
Wolf im Kreis Cuxhaven zum Abschuss freigegeben: Was die Genehmigung bedeutet
Nach wiederholten Angriffen auf Nutztiere zieht Niedersachsen die Reißleine: Erstmals wird im Kreis Cuxhaven eine Ausnahmegenehmigung für den Abschuss eines Wolfes erteilt. Die Zeit läuft.
Etliche Risse lang blieb es bei Appellen und Diskussionen. Jetzt reicht es dem Land Niedersachsen: Nach dem jüngsten Angriff zieht das Umweltministerium die Reißleine. Erstmals darf im Kreis Cuxhaven ein Wolf geschossen werden. Allerdings ist die Zeit begrenzt.
Wochenlang kam es im gesamten Kreis Cuxhaven zu mehreren Rissen von Schafen, Rindern und Pferden. Mal schlug der Wolf in der Stadt Cuxhaven zu, dann in Geestland und gleich einige Male in Steinau. Nun kam es nach Informationen von cnv-medien.de am Dienstagabend (14. Oktober 2025) zu einer erneuten Nutztier-Attacke in der Samtgemeinde Land Hadeln. Dort fiel ein Tier in einer wehrhaften Herde mit Robustrindern dem Wolf zum Opfer. Für das niedersächsische Umweltministerium um Minister Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) war der Angriff offensichtlich der eine Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), eine Fach- und Genehmigungsbehörde des Landes, ordnete eine Ausnahmegenehmigung für eine Wolfsentnahme an.

Seit Freitag (17. Oktober 2025) darf 21 Tage lang ein Wolf geschossen werden, wenn er im Umkreis von 1000 Metern um die Weide in Hadeln auftaucht, auf der das Rind gerissen wurde. Das Umweltministerium verrät den genauen Ort der betroffenen Weide auf Nachfrage von cnv-medien.de nicht. Es werde "die konkrete Weide und das Entnahmeterritorium im Landkreis Cuxhaven aus Gründen des Schutzes der Vollziehenden nicht öffentlich machen", teilt Manfred Böhling, Pressesprecher des Ministeriums, mit. Das heißt: Das Umweltministerium will sicherstellen, dass die Personen, die mit dem Abschuss beauftragt wurden, nicht von Wolfsbefürwortern bedroht oder möglicherweise sogar angegriffen werden. Zudem soll verhindert werden, dass beispielsweise Tierschützer die Maßnahme gefährden, indem sie im Abschussgebiet auftauchen.

"Der Vollzug der Ausnahmegenehmigung erfolgt in enger Kooperation mit der örtlichen Jägerschaft", versichert Pressesprecher Böhling auf Nachfrage. "Weitere Angaben zu Vollziehenden oder auch zum konkreten Ort, werden aus Gründen des Schutzes der Vollziehenden nicht gemacht." Auch die Jägerschaft Land Hadeln/Cuxhaven möchte sich noch nicht zu dem laufenden Verfahren und dem sensiblen Thema äußern, war auf Anfrage zu erfahren.
Durch die Genehmigung für den Abschuss im Umkreis von 1000 Metern um die Weide könnte es ein Raubtier erwischen, das gar nicht für einen Riss verantwortlich gewesen ist, sofern es um den Ort des Risses herum auftaucht. "Eine Schnellabschussgenehmigung wird nicht für ein bestimmtes Individuum erstellt, sondern um einen konkreten Nutztierriss in einem Interventionsgebiet mit deutlich erhöhtem Nutztierrissgeschehen und Grundschutzüberwindungen", verdeutlicht Umweltministeriums-Pressesprecher Böhling. "Nach wissenschaftlichen Studien und Auffassung der EU-Kommission gibt es innerhalb von 21 Tagen um die konkrete Weide eine hohe Wahrscheinlichkeit, den schadensverursachenden Wolf zu entnehmen. Studien zeigen, dass schadensverursachende Wölfe zur Weide zurückkehren. So ist es deutlich wahrscheinlicher, den konkreten Problemwolf zu entnehmen, da eine genetische Identifizierung bei der Entnahme durch einen Jäger nicht möglich ist."

Laut Böhling hat das Umweltministerium gesicherte Kenntnisse über mindestens zwei Rudel, die sich im Kreis Cuxhaven aufhalten. Auch ein weiteres Wolfspärchen könnte sich im Cuxland herumtreiben.

Die Landwirte begrüßen die Maßnahme: "Das ist eine gute Nachricht. Wir haben ja in Steinau [16 nachweislich vom Wolf verursachte Nutztierschäden in eineinhalb Monaten; Anm. d. Red.] gesehen, was alles passieren kann. Das ist nicht einzudämmen. Über zehn Jahre durften wir uns anhören, dass die Wölfe ja nur reißen, was sie brauchen - jetzt merkt man, dass es nicht so ist", betont Heino Klintworth, Vorsitzender des Landvolkverbands Land Hadeln-Cuxhaven: "Dem muss Einhalt geboten werden, und da sind wir jetzt auf dem richtigen Weg." Dennoch steht der Landwirt der Maßnahme noch skeptisch gegenüber. Denn der Wolf legt am Tag deutlich mehr als einen Kilometer zurück. Klintworth sieht noch Optimierungspotenzial, aber es sei ein wichtiges Signal. "Wichtig ist, dass überhaupt etwas passiert."
Den Antrag zur Ausnahmegenehmigung zum Schnellabschuss hatten der Landkreis und die Stadt Cuxhaven gestellt. Cuxhavens Stadtsprecher Marcel Kolbenstetter betonte, die Stadt habe sich der Initiative des Landkreises angeschlossen.
Von Joscha Kuczorra und Tim Larschow