Razzia: Die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus (BFE+) der Bundespolizei hat ein Haus in Bergstraße in Stade gestürmt. Foto: Vasel
Razzia: Die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus (BFE+) der Bundespolizei hat ein Haus in Bergstraße in Stade gestürmt. Foto: Vasel
Totschlag am Bahnhof in Stade

Mann am Bahnhof in Stade gefunden und später verstorben: Großrazzia mit Festnahmen

05.03.2024

Im Januar ist ein schwer verletzter Mann am Bahnhof in Stade gefunden worden. Wenig später verstarb er im Krankenhaus. Inzwischen ist die Polizei den mutmaßlichen Tätern auf die Schliche gekommen. In der Nacht zu Dienstag gab es eine Großrazzia.

Von Björn Vasel

Um 4.30 Uhr sprengte das SEK die Tür eines Hauses in der Altländer Straße in Stade. Das Ziel: die Männer festnehmen, die im Januar einen Hamburger (44) am Bahnhof so schwer verletzt hatten, dass dieser im Krankenhaus starb. Zeitgleich stürmten die Kräfte des Spezialeinsatzkommandos Niedersachsen (SEK) und die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus (BFE+) der Bundespolizei sieben Objekte in Stade und in Mölln (Schleswig-Holstein). Die Detonation war selbst bei der Polizeiinspektion Stade in der Teichstraße zu hören, die Reste der zerfetzten Tür flogen meterweit durch den Hinterhof des Gebäudes in der Altländer Straße. 

Blick auf die vom Spezialeinsatzkommando (SEK) gesprengte Tür eines Gebäudes an der Altländer Straße in Stade. Foto: Vasel

Der Komplex aus Wohn- und Gewerbegebäuden östlich des Rewe-Marktes war nicht das erste Mal das Ziel einer groß angelegten Polizeiaktion. An dieser waren - neben den beiden Spezialeinheiten - unter anderem die Mitglieder der Mordkommission der Polizeiinspektion Stade und Bereitschaftspolizisten beteiligt. Die Durchsuchungen dauerten mehrere Stunden, das Aufgebot blieb von neugierigen Blicken in Stade nicht verborgen. Bereits am frühen Morgen wurden die Tatverdächtigen dem Haftrichter vorgeführt. In Stade lagen die Schwerpunkte der Aktion in der Altländer Straße und in der Bergstraße.

Ein Haus wird durchsucht. Foto: Vasel

Nicht die erste Razzia in dem Gebäudekomplex in Stade

Bereits im Mai 2023 hatte die Polizei die Gebäude in der Altländer Straße gestürmt. Vorwurf: Drogenhandel, Geldwäsche, Schwarzarbeit und illegales Glücksspiel. Zwei Einfamilienhäuser und eine Gewerbeimmobilie in der Altländer Straße wurden seinerzeit beschlagnahmt. Bargeld, Luxusuhren, Gold sowie Drogen, Glückspielautomaten und Gebäude im Wert von 900.000 Euro wurden beschlagnahmt. Der stadtbekannte Stader Clan hatte seinerzeit versucht, eine Richterin einzuschüchtern.

Im Dezember verurteilte die 2. Große Strafkammer am Landgericht Stade einen 34 Jahre alten Mann wegen gewerbsmäßigem illegalen Glücksspiel in 203 Fällen, vorsätzlicher Geldwäsche und unerlaubtem Waffenbesitz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Seine Partnerin muss wegen Beihilfe 360 Euro Strafe zahlen. Die Immobilien waren nicht eingezogen worden. Allerdings war von einer "Clan-Zugehörigkeit" des Mannes die Rede. Da in der Vergangenheit auch Schusswaffen sichergestellt worden waren, ging die Polizei mit höchster Vorsicht vor.

Polizei: Mehrere Männer am Totschlag in Stade beteiligt

Hintergrund: Das Vermögen von Kriminellen kann der Staat abschöpfen. Doch im jüngsten Fall ging es offenbar in erster Linie nicht um Drogengeschäfte und Clan-Kriminalität, sondern um "ein brutales Gewaltverbrechen", so Polizeisprecher Rainer Bohmbach. Fünf Männer zwischen 23 und 35 Jahren wurden vorläufig festgenommen.

Die Ermittler der Polizei und die Staatsanwaltschaft Stade werfen ihnen Totschlag vor. Sie werden nach ersten Vernehmungen in eine Justizvollzugsanstalt überführt. Ein sechster Tatverdächtiger hatte sich offenbar unmittelbar nach der Tat abgesetzt. "Nach ihm wird weiter mit Hochdruck gefahndet", sagt Bohmbach.

Der Vorwurf: Eine Gruppe soll einen Mann am Sonntag, 21. Januar, am Parkhaus vor dem Stader Bahnhof "mit Tritten und Schlägen" so schwer verletzt haben, dass der 44 Jahre alte Hamburger wenig später im Elbe Klinikum Stade seinen lebensgefährlichen Verletzungen erlag. Es ging offenbar um verletzte Ehre, so die Polizei.

Der Tatort befindet sich am Parkhaus am Stader Bahnhof. Foto: Polizei

Fünf Haftbefehle nach Razzia im Altländer Viertel in Stade vollstreckt

Der Hamburger - im Zusammenhang mit Delikten wie Drogen und Körperverletzung ebenfalls polizeibekannt - war im November 2023 in Horneburg in eine blutige Auseinandersetzung mit einem Mitglied des Stader Clans verwickelt gewesen. Damals kam es zu einer gefährlichen Körperverletzung mit einem Messer. "Das jetzige Opfer hatte ein Familienmitglied aus der Tätergruppierung schwer verletzt", erklärt Polizeisprecher Rainer Bohmbach. War es Rache? Seinerzeit sei der Mann als "Täter" in den Akten geführt worden, sagte Polizeisprecher Rainer Bohmbach.

Wie sie auf die Männer gekommen sind, wollte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Es soll sich um türkische Staatsbürger oder Menschen mit türkischer Abstammung handeln. Im Zuge der Ermittlungen hatten Polizeitaucher bereits zuvor den Burggraben unterhalb der Hansebrücke sowie Gleisanlagen rund um den Bahnhof durchsucht. Die von der Staatsanwaltschaft Stade beantragten und durch das Amtsgericht erlassenen Haftbefehle konnten infolge der Durchsuchungen bei fünf der sechs Tatverdächtigen vollstreckt werden. Bohmbach weiter: "Bei den Wohnungsdurchsuchungen konnten diverse Beweismittel sichergestellt und Spuren gesichert werden, die jetzt durch die Mordkommission ausgewertet werden." Die Ermittlungen dauern weiter an.

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