
Warten hat ein Ende: Otterndorfer Gloger-Orgel ist zurück - und klingt fantastisch
Sie ist zurück: Nach aufwendiger Sanierung ist die Otterndorfer Gloger-Orgel am Sonntag mit einem Festgottesdienst wieder eingeweiht worden. Die Restaurierung der größten Barockorgel zwischen Elbe und Weser hat rund 1,8 Millionen Euro gekostet.
Voll und satt, mächtig und prunkvoll, dann wieder zart und zerbrechlich - so klang es, als Kreiskantor Kai Rudl in die Tasten griff, um mit viel Spielfreude und einem feinen Gespür für Nuancen die Choralbearbeitung des Liedes "Komm, Heiliger Geist, Herre Gott", das Postludium und die Fuge D-Dur von Dietrich Buxtehude anzustimmen. Es waren die ersten Werke, die beim Festgottesdienst zur Wiedereinweihung der Dietrich-Christoph-Gloger-Orgel erklangen. Für den Organisten ist das Instrument nach seiner zweijährigen Restaurierung "wie ein ungeschliffener Diamant, den es zu entdecken und zu polieren gilt", wie Rudl am Rande des Gottesdienstes verriet.
Die Wiedereinweihung des rund 280 Jahre alten und fachkundig restaurierten Barock-Instruments mit seinen 46 Registern und 2676 Pfeifen bildet das Schlusskapitel einer jahrelangen Odyssee, die durch den außergewöhnlichen Einsatz unzähliger Unterstützer, Sponsoren und Spender schließlich zu einem glücklichen Ende geführt wurde.
Es haben alle an einem Strang gezogen
Das Geheimnis des Erfolgs: "Es haben alle an einem Strang gezogen, und das mit großer Energie", sagte der Stader Regionalbischof Hans Christian Brandy, der die Wiedereinweihung vornahm. Stellvertretend für die vielen Helfer hob Brandy die Orgelwerkstatt Hendrik Ahrend hervor, den Orgelsachverständigen Martin Böcker, die Vorsitzende des Vereins zum Erhalt der Gloger-Orgel Otterndorf, Irmgard Kröncke, und den Otterndorfer Pastor Thorsten Niehus. Mit "unerhörter Energie" sei es gelungen, die Orgel wieder zum Klingen zu bringen.
Brandy sprach auch jene Kritiker an, die es für unpassend halten, in diesen Zeiten einen Betrag von 1,8 Millionen Euro in die Sanierung einer Orgel zu stecken. Wenn man dieser Argumentation folgen würde, wären viele Kunstwerke, Kirchbauten und auch Orgeln niemals entstanden, "dann wäre unsere Welt sehr viel ärmer", ist Brandy überzeugt.
Pastor Thorsten Niehus nahm die Gemeindemitglieder und Gäste in seiner Predigt mit auf eine Reise in das Jahr 1662, als in Otterndorf der sogenannte Orgelstreit zwischen dem Theologen Theophil Großgebauer und dem Otterndorfer Pastor Hector Mithobius tobte. Der eine wollte das Orgelspiel reduzieren, der andere beibehalten.

Rund 350 Jahre später wurde erneut gestritten, und zwar über die Sinnhaftigkeit der Orgelrestaurierung. Doch diese "gepflegte Streitkultur" sei in den vergangenen zwölf Jahren nach und nach verstummt, so Niehus. "Aus der Kirchenorgel wurde im öffentlichen Gespräch die Gloger-Orgel und dann 'unsere Gloger-Orgel'. Immer mehr Menschen identifizierten sich mit dem Vorhaben, die Glogerin zu retten." Irmgard Kröncke ergänzte: "Unsere Arbeit konnte überzeugen." Sie erhielt für ihre unermüdlichen Bemühungen für die Gloger-Orgel von den Gottesdienstbesuchern einen herzlichen Applaus.
Mehrere Gastredner hoben die Bedeutung der Orgelrestaurierung in ihren Grußworten hervor. Bürgermeister Claus Johannßen sprach von einem "wunderschönen Tag für Otterndorf" und Karsten Behr von der niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung von einem "Juwel der Orgelbaukunst", das nun wiedererstehe. Superintendentin Kerstin Tiemann sagte: "Endlich kommt zusammen, was zusammengehört: das Wort und die Musik." Die Gloger-Orgel sei mehr als ein Musikinstrument, sie sei eine Verkünderin des Glaubens, die tief berühren kann.
Musikliebhaber und Orgelfans bekommen in den nächsten Tagen und Wochen noch reichlich Gelegenheit, sich an dem Klang der "neuen" Gloger-Orgel zu erfreuen. Hier einige Glanzpunkte: Am Mittwoch, 30. Oktober, führt die Orgelakademie Stade ab 11 Uhr Schulkonzerte für Otterndorfer Schulkinder durch. Am Donnerstag, 31. Oktober, findet ab 17 Uhr eine musikalische Andacht mit dem Cuxhavener Kantor Jürgen Sonnentheil statt. Am Sonnabend, 2. November, gestalten Martin Böcker und Pastor Thorsten Niehus ab 16 Uhr eine "Orgelandacht".
Den Abschluss der Veranstaltungen bildet am Sonntag, 3. November, 10.30 Uhr, ein festlicher Gottesdienst zum Gedächtnis der Reformation, den Pastorin Franziska May und Kantor Kai Rudl gestalten. Es erklingen Orgelmusik des 16. Jahrhunderts und Choralbearbeitungen zu den Lutherliedern "Ein feste Burg ist unser Gott" und "Nun freut euch, lieben Christen g'mein". Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.
