
Nach zahlreichen Rissen im Kreis Cuxhaven: Wolf wird jetzt zum Abschuss freigegeben
Nach wiederholten Wolfsangriffen im Landkreis Cuxhaven wird der Abschuss eines Wolfes genehmigt. Die Maßnahme soll die Weidetiere schützen und die angespannte Situation entschärfen. Allerdings sind noch mehrere Punkte unklar.
Jetzt steht "Isegrim" auf der Abschussliste: Nach zahlreichen Rissen von Schafen und Rindern im Landkreis Cuxhaven ist der Wolf zum Abschuss freigegeben. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) wird eine Ausnahmegenehmigung für eine Wolfsentnahme anordnen.
Die Ausnahmegenehmigung tritt am Freitag (17. Oktober 2025) in Kraft und gilt 21 Tage in einem Umkreis von 1000 Metern um die betroffene Weide herum, wie das Niedersächsische Umweltministerium am Donnerstagnachmittag (16. Oktober 2025) mitteilte. Das heißt: Nach dem Riss eines Schafes, Rindes oder Pferdes bleiben drei Wochen Zeit, um einen Wolf zu erlegen, der sich im Umkreis von einem Kilometer um die Weide herum aufhält. Das heißt somit aber auch: Es könnte ein Raubtier erwischen, das gar nicht für einen Riss verantwortlich gewesen ist, sofern es um den Ort des Risses herum auftaucht.

Nach den gehäuften Rissen lägen nach dem Bundesnaturschutzgesetz laut NLWKN die artenschutzrechtlichen Voraussetzungen für die Entnahme eines schadensverursachenden Wolfes vor. "Wir können nicht länger auf den Bund warten - und genehmigen den Schnellabschuss im Raum Cuxhaven zum Schutz der Weidetiere", verdeutlichte Umweltminister Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen). Angekündigt sind Anpassungen des Bundesrechts, um den Schutzstatus des Wolfes zu verändern. Dieser sei auch auf der Roten Liste Niedersachsens von "ausgerottet" auf "ungefährdet" umgestuft worden, betonte der Grünen-Politiker.
Landrat Thorsten Krüger begrüßt den vom Umweltminister genehmigten Schnellabschuss: "Ich halte das für angemessen und richtig." Der Landkreis und die Stadt Cuxhaven hatten den Umweltminister gebeten, einen Schnellabschuss zu prüfen. Cuxhavens Stadtsprecher Marcel Kolbenstetter betont, die Stadt habe sich der Initiative des Landkreises angeschlossen.

"Dort, wo Wölfe Probleme machen und - wie jetzt im Raum Cuxhaven - gehäuft geschützte Nutztiere reißen, Zäune überwinden oder Rinder und Pferde angreifen, müssen wir zum Schutz der Weidetierhaltung handeln", erklärte Umweltminister Meyer. Noch nicht kommuniziert wurde, gegen welchen speziellen Wolf sich die Abschussgenehmigung aus dem Umweltministerium richtet. Welches Gebiet mit "Raum Cuxhaven" genau gemeint ist, war am Donnerstag weder vom NLWKN noch von der Landkreis-Pressesprecherin noch vom Pressesprecher der Stadt zu erfahren. Der NLWKN ist eine Fach- und Genehmigungsbehörde des Landes Niedersachsen.
Aus dem Kreis Cuxhaven wurden zuletzt innerhalb kürzester Zeit vermehrt Nutztierrisse von durch Zäune oder Herdenschutzhunden geschützten Schafen und ausgewachsenen Rindern gemeldet. Erst am Montag (13. Oktober 2025) waren 18 Schafe auf einer Weide in Steinau dem Wolf zum Opfer gefallen.

Der gut in Sachen Wolf vernetzte Nebenerwerbsschäfer Thomas Reinecke aus Steinau geht stark davon aus, dass die aktuelle Abschussausnahmegenehmigung wegen eines erneuten Rinderrisses in der Samtgemeinde Land Hadeln erfolgte. Dort kam seiner Kenntnis nach am Dienstagabend (14. Oktober 2025) ein Tier in einer wehrhaften Herde mit Robustrindern zu Schaden. Die Begutachtung sei am Mittwoch erfolgt und zwar nicht von Revierförstern, sondern von höchster Instanz durch die Koordinatorin der Rissbegutachtung bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Denn bei den in Steinau am 16. und am 21. September gerissenen Schafen hat die Rissbegutachtung nach Informationen von cnv-medien.de DNA-Spuren von der Wölfin "GW2492f" gesichert. Festgestellt für einen Rinderriss am 15. September in Cuxhaven wurde jedoch DNA einer weiteren Fähe. Und diese Wölfin "GW2841f" war aufgrund DNA-Nachweis bereits am 5. September beim Riss eines Rinds in Nordholz am Werk. Das ist aus der Umweltkarte aus dem Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz kenntlich.

Für Thomas Reinecke, der einen Antrag auf Entnahme bei der Unteren Naturschutzbehörde gestellt hat, steht fest, dass eigentlich das gesamte Rudel weggehöre, das mitten in Steinau auf den mit ausreichend Wolfsschutz geschützten Weiden Schafe jage. Im September und Oktober hatte es im Raum Steinau 16 nachweislich vom Wolf verursachte Nutztierschäden gegeben, wie der Wolfsbeauftragte der Landesjägerschaft Niedersachsen, Raoul Reding, erst zu Wochenbeginn bestätigte. Dabei seien insgesamt 36 Tiere, darunter Schafe, Rinder und ein Pferd getötet worden. Weitere 36 Tiere seien verletzt worden.

Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer begrüßt die Genehmigung des Schnellabschusses "zum Schutz unserer Weidetiere. Es ist erfreulich, dass die Niedersächsische Landesregierung damit ein deutliches Zeichen setzt." Für ihn persönlich sei es "wichtig, dass die Weidetierhalter unterstützt werden. Gleichzeitig gilt mein Augenmerk als Cuxhavener Oberbürgermeister der Deichsicherheit und dem Küstenschutz. Deshalb plädiere ich auch dafür, zügig Maßnahmen zu ergreifen, um die Schafe in diesen Bereichen wirksam zu schützen."
Auf der Weide von Landwirt Mattias Schult, der seinen Hof an der Altenwalder Chaussee in Cuxhaven betreibt, wurde am 15. September das Rind gerissen. "Es wird höchste Zeit, dass Wölfe reguliert werden", fordert Schult. "Niemand will sie ausrotten - aber so wie man Rehe bejagt, muss man auch den Wolfsbestand in Grenzen halten." Die Weidesaison gehe zwar bald zu Ende, doch die Gefahr bleibe, meint der Landwirt: "Überall steigen die Wolfszahlen, das hört man ja landauf, landab. Wir Tierhalter brauchen endlich das Gefühl, dass unsere Arbeit und unsere Tiere ernst genommen werden." Langfristig gehe es, so Stadt-Pressesprecher Kolbenstetter, um mehr als nur schnelle Abschüsse: "Wir brauchen eine tragfähige Lösung, wie wir Weidetiere und Küstenschutz dauerhaft sichern können." (wip/jp/jok/dpa)