Ein Tag als "Igelmama": So aufwendig ist die Arbeit in der Igelstation in Osterbruch
Leises Schmatzen ist zu hören, wenn man die Igelhilfe in Osterbruch frühmorgens betritt. Gegen 9.30 Uhr ist Stefanie Röse, Leiterin der Igelstation, mit der Fütterung fertig. Wie viel Arbeit dahintersteckt, wurde bei einem Selbstversuch deutlich.
Um 8 Uhr fängt der Tag für "Igelmama" Stefanie Röse an. Die Tiere wollen gefüttert und die Ställe gesäubert werden. Das dauert morgens und abends etwa eineinhalb bis zwei Stunden. Um die 70 Igel sind aktuell zu Gast bei der Tierfreundin. Sie bleiben so lange, bis sie wieder fit sind und ausgewildert werden. Um die stacheligen Tiere artgerecht zu versorgen, werden die Käfige mit Zeitungen und einer "Welpenunterlage" ausgelegt. Letztere saugt die Losungen der Igel besser auf. Außerdem befindet sich in jeder Igel-Bleibe etwas Stroh und ein Handtuch.

"Unter dem Handtuch wärmen sich die Tiere gegenseitig. Da kann es schon bis zu 28 Grad warm werden", erklärt die Expertin und lässt mich kurz unter das Handtuch fassen. Und tatsächlich war es dort kuschelig warm. In der freien Wildbahn sind die Igel eher als Einzelgänger unterwegs. Doch Röse weiß, dass die stacheligen Tiere drinnen nur in kleinen Gruppen gehalten werden sollten. Denn sie animieren sich gegenseitig zum Fressen. Das ist für die Igel überlebenswichtig. Erst, wenn sie ein Gewicht von 750 bis 850 Gramm erreicht haben, gehen sie in die Winterruhe.
Traurige Schicksale in der Igelstation
Ein Findling bereitet der Osterbrucherin aktuell Sorgen. Sie legt den kleinsten Neuzugang auf die Waage: 83 Gramm zeigt diese an. "Das ist viel zu wenig. Eigentlich müsste er in dem Alter und zu dieser Jahreszeit 350 bis 400 Gramm wiegen", erzählt sie. Vorsichtig legt sie das Tier zurück in den Käfig. Ich frage mich, wie es dazu kommt, dass der Igel so untergewichtig ist. Doch die "Igelmama" hat direkt eine Antwort parat: "Durch die Erderwärmung bringen die Mütter immer später Nachwuchs auf die Welt. Sie denken, dass es noch warm genug dafür ist. Doch der Schein trügt. Denn in der Natur finden sie zu dieser Jahreszeit keine Nahrung mehr." Daher sei es wichtig, den Igeln auch im Winter ein Nahrungsangebot zu ermöglichen, da es auch in der kalten Jahreszeit zu kleine und leichte Igel gibt, die auf Nahrungssuche sind.
Das richtige Futter für die Tiere im Stachelkleid
"Igelmama" Stefanie Röse kennt sich bestens mit der Fütterung der Tiere aus. Katzenfutter eignet sich sehr gut, ob trocken oder nass ist dabei unwichtig. Auch ein Napf mit Wasser darf nicht fehlen. Die Baby-Igel werden zusätzlich mit Aufzuchtmilch versorgt.

Wirft man einen Blick in den Futterschrank der Osterbrucherin, ist dort nicht nur das Fressen für die Tiere zu sehen. Viele verschiedenfarbige Dosen zogen meine Blicke auf sich. Was da wohl dahintersteckt? "Das sind Zusatzmineralien wie Vitamine, Zink und Selen. Sie stärken die Gesundheit und das Stachelkleid der Igel", so Röse. Nach der Fütterung konnte ich mich später am Tag endlich nützlich machen. Dann hieß es nämlich: Käfige reinigen und Näpfe schrubben.
Hilfe und Unterstützung von außerhalb
Die Igelstation ist für Röse ein Vollzeitjob. Viel Freizeit bleibt der Osterbrucherin nicht. Umso glücklicher ist sie, dass sie von vielen Freiwilligen Unterstützung bekommt. Einmal in der Woche schauen die Rentner Margot und Rüdiger Kaufmann vorbei. Normalerweise kümmert sich Margot Kaufmann um die Ställe und ihr Ehemann reinigt die Näpfe. Doch dieses Mal war Rüdiger verhindert und ich versuchte, ihn bestmöglich zu vertreten. Während Margot mit der Stallreinigung beschäftigt war, kümmerte ich mich um den Abwasch.

Dafür holte ich heißes Wasser aus der Küche und teilte es auf zwei große Plastikschüsseln auf. In die eine kam ein Spritzer Spülmittel. Und so fing ich an, die in Wasser eingeweichten Näpfe erst in dem Wasser mit Spülmittel und dann in dem ohne zu schrubben. "Das ist sehr wichtig, da an den Näpfen keine Spülmittel-Reste sein dürfen. Das wird für die Tiere schnell zur Gefahr", weiß die 72-jährige Margot Kaufmann, die seit drei Jahren ehrenamtlich in der Igelstation aushilft.

Sie und ihr Ehemann kommen aus dem Ruhrgebiet. Für die beiden stand schon lange fest, dass sie in ihrer Rente an die Nordsee ziehen wollen. "Wir haben beide ein großes Herz für Tiere und hier viel Platz", erzählt Kaufmann. Wenn ein Igel einigermaßen aufgepäppelt ist, nimmt das Ehepaar ihn auf und kümmert sich so lange um ihn, bis er endgültig ausgewildert werden kann. Besonders dankbar ist Röse den Tierärzten, die mit ihr zusammenarbeiten und sie unterstützen.
Gefahren für die Igel
Die Igel sind mittlerweile auf das zusätzliche Füttern durch den Menschen angewiesen. Denn wenn sie in der Natur nichts mehr finden, weichen sie in ihrer Not auf Schnecken und Würmer auf. Da diese oft Parasiten enthalten, kann das tödlich enden. Auch das Fressen von Schneckenkorn oder Rattengift schadet den Tieren erheblich. "Die Igel sollten zu mir gebracht werden, wenn sie unterernährt, verwaist oder von Parasiten befallen sind. Auch bei Verletzungen durch Mähroboter, Freischneider, Hunde oder Autos ist hier der richtige Platz für sie", versichert die Osterbrucherin. Wer einen Igel findet und eines der genannten Symptome auf ihn zutrifft, kann Stefanie Röse unter der Handynummer 01 60 95 79 80 61 erreichen.
