Ferienwohnungen in Duhnen und Döse: Cuxhavener Beherbergungskonzept ist überfällig
Der Entwurf für ein Beherbergungskonzept wird in Cuxhaven kontrovers diskutiert. Es geht um die Frage, wo der Tourismus noch wachsen kann und wie sich die Stadtteile entwickeln sollen. Transparenz kann nur gut sein, meint unsere Autorin.
Das vorweggeschickt: Ich lebe gerne in einem Ferienort, freue mich über Gäste und wünsche der Branche als wichtige wirtschaftliche Stütze der Stadt gute Geschäfte - grundsätzlich. Schließlich bin auch ich leidenschaftlich gern Touristin in anderen schönen Gegenden der Welt. Daher sind mir auch kürzlich die Proteste der Einheimischen auf mehreren kanarischen Inseln nicht fern geblieben. Die Parallelen zur Situation in den touristischen Hochburgen an Nord- und Ostsee sind leicht zu erkennen und machen nachdenklich. Hier wie dort geht es nicht nur um bezahlbaren Wohnraum für die Einheimischen, sondern auch um Entfremdung.
Immer mehr gesichtslose Wohnanlagen - Tiefgarage, Mini-Balkon, größtmögliche Platzausbeute - sind in Cuxhaven in den vergangenen Jahren hochgezogen worden. Verkauft oder vermietet zu Preisen, bei denen die gutbürgerliche Mittelschicht Zaungast bleibt. Da beginnt etwas zu nagen. Viele fühlen sich ausgesperrt, wenn schon die Sportwagen auf den Modellzeichnungen dezente Hinweise auf die Klientel geben, die hier angesprochen werden soll.
Zum Zweiten ist da die schiere Masse an Häusern und Ferienwohnanlagen, die viele Straßenzüge in Strandnähe richtiggehend überzogen hat. Der Prozess hat sich seit den legendären Zeiten, in denen die Einheimischen im Sommer in die Garage zogen und den Gästen ihr Haus überließen, anscheinend über Jahrzehnte hinweg verselbstständigt. Wie konnte es so weit kommen?
Zu Zeiten von Herrn XY im Rathaus hätte es das nicht gegeben, entfuhr es einem wütenden Cuxhavener dieser Tage bei der SPD-Informationsveranstaltung in der Bürgerhalle. Als Eigentümer fühlte er sich 40 Jahre im Recht mit der Vermietung seiner drei Ferienwohnungen in einem Mehrparteienhaus. Doch die rechtliche Grundlage war eben offenbar doch nicht da. Den Zorn bekam die jetzige Verwaltung ab, der im Fall von Anwohnerbeschwerden nichts anderes übrig bleibt, als die Lage zu prüfen.
Um Transparenz herzustellen und die weitere Entwicklung im Blick zu behalten, ist das Beherbergungskonzept für Cuxhaven längst überfällig, genau wie die öffentliche Auseinandersetzung damit. Endlich wird darüber gesprochen, dass gesichtslose Infrastruktur auch Identität verdrängt und gefragt, bis zu welchen Grenzen das noch zugelassen werden soll. Die Klötze an der Duhner Spitze scheinen auch in den Köpfen mancher Ratsmitglieder einen Schalter umgelegt zu haben: Kann es wirklich immer so weiter gehen?
Allerdings bringt das Konzept, das ja in die Zukunft gerichtet sein soll, auch eine Herkules-Aufgabe mit sich: Nämlich zu klären, wie es weitergeht mit den vorhandenen Ferienwohnungen. In den stark touristisch geprägten Zonen völlig unstrittig, weiß keiner so genau, wie viele sonstige Wohnungen formal (noch) nicht genehmigt sind und welches Konfliktpotenzial das überhaupt birgt. Jedenfalls könne eine Klärung nicht dem Zufallsprinzip nach dem Motto "Der bekommt ein Verfahren und der nicht" überlassen werden, fordern Betroffene zu Recht.
Und noch ein Blick in die Zukunft: Nachdem an der Duhner Spitze nun mal steht, was dort steht, drängt sich die Frage auf, ob auch der Weg des ehemaligen Seehospitals Sahlenburg wirklich nur in den Massentourismus führen kann. Wenn ja, wünsche ich schon mal gute Reise auf der Nordheimstraße.