Geflügelpest im Kreis Cuxhaven: Angst vor weiterer Ausbreitung wächst
Die Angst geht um bei den Geflügelhaltern. Ende letzter Woche wurden drei verendete Kraniche, eine Möwe sowie eine Wildgans entdeckt und untersucht, ob sie durch das Vogelgrippe-Virus starben. Im Laufe dieser Woche soll Gewissheit herrschen.
Die Unsicherheit wächst. Und das nicht nur bei den Großbetrieben. Auch die zahlreichen Hobbyzüchter im Kreis Cuxhaven befürchten, dass sich ihre Tiere mit dem ebenso unsichtbaren wie tödlichen Erreger infizieren könnten. Die Gemütslage war auch am Wochenende spürbar, als in Otterndorf die Rassegeflügelschau mit 500 Tieren stattfand. So mancher Züchter dürfte ein mulmiges Gefühl gehabt haben. Einen anderen Weg gehen die Lamstedter, die ihre für das kommende Wochenende geplante Schau kurzfristig strichen. Zu unsicher ist die Gesamtsituation. Und wer weiß, welche behördlichen Aufgaben es noch geben wird? Noch aber hat der Landkreis Cuxhaven keine Stallpflicht angeordnet und ist damit nicht dem Beispiel der beiden Landkreise Cloppenburg und Gifhorn gefolgt. Alles nur eine Frage der Zeit?
Im Januar gab es eine Sperrzone
Die Züchter und Behörden im Cuxland sind alarmiert und sensibilisiert. Kein Wunder: Erst zu Jahresbeginn hatte es noch in Nordkehdingen (Kreis Stade) - und damit direkt an der Kreisgrenze - eine Zehn-Kilometer-Sperrzone um einen durch die Vogelpest betroffenen Geflügelbetrieb gegeben. Sie wurde später ebenso wie die Stallpflicht in diesem Bereich wieder aufgehoben.
Im Kreis Cuxhaven werden mit Spannung die Laboruntersuchungen erwartet, die es in dieser Woche nach dem Fund dreier Kraniche, der Wildgans und der Möwe geben soll. Die Analysen, ob es dann auch die ersten belegbaren Vogelgrippefälle im Cuxland gibt, hat das LAVES (Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) übernommen.
Unabhängig vom Ausgang dieser Untersuchungen rät das Veterinäramt des Landkreises Cuxhaven dringend dazu, Vorsicht walten zu lassen: "Tierhalterinnen und Tierhalter sind aufgefordert, die einschlägig empfohlenen Biosicherheitsmaßnahmen in ihren Beständen und Tierhaltungen zu überprüfen und konsequent einzuhalten. Die Biosicherheit hat einen präventiven Charakter durch Maßnahmen, die regeln, wie Tiere, Personen und Fahrzeuge in einen Betrieb gelangen, oder wie Ausrüstung genutzt wird. Sie gehören zu den wichtigsten Präventionsinstrumenten zur Verhinderung der Einschleppung, Entwicklung und Ausbreitung von Tierseuchen. Geflügelhalterinnen und Geflügelhalter sind zur Anwendung von geeigneten Biosicherheitsmaßnahmen nach dem EU-Tiergesundheitsrecht verpflichtet; dies gilt auch für Hobbyhaltungen und Rassegeflügelzuchten."
Mehr Sicherheit durch Checkliste
Die Universität Vechta bietet in diesem Zusammenhang Landwirten einen besonderen Service, um einen Sicherheitscheck für ihre Tierhaltung vorzunehmen. Dazu hat sie auf ihrer Homepage unter www.risikoampel.uni-vechta.de einen Fragebogen angelegt, durch dessen 100 Fragen sich Landwirte klicken können. Am Ende präsentiert ihnen der Computer eine automatische Auswertung und schaltet für den Betriebsleiter die Sicherheitsampel auf grün, gelb oder gar rot. Rot bedeutet "erhebliche Risiken".
Droht ein weiterer"Seuchenwinter"?
Die Vorsichtsmaßnahmen sind sicherlich nicht übertrieben, denn insbesondere Zugvögel sorgen nahezu flächendeckend in Deutschland für eine rasante und unkontrollierbare Ausbreitung der Geflügelpest. Und der Höhepunkt des Vogelzuges ist noch längst nicht erreicht. Bereits jetzt warnen Experten davor, dass es möglicherweise zu einer ähnlich verheerenden Lage wie im "Seuchenwinter 2020/2021" kommen könnte, als bundesweit über zwei Millionen Tiere getötet werden mussten, um das Geschehen unter Kontrolle zu bringen. Bislang sind es schon rund 400.000.
Bleibt die Frage, warum eine Stallpflicht angesichts der aktuellen Entwicklung nicht bundesweit angeordnet wird. Die Antwort: Es fehlt an einer Grundlage, da derartige Maßnahmen zum Zuständigkeitsbereich der Landkreise zählen.
Rippke: "Landesweite Aufstallung"
Dafür fehlt dem Vorsitzenden des "Landesverbandes der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft" (NGW), Friedrich-Otto Ripke, jegliches Verständnis. Schließlich umfasse der Geflügelbestand in Niedersachsen 106 Millionen Tiere. Dies seien rund 62 Prozent des Bestandes in ganz Deutschland: "Daraus erwächst eine besonders hohe Verantwortung für das Überleben möglichst vieler Tiere und ebenso für die Versorgung der Bevölkerung mit Geflügelfleisch und Eiern."
Er setzt sich dafür ein, in Niedersachsen wie in den Niederlanden "unverzüglich eine landesweite Aufstallung für Geflügel" anzuordnen und diese aufrechtzuerhalten, bis der "Seuchendruck wieder abklingt". Der Verbandschef:"Anderenfalls muss mehr Geflügel sterben, als notwendig wäre, und das ist weder ethisch noch politisch zu verantworten. Einige Wochen im Stall sitzen zu müssen, ist möglicherweise nicht das Tierwohl-Optimum, aber lebensrettend."
