Dr. Pio Faust, kommissarischer ärztlicher Direktor des Krankenhauses Land Hadeln (r.), gibt dem SPD-Bundestagsabgeordneten Daniel Schneider und Otterndorfs Bürgermeister Claus Johannßen Erläuterungen im Operationsbereich der Klinik. Foto: Rohde
Dr. Pio Faust, kommissarischer ärztlicher Direktor des Krankenhauses Land Hadeln (r.), gibt dem SPD-Bundestagsabgeordneten Daniel Schneider und Otterndorfs Bürgermeister Claus Johannßen Erläuterungen im Operationsbereich der Klinik. Foto: Rohde
Krankenhausreform

Krankenhaus Land Hadeln in Otterndorf: Zukunftssicherung durch geplante Reform

von Ulrich Rohde | 06.10.2023

Wie geht es weiter mit dem Krankenhaus Land Hadeln in Otterndorf? Die letzten  Monate waren von Verunsicherung angesichts von Finanzproblemen, Personalknappheit und Zukunftssorgen geprägt.

Auch die von Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Krankenhausreform trug nicht zur Beruhigung bei. Doch gerade sie soll es nun sein, die der Klinik langfristig das Überleben sichern soll. Das bekräftigte der SPD-Gesundheitsexperte Dr. Christos Pantazis, Bundestagsabgeordneter aus Braunschweig, in einer Videokonferenz am Freitag mit Klinikgeschäftsführer Harald Zahrte, Prokurist Michael Merz und weiteren Fachleuten auf Seiten des Krankenhauses sowie dem SPD-Bundestagsabgeordneten Daniel Schneider und Otterndorfs Bürgermeister Claus Johannßen, zugleich Mitglied im Aufsichtsrat der Klinik, auf politischer Seite. 

Die Reform habe nicht, wie manche befürchten, zum Ziel kleine Häuser in der Fläche zu schließen, sondern vielmehr die gesundheitliche Grundversorgung im ländlichen Raum zu stärken, so Pantazis. Zugleich müsse das Versorgungsüberangebot in Ballungsräumen besser gesteuert werden. Die jetzige Überbetonung der Erlöse aus Fallpauschalen (DRGs) führe dazu, dass das System in eine unkontrollierte Insolvenzwelle gerate, die gerade noch durch Hilfestellungen des Bundes infolge der Pandemie maskiert und verzögert worden sei.

Pantazis: "Das System ist 
jetzt schief gelagert"

"Das System ist jetzt schief gelagert", so Pantazis. Wegen des Personalmangels müssten aufgrund der Personaluntergrenzen für Behandlungen Betten gesperrt werden, während gleichzeitig die Erlöse von den Fallmengen abhängig seien. Also: Je mehr Operationen, desto höhere Fallpauschalen. Damit sei es für kleinere Häuser in schwach besiedelten Gebieten schwer bis unmöglich auskömmlich zu sein. "Fast alle ländlichen Krankenhäuser laufen ins kurze Gras, weil sie die Fallmengen nicht erwirtschaften können", so der Gesundheitspolitiker. Zugleich verschärften gestiegene Energie- und Personalkosten die Situation. Und aufgrund des demografischen Wandels werde sich der Personalengpass ausweiten, während andererseits der Bedarf an stationären medizinischen Leistungen wachsen werde.

Im internationalen Vergleich habe Deutschland ohnehin schon die höchsten stationären Fallzahlen aufgrund der strikten Trennung zwischen stationärer und ambulanter Behandlung. Die Reform, die bereits ab 2024 wirksam werden soll, hat zum Ziel die strukturelle Überversorgung in Ballungsräumen durch eine evidenzbasierte Planung zu steuern, Klinikschließungen eingeschlossen. Hier habe die Überbetonung der Fallpauschalen zu einer Kannibalisierung geführt, bei der sich Kliniken gegenseitig die Patienten wegschnappten. Gleichzeitig müsse aber auch die Unterversorgung in ländlichen Gebieten überwunden werden.

Finanzierung der Kliniken von Fallmengen entkoppeln

Um die bestehenden Probleme zu lösen, müssten laut Pantazis Leitplanken definiert werden, wovon eine die Erreichbarkeit des nächsten Krankenhauses sein werde, eine andere die demografische Entwicklung. Die Finanzierung der Häuser soll von den Fallmengen entkoppelt werden. 60 Prozent der Kosten würden dann aus erlösunabhängigen Vorhaltepauschalen bestritten, nur noch 40 Prozent aus den leistungsbezogenen Fallmengen. Das werde zur Stabilisierung im ländlichen Raum beitragen und die medizinische Grundversorgung als Teil der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum sicherstellen. "Eingriffe richten sich dann nicht mehr nach monetären Gesichtspunkten", so Pantazis.

In einer Übergangsphase von fünf Jahren soll dafür gesorgt werden, dass die verbleibenden Kliniken in Sachen Qualität für Patienten und Attraktivität für Beschäftigte fit gemacht werden. Auch zinslose Darlehen für notleidende Krankenhäuser würden derzeit diskutiert. Pantazis: "Wir brauchen die Reform jetzt. Ohne sie wird es nur noch schlimmer. Das jetzige Gerüst ist zu starr und nicht überlebensfähig. Wir wollen das System zum Atmen bringen und dabei auch regionale Besonderheiten berücksichtigen. Ein Haus wie in Otterndorf mit seinen Strukturen kann damit auf jeden Fall erhalten werden."

Ein großes Problem für ein abgelegenes Haus wie Otterndorf seien, so Harald Zahrte, die Leihärzte, deren Honorare oft ein Vielfaches von dem betrügen, was festangestellte Mediziner verdienten. Dem müsse Einhalt geboten werden. Dieses komplexe, nicht widerstandsfreie Problem werde derzeit mit dem Arbeitsministerium verhandelt, versicherte Dr. Pantazis.

Zahrte: "Unsicherheit so schnell wie möglich beenden"

Klinikchef Zahrte machte deutlich, wie sehr die Zeit drängt: "Wir müssen die Unsicherheit so schnell wie möglich beenden. Wir brauchen Sicherheit. Kein Arzt kommt nach Otterndorf, wenn der Klinik die Perspektive fehlt." 

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Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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