
Bauernproteste im Kreis Cuxhaven vor einem Jahr: "Werden große Probleme bekommen"
Ein Jahr nach den Bauernprotesten zeigt eine Studie der Uni Osnabrück auf, wie tief die Vertrauenskrise der Landwirte in Politik und Verbraucher sitzt und welche Herausforderungen die Landwirtschaft an ihre Grenzen bringen.
Vor einem Jahr sorgten Landwirtinnen und Landwirte mit Treckerdemos und Autobahnblockaden bundesweit für Schlagzeilen. Auch im Cuxland ging es für viele Landwirte auf die Straßen, um ihren Frust deutlich zu machen. Die zugrundeliegenden Motive dieser Proteste hat nun eine Studie der Universität Osnabrück beleuchtet - mit ernüchternden Ergebnissen: Das Vertrauen in Politik und Institutionen ist in der Landwirtschaft auf einem historischen Tiefpunkt. Die wirtschaftliche Lage vieler Betriebe ist prekär, und die wachsenden gesellschaftlichen Anforderungen belasten die Branche zusätzlich.
Die Studie zeichnet ein besorgniserregendes Bild: Nur 40 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe stehen wirtschaftlich auf stabilen Beinen. Dagegen fürchten 58 Prozent der Befragten, ihren bisherigen Lebensstandard nicht halten zu können. "Die niedrigen Preise, die von Lebensmittelindustrie und Einzelhandel für landwirtschaftliche Produkte gezahlt werden, stellen ein großes Problem dar", erklärt Wirtschaftssoziologe Prof. Dr. Hajo Holst.
Zusätzlich belasten wachsende gesellschaftliche Erwartungen an Umweltschutz und Tierwohl die Branche. Eine deutliche Mehrheit von 72 Prozent der Befragten empfindet diese Anforderungen als kaum erfüllbar. "Viele Landwirtinnen und Landwirte sehen die beginnende sozial-ökologische Transformation kritisch. Sie empfinden die Überregulierung als äußerst belastend", so Steffen Niehoff, einer der Mitautoren der Studie. Gleichzeitig gebe es jedoch auch Betriebe, denen der Wandel nicht schnell genug gehe.
Krise des politischen Vertrauens
Besonders alarmierend ist das geringe Vertrauen der Landwirtschaft in die Politik. Lediglich vier Prozent der befragten Landwirtinnen und Landwirte sind mit der politischen Lage zufrieden. Nur 11 Prozent vertrauen der Bundesregierung. Wirtschaftsgeograf Prof. Dr. Martin Franz erklärt: "Landwirtschaftliche Investitionen sind langfristig angelegt. Die Unberechenbarkeit politischer Rahmenbedingungen stellt für viele Betriebe ein großes Risiko dar." Gesetzesänderungen im Vierjahresrhythmus seien mit den Investitionszyklen in der Branche nicht vereinbar.
Wachsende Unzufriedenheit und konkrete Forderungen
Die Proteste im vergangenen Jahr hatten das Ziel, die Agrardieselbeihilfe in voller Höhe zu sichern. Dennoch spiegelten sie eine weitreichendere Unzufriedenheit wider. "Der Kostendruck durch übermächtige Handelsketten trifft insbesondere kleinere Betriebe", erklärt Heino Klintworth, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Land Hadeln. Er betont: "Wenn die Politik ständig mit kurzfristigen Gesetzesänderungen und überbordender Bürokratie die Entwicklung der Landwirtschaft stört, werden aber alle Betriebe große Probleme bekommen."
Heino Klintworth fordert Realismus und Verlässlichkeit in der Politik. "Es ist nicht akzeptabel, in Deutschland Spitzenstandards zu verlangen und gleichzeitig Produkte zu importieren, die unter deutlich niedrigeren sozialen und landwirtschaftlichen Standards hergestellt wurden."