
Justizministerin würdigt Verdienste von Ingrid Stelling als Landgerichtspräsidentin
Justizministerin Kathrin Wahlmann sprach Ingrid Stelling, der ehemaligen Präsidentin des Landgerichts Stade, in einer Feierstunde Anerkennung für ihre Verdienste aus. Zugleich führte Wahlmann Stellings Nachfolger Oliver Sporré offiziell ins Amt ein.
Ingrid Stelling, seit etwa einem halben Jahr als Präsidentin des Landgerichts Stade außer Dienst, hat den Gerichtssaal mit der Schafweide getauscht. Bei Lamstedt betreibt sie mit ihrer Ehefrau Hobbylandwirtschaft mit neun Schafen und zwei Pferden. Es musste allerdings vorher ein landwirtschaftliches Unternehmen gegründet werden, damit auch alles seine gute Ordnung hat.
Zu ihrer feierlichen Verabschiedung und zur offiziellen Einführung ihres Amtsnachfolgers Oliver Sporré begab sie sich noch einmal zurück in die Justizkreise, in denen sie sich in 39 Berufsjahren bewegt hat. Der Rahmen war festlich. Die Feierstunde fand im Königsmarcksaal des historischen Stader Rathauses statt. Und die Riege der Anwesenden war hochkarätig, angeführt von Niedersachsens Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann und der Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle, Stefanie Otte. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Justiz, Politik und Gesellschaft gaben den Rahmen für diese Veranstaltung.
Für Karrierechancen von Frauen eingesetzt
Eingehend würdigte Ministerin Wahlmann Wirken und Werk von Ingrid Stelling. Sie habe sich entschlossen für die Förderung der Karrierechancen von Frauen im Rechtswesen eingesetzt. Ein Mentoringprogramm trage auch ihre Handschrift. Aufgewachsen ist Ingrid Stelling in Hasenfleet in der gleichnamigen Molkerei, die viele Jahre von ihrem Vater geleitet wurde.
Nach Abitur am Gymnasium Warstade und Jurastudium in Hamburg ging sie in den Staatsdienst, wurde 1985 Richterin in Stade, wechselte zwischenzeitlich zur Staatsanwaltschaft, bevor sie 1992 Richterin am Landgericht Stade wurde. Es folgten Stationen als Amtsgerichtsdirektorin in Bremervörde und Cuxhaven, bis sie 2014 als Vizepräsidentin ans Landgericht zurückkehrte. Gut zwei Jahre führte Ingrid Stelling den Landgerichtsbezirk kommissarisch. 2020 wurde sie auch offiziell zur Präsidentin bestellt. Sie sorgte für bauliche Verbesserungen und damit für eine größere Sicherheit des Gerichtskomplexes in Stade und setzte sich dafür ein, dass Rechtsprechung mehr Akzeptanz in der Bevölkerung findet. Ihre besondere Art der Führung, so Ministerin Wahlmann, ihre leise, gelegentlich ironische Art, aber auch ihre nahezu unbegrenzte Belastbarkeit gepaart mit einem untrüglichen Urteilsvermögen machten diese außergewöhnliche Juristin aus. Wahlmann dankte Ingrid Stelling für ihr jahrzehntelanges Engagement für die Justiz.
Stelling: "Ich bin jeden Morgen mit Freude zur Arbeit gefahren"
Die Angesprochene räumte ein, was ihr als Ruheständlerin nicht fehle, etwa das Schreiben von Beurteilungen über Beschäftigte. Auch die Auseinandersetzung mit der nicht immer reibungslosen Einführung der elektronische Akte, die bis Ende dieses Jahres die Papierakte weitgehend ersetzen soll, vermisse sie nicht. Was sie vermisse, seien die Menschen, mit denen sie zusammengearbeitet habe. Stelling: "Ich bin jeden Morgen mit Freude zur Arbeit gefahren." Sie habe sich am Landgericht immer wohl gefühlt, weil sie "von hier wech" kommt und sie die Menschen kenne. Ihr sei es darum gegangen, nah am Bürger zu bleiben und ihm die Staatsverdrossenheit zu nehmen.
Justiz muss Vertrauen in Rechtsprechung geben
Letzteres ist auch für die OLG-Präsidentin Otte von großer Bedeutung. Die Justiz sei das Bollwerk gegen willkürliche Machtausübung und die Aushöhlung des Rechtsstaats. Dem allgemein schwindenden Vertrauen in die Rechtsprechung müsse mit Transparenz begegnet werden. Das betonte auch Oliver Sporré, dessen letzte Station die Leitung der Abteilung für Personal, Haushalt, Organisation und Digitalisierung im Justizministerium war. Die Justiz müsse auf skeptische Bürger zugehen, das Recht müsse sichtbar sein und Vertrauen in faire Verfahren geben, auch wenn Gerechtigkeit Zeit koste. Und: "Wir müssen Gesetze verständlich formulieren. Wenn der Bürger sie befolgen soll, muss er sie auch verstehen."