Aber eben nicht mehr als amtlich bestellte und ehrenamtliche "Beauftragte".