Vergiftete Atmosphäre im Kreis Cuxhaven: Nehlsen und Gewerkschaft im Dauerstreit
Im Tarifstreit bei der Entsorgungsfirma Nehlsen ist kein Ende in Sicht. Zuletzt hatte sich die Tonlage noch verschärft, nachdem die Gewerkschaft ver.di davon sprach, dass Nehlsen ab dem 1. Juli Mitarbeiter angeblich entlasse.
Als "Fehlinformation seitens der Gewerkschaft" stuft das Unternehmen diese Nachricht ein. Erschwert werden die Tarifverhandlungen nach Informationen unserer Redaktion neben der Klärung von Sachfragen auch durch zwischenmenschliche Differenzen seitens der Gesprächspartner.
Der Konflikt schwelt bereits seit Monaten. Erst im Mai hatte das Unternehmen aus Loxstedt die Gewerkschaft aufgefordert, den Verhandlungsführer Pit Eckert in dieser Tarifauseinandersetzung aus dem Verkehr zu ziehen, da die "bislang geführten Tarifgespräche unter der Leitung von Herrn Pit Eckert aus Sicht der Nehlsen-Unternehmensführung nicht mehr tragfähig sind".
"Konstruktiver Dialog nicht möglich"
Über Monate hinweg habe man versucht, "auf sachlicher Ebene Lösungen zu finden". Ein "konstruktiver Dialog" sei jedoch nicht möglich gewesen. Das Vertrauen in die Gewerkschaft sei - so Nehlsen-Vorstandsvorsitzender Oliver Groß - durch "eine Vielzahl von Vorkommnissen nachhaltig erschüttert worden".
Nehlsen wirft ver.di unter anderem vor, der Firmenleitung "in Aushängen und Flugblättern" Dinge unterstellt zu haben, die "schlichtweg falsch sind". Bereits im Mai sei demnach die Rede davon gewesen, dass man Mitarbeitern mit Kündigungen drohe oder das Grundrecht auf Streiks untergrabe.
Weitere Breitseite gegen Nehlsen
Einen Monat später - am 18. Juni - dann die nächste Breitseite gegen das Entsorgungsunternehmen: "Der Tarifstreit der Müllwerker bei Karl Nehlsen GmbH um angemessenere Löhne hat eine weitere Eskalationsstufe erreicht: Wie erst heute bekannt wurde, hat die Geschäftsführung der Karl Nehlsen GmbH & Co. KG dem Betriebsrat angekündigt, bereits ab dem 1. Juli Personal abzubauen", behauptete die Gewerkschaft in einer Pressemitteilung.
Es seien "weniger wirtschaftliche Zwänge, die Nehlsen zum Arbeitsplatzabbau greifen lassen". Markus Westermann (Geschäftsführer von ver.di-Bremen-Nordniedersachsen) hat eine andere Interpretation: "Vielmehr könnte hier im Kern auch die Botschaft gesetzt sein: Wer sich bei Nehlsen mit ver.di einlässt, der fliegt. Das Ganze wirkt auf mich eher wie eine Maßregelung der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten als nach betriebswirtschaftlicher Rationalität."
"Das entbehrt jeder Grundlage"
Bei Nehlsen wurden diese Behauptungen verständlicherweise nicht gerade als vertrauensbildende Maßnahme angesehen. Im Gegenteil: "Eine neue Eskalationsstufe im öffentlichen Diskurs" sei inzwischen erreicht worden. Die Behauptung, dass zwischen 20 und 30 Stellen gestrichen werden sollten, würden "jeder Grundlage entbehren".
Am 20. Juni wollte man sich zu einer weiteren Gesprächsrunde zusammensetzen; eine Woche später werde es einen "Folgetermin" geben. Doch auch der ist ganz offensichtlich ohne einen entscheidenden Durchbruch in der Sache oder eine zwischenmenschliche Annäherung und damit Entspannung der Gesprächskultur verlaufen.
"Weit entfernt von einer Einigung"
Am Montag legte ver.di-Geschäftsführer Markus Westermann im Gespräch mit der NEZ/CN-Redaktion noch nach. Er erklärte, dass Nehlsen vielleicht nicht direkt Kündigungen aussprechen werde, aber durch Verlegung von Touren der Müllwerker in andere Regionen des Konzerns die Arbeitsbedingungen weiter erschwere und Ängste schüre. Ob er damit rechne, dass es zu einer Annäherung des Unternehmens und der Gewerkschaft kommt? Kopfschütteln beim Gewerkschafter: "Von einer Einigung sind wir noch weit entfernt."