Plastikbecher und Verpackungen gehören zu den häufigsten Abfällen im öffentlichen Raum – genau hier wollte die Steuer ansetzen. Foto: Alexander Heinl/dpa
Plastikbecher und Verpackungen gehören zu den häufigsten Abfällen im öffentlichen Raum – genau hier wollte die Steuer ansetzen. Foto: Alexander Heinl/dpa
"Zurzeit kein Thema"

Plötzliche Kehrtwende: Stadtrat Hemmoor lehnt Verpackungssteuer überraschend ab

von Tamina Francke | 16.05.2025

Mit Spannung war die jüngste Stadtratssitzung in Hemmoor am Donnerstagabend erwartet worden - vor allem wegen eines Themas, das in den vergangenen Wochen für Diskussionen gesorgt hatte: die Einführung einer Verpackungssteuer.

Mit 13 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung hat der Hemmoorer Stadtrat die Einführung einer Verpackungssteuer überraschend deutlich abgelehnt. Damit ist klar: Eine solche Abgabe für Einwegverpackungen wird es in Hemmoor vorerst nicht geben - sehr zum Unmut einiger Bürgerinnen und Bürger, die die Sitzung am Donnerstagabend verfolgt hatten.

Entscheidungsprozess überrascht viele Beobachter

Die Debatte war intensiv, Argumente wurden ausgetauscht - doch die Abstimmung kam für viele überraschend schnell. Noch kurz zuvor hatte das Bürgerforum beantragt, die Entscheidung zu vertagen, um weitere Gespräche mit Gewerbetreibenden zu führen und das Thema gründlicher auszuarbeiten. Doch der Vorschlag fand keine Mehrheit. Aus Reihen der Gruppe war zu hören: "Wenn wir uns heute dagegen entscheiden, verbauen wir uns Möglichkeiten, weiterhin darüber nachzudenken, wie man das Thema für Hemmoor umsetzen kann." Die Warnung verhallte - der Antrag scheiterte.

Als das Abstimmungsergebnis verkündet wurde, raunte es hörbar durch die Besucherreihen: "Wow." Viele hatten gehofft, dass zumindest über einen gestaffelten Einstieg - etwa nur für Einwegbecher - ernsthaft beraten würde. Die schnelle Entscheidung sorgte für Enttäuschung bei mehreren Anwesenden.

Umweltargumente und Vorschläge

Insbesondere seitens der Grünen wurde für eine Einführung der Verpackungssteuer geworben. Dabei wurde an die hohen Müllmengen durch Einwegverpackungen erinnert, ebenso an den "Erdüberlastungstag", der in diesem Jahr bereits Anfang Mai erreicht worden sei. Eine stufenweise Einführung - zum Beispiel beginnend mit Einwegbechern - wurde ebenso vorgeschlagen wie die Einbindung von mehreren Ausschüssen, so wie es etwa in der Stadt Cuxhaven gehandhabt werde. Man verwies zudem auf Hemmoors Lage an der stark befahrenen B73 und die damit verbundene Belastung durch Coffee-to-go-Müll.

Aus der Verwaltung wurde auf die Erfahrungen in Tübingen hingewiesen. Die dortige Stadtverwaltung habe vor Einführung der Steuer eng mit Gewerbetreibenden zusammengearbeitet, ein Förderprogramm für Mehrwegangebote aufgelegt und gezielt kleine Betriebe beim Umstieg unterstützt. Diese differenzierte Herangehensweise sei auch für Hemmoor denkbar, hieß es. Konkrete Zahlen, die eine Verbesserung belegen, gäbe es allerdings nicht. 

Ablehnung aus CDU- und SPD-Fraktionen

Kritische Stimmen kamen insbesondere aus CDU und SPD. Hier wurde die Ansicht vertreten, dass Hemmoor mit rund 9000 Einwohnern zu klein für eine solche Steuer sei. Statt neue Abgaben zu beschließen, solle man lieber auf Aufklärung setzen. Persönliche Gespräche, mehr Hinweisschilder zu Mehrwegangeboten und eine Kultur der gegenseitigen Rücksichtnahme wurden als die "bessere Variante" bezeichnet.

Insbesondere aus der SPD kam Ablehnung: Man sehe zwar die guten Ansätze der Steuer, halte jedoch eine gezielte Kommunikation mit Bäckereien oder Supermärkten für zielführender. Der Vorschlag lautete, die Beschilderung für Mehrwegangebote prominenter zu gestalten - das reiche zum jetzigen Zeitpunkt aus. "Zurzeit ist das kein Thema - Betonung auf zurzeit."

Enttäuschung bei den Bürgern

Nach der Sitzung äußerten sich mehrere Bürgerinnen und Bürger enttäuscht. "Dass man ein solch wichtiges Thema innerhalb von zehn Minuten so rigoros abhandelt, ist bedauerlich", so eine Besucherin. Besonders kritisch wurde gesehen, dass kurz zuvor noch im Zusammenhang mit der Haushaltskonsolidierung betont worden war, man wolle Themen offen und ohne Denkverbote diskutieren - und wenig später eine Entscheidung dieser Tragweite quasi "im Vorbeigehen" fällt.

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Tamina Francke

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

tfrancke@no-spamcuxonline.de

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