Von Rettungswagen bis Tele-Arzt: So arbeitet der Rettungsdienst Cuxland heute
Teil 2 unserer Serie über den Rettungsdienst Cuxhaven zeigt, wie Fahrzeuge, Telemedizin und Digitalisierung die Notfallversorgung schneller, effizienter und patientennäher machen.
Im zweiten Teil unserer Serie über den Rettungsdienst im Landkreis Cuxhaven erläutert Benjamin Junge, der ärztliche Leiter der Rettungsdienst Cuxland gGmbH, im Gespräch mit unserem Medienhaus, welche Rolle die Telemedizin künftig spielen wird und wie die Digitalisierung die Notfallversorgung verändert. Außerdem gibt es einen Überblick über die verschiedenen Fahrzeuge des Rettungsdienstes und darüber, wann welches zum Einsatz kommt.
Rettungsmittel und Ausstattung
Die Entscheidung, welches Fahrzeug wo eingesetzt wird, fällt in der Integrierten Leitstelle Bremerhaven. Dort werden bei jedem Notruf standardisierte Abfragen durchgeführt - etwa zur Art des Notfalls, zur Zahl der Betroffenen und zu genauen Standortdaten. Auf dieser Grundlage wird entschieden, welches Fahrzeug am schnellsten helfen kann. Ein Rettungswagen (RTW) rückt bei Notfällen aus und ist mit Notfallsanitäterinnen und Rettungssanitätern besetzt. Sie übernehmen die medizinische Erstversorgung direkt vor Ort. Wenn ein lebensbedrohlicher Zustand vorliegt oder anzunehmen ist, wird zusätzlich ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) alarmiert. Dieses ist planmäßig mit einem Notarzt oder einer Notärztin sowie einer Notfallsanitäterin oder einem Notfallsanitäter besetzt.

Die Kombination aus RTW und NEF wird als "Rendezvous-System" bezeichnet, wenn diese von verschiedenen Ausgangspunkten zum Einsatzort kommen. Für geplante Fahrten oder Transporte ohne akute Lebensgefahr kommen Krankentransportwagen (KTW) zum Einsatz. Sie sind mit zwei Rettungssanitätern besetzt und übernehmen medizinisch notwendige Fahrten, etwa zu Arztpraxen, Kliniken oder zur Dialyse.
Dazwischen liegt der Notfall-Krankentransportwagen (N-KTW): Er wird eingesetzt, wenn keine akute Lebensgefahr besteht, aber eine dringende Behandlung notwendig ist. Mit erweiterter Ausstattung und speziell geschultem Personal - dies sind Rettungssanitäterinnen und -sanitäter mit einer zusätzlichen Qualifikation - schließen diese Fahrzeuge die Lücke zwischen klassischem Krankentransport und Notfallrettung.
Bereits in naher Zukunft werden die Rettungskräfte vor Ort durch eine Telenotärztin oder einen Telenotarzt unterstützt. Diese können sich innerhalb von Sekunden per Datenverbindung dazuschalten, mit der betroffenen Person sprechen, EKG und Vitalparameter bewerten und die Rettungsteams unterstützen.
Die Fahrzeuge sind modern ausgestattet - mit EKG, Defibrillatoren, Beatmungstechnik, Notfallrucksäcken, Infusionen und digitaler Dokumentationstechnik. Der RTW gleicht in seiner Ausstattung einer kleinen mobilen Intensivstation.

Personal und Ausbildung
Die Teams im Rettungsdienst Cuxland bestehen aus hochqualifizierten Fachkräften.
Notfallsanitäterinnen bilden die höchste rettungsdienstliche Qualifikation. Sie beurteilen Notfallsituationen eigenständig, leiten lebensrettende Maßnahmen ein und überwachen die Vitalfunktionen während des Transports. "Das Berufsbild des Notfallsanitäters ist anspruchsvoll. "Notfallsanitäter dürfen eigenständig ohne Ärzte unter anderem starke Schmerzmittel nutzen, um Patienten schnell zu helfen", erklärt Dr. Junge.
Rettungssanitäter unterstützen sie dabei und übernehmen Krankentransporte sowie Notfall-Krankentransporte. Für viele ist diese Ausbildung der Einstieg in den Rettungsdienst.
Notärztinnen und Notärzte übernehmen in lebensbedrohlichen Situationen die medizinische Leitung am Einsatzort und arbeiten eng mit dem Rettungsteam zusammen, um die bestmögliche Versorgung sicherzustellen.
"Notfallmedizin und besonders die Arbeit im Rettungsdienst ist Teamwork. Wir funktionieren ausschließlich zusammen. Aber der Fachkräftemangel macht auch vor uns nicht Halt", sagt Dr. Benjamin Junge. Er würde sich wünschen, dass sich zukünftig mehr Menschen zu Notfall- und Rettungssanitätern ausbilden lassen. Auch er selbst startete in diesem Berufsfeld.
Neue Wege: Die Telemedizin
Seit Juni 2025 wird in Niedersachsen die Telemedizin landesweit im ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116 117 eingesetzt. Hintergrund ist die Reform KVN.akut der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN), die die ambulante Akutversorgung außerhalb der Praxiszeiten neu strukturiert hat.
"Ziel der Reform ist es, die medizinische Versorgung schneller, flexibler und effizienter zu gestalten. Insbesondere vor dem Hintergrund des zunehmenden Ärztinnen- und Ärztemangels", erläutert Detlef Haffke, Leiter der Stabsabteilung Kommunikation und Information der KVN.
"Künftig werden Patientinnen und Patienten, die die 116 117 anrufen, nach einer strukturierten Ersteinschätzung (SmED) direkt mit einer Ärztin oder einem Arzt verbunden - telefonisch oder per Videokontakt, in der Regel innerhalb von 30 Minuten. Die Teleärztinnen und -ärzte können elektronische Rezepte und Krankschreibungen ausstellen."

Falls ein Hausbesuch notwendig ist, wird der neue medizinische Fahrdienst - unter ärztlicher Leitung - ausgelöst. Die Johanniter-Unfall-Hilfe stellt hierfür das Personal, bestehend aus Ärztinnen, Ärzten und Gesundheitsfachkräften. Die Reform teilt Niedersachsen in acht Bereitschaftsdienstsektoren mit 15 Standorten auf. Die zentrale Dispositionszentrale der 116 117 koordiniert alle Anfragen und leitet sie entweder an Teleärztinnen und -ärzte, den Fahrdienst oder die Regelversorgung weiter.
Nach Angaben der KVN verläuft die Umstellung erfolgreich: Rund 80 Prozent der Anruferinnen und Anrufer konnten telemedizinisch abschließend versorgt werden, meist durch ärztliche Beratung, Rezeptausstellung oder Krankschreibung. Die durchschnittliche Wartezeit auf ein Tele-Gespräch beträgt nur wenige Minuten.
Ausblick
"Wir möchten den Rettungsdienst im Landkreis Cuxhaven konsequent weiterentwickeln. Die Digitalisierung und telemedizinische Möglichkeiten können uns unterstützen und entlasten. Ziel bleibt es, die Menschen im Landkreis Cuxhaven weiterhin hochprofessionell und innerhalb kürzester Zeit medizinisch zu versorgen. Unser wichtigstes Fundament sind die Mitarbeitenden, die jeden Tag und zu jeder Uhrzeit im Einsatz sind", blickt Dr. Junge nach vorn.