
Steuermillionen im Schlick versenkt: Wird Baggerschiff "Osteriff" bis April fertig?
Nach Informationen unseres Medienhauses soll der Laderaumbagger "Osteriff" zum 16. April 2025 von der Blohm + Voss-Werft in Hamburg ausgeliefert werden. Damit würde ein kurioses Kapitel des staatlichen Schiffbaus enden, das 2013 seinen Anfang nahm.
Der Bau des Laderaumbaggers "Osteriff" wurde vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben. 2013 begannen die Planungen. Im Dezember 2016 begann der Bau des Schiffes bei der damaligen Pella Sietas Werft in Hamburg Neuenfelde. Die Fertigstellung war für 2018 vereinbart. Der Auftragswert betrug 95 Millionen Euro. Der Bau des Schiffes war erforderlich geworden, weil der aktuell noch im Dienst befindliche Bagger des Bundes "Nordsee" in die Jahre gekommen ist. Die "Nordsee" ist bereits seit 1978 im Dienst. Doch stattdessen musste die "Klasse" für die "Nordsee" 2018 und 2023 noch zweimal erneuert werden, obwohl das Schiff eigentlich bereits 2018/19 bei Indienststellung der "Osteriff" aufgrund seines hohen Alters außer Dienst gestellt werden sollte. Auch die Re-Klassifizierung des Oldtimers kostet aufgrund von Reparaturen und Neumotorisierung Unsummen.
Aus dem Fertigstellungstermin 2018 für die "Osteriff" ist bekanntlich nichts geworden. Die Pella Sietas Werft geriet in finanzielle Schieflage und stellte die Arbeiten an dem Schiff Ende 2021 ein. Im April 2022 meldete die Werft Insolvenz an. Im August des Jahres schloss das Bundesverkehrsministerium mit der Hamburger Werft Blohm + Voss eine Fortführungsvereinbarung für den Weiterbau der "Osteriff".
Kosten für den Bau des Schiffs auf 142 Millionen Euro gestiegen
Mit der Übertragung des Auftrags genehmigte der Bund zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von 47 Millionen Euro. Somit beträgt der Auftragswert offiziell inzwischen 142 Millionen Euro. Der "Neubau" ist aufgrund der inzwischen ein Jahrzehnt alten Planung allerdings gar kein so neuer. Schon jetzt stellt sich die Frage, ob er noch dem Stand der Technik genügt. Der Schiffsdieselantrieb erscheint aus Umweltgesichtspunkten nicht besonders innovativ. Die lange Standzeit dürfte außerdem dafür gesorgt haben, dass diverse Schäden kostspielige Reparaturen erforderlich machen, bevor die "Osteriff" auch nur einen Kubikmeter Schlick gebaggert hat.
Wirtschaftlicher Verlust wohl bei rund 200 Millionen Euro
Der wirtschaftliche Schaden dürfte noch erheblich größer sein als die 142 Millionen Euro, die das Schiff den Bund kosten soll. Denn seit 2018 erledigen Fremdfirmen für sehr viel Geld die Arbeit, die eigentlich von der "Osteriff" geleistet werden sollte. Den Verlust aufgrund der Bauverzögerungen schätzt der Cuxhavener Schifffahrtsexperte Jürgen Grzeskowiak auf annähernd dieselbe Summe wie die eigentlichen Baukosten. Hinzu kämen die Kosten für die Instandhaltung der "Nordsee".
Bund der Steuerzahler spricht von Verschwendung
Damit hat es die "Osteriff" auch ins "Schwarzbuch" des Bundes der Steuerzahler geschafft. Der sieht hier eine erhebliche Verschwendung von Steuermitteln und stellt das komplette System der Fremdvergaben in Frage. Seitdem das Baggerwesen in den Bundeswasserstraßen privatisiert wurde, verdienen große Privatreedereien aus den Beneluxländern prächtig. Sie setzen große Laderaumsaugbagger ein, die weltweit operieren können. Sie sind jedoch für das Revier der Tideelbe nur bedingt geeignet, weil die Baggerstellen von den Verklappungsgebieten unter Umständen weit entfernt liegen. Wenn Hamburg seinen Baggerschlick aus den Hafenbecken zur Tonne E3 bei Helgoland bringen lässt, ist das ein Törn von fast 300 Kilometern - und damit für Laderaumsaugbagger eigentlich völlig ineffizient. Ein alternatives System mit Baggerschiffen ohne Laderaum und mehreren Transportschiffen, wie es von einer Arbeitsgruppe unter der Führung von dem Ingenieur Grzeskowiak vorgestellt wurde, könnte sich als deutlich effizienter und kostengünstiger herausstellen und wird daher auch vom Bund der Steuerzahler unterstützt.
Bund und Behörde halten an Vergabepraxis fest
Auch in Teilen der Bundespolitik, speziell bei Fachpolitikern der Union, genießt dieser neue Ansatz Sympathien, allerdings bislang weder in der noch amtierenden Bundesregierung noch in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Der Grund: Das System mit voneinander getrennten Einheiten (Bagger und Transportschiffe) müsste in staatlicher Eigenregie betrieben werden, weil es sich für die Privatreedereien nicht rechnen würde. Sie hätten kein Interesse daran, mit solch einem Angebot in ein Bieterverfahren mit ungewissem Ergebnis zu gehen. Es ist eben ausschließlich auf die Baggerei in Flüssen mit längeren Transportwegen zu den Verklappungsstellen ausgerichtet - zum Beispiel künftig zur Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) nordwestlich von Helgoland. Der Antrag Hamburgs, hier Schlick aus dem Hafen verklappen zu können, wird derzeit beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) geprüft. Derzeit werden die Kosten eines Törns von Hamburg zur Tonne E3, beispielsweise mit dem Laderaumsaugbagger "Kaishuú", auf etwa 130.000 Euro geschätzt. Ginge es künftig in die AWZ , so würden die Kosten auf rund 170.000 Euro steigen.