
Kommentar zum Umgang mit der Presse in Cuxhaven: Angriffe aus beiden Lagern
In Cuxhaven prallen bei Demonstrationen von "Gemeinsam für Deutschland" und einem Bündnis Meinungen aufeinander. Und es gerät die Pressefreiheit unter Beschuss. Aus beiden Lagern wird Kritik geübt - völlig zu Unrecht, meint unser Redakteur.
Am vergangenen Wochenende durften in Cuxhaven viele Menschen von ihrem Grundrecht der Versammlungsfreiheit Gebrauch machen. Das ist gut so! Es ist gut, dass es so etwas in Deutschland gibt - in einem Land, das es schon ganz anders erlebt hat. Die Menschen, die es erlebt haben, wie Andersdenkende in den 1930-er- und 1940-er-Jahre mundtot gemacht wurden, werden weniger. Ihre Schilderungen von Hass, Hetze und Holocaust, von Verfolgung, Vertreibung und Völkermord sollten uns allen eine Mahnung sein.
Leider kommen die Worte nicht mehr bei jedem an, mittlerweile bei vielen nicht. So ist auch das Erstarken von Rechtsextremismus zu erklären, der in Deutschland die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet. Und auch in der Politik ist der Rechtsradikalismus auf dem Vormarsch, wie die jüngste Bundestagswahl zeigte.
Die Unterstützer dieser Strömung sind nicht alle per se rechtsextrem. Doch sie sind gegebenenfalls der Nährboden für eine Gefahr. Denn in diesem Sammelsurium von Unzufriedenen sind eben doch Menschen, die mit Kalkül Unfrieden stiften, unterschwellig indoktrinieren. Diese perfide Macht der Manipulateure ist erschreckend, denn die auf den Straßen skandierten, politischen Forderungen sind mehr als platt.
Genauso einfach ist das ewige Wiederkäuen von Schimpftiraden gegen die Presse. Die Anführer der Bewegung "Gemeinsam für Deutschland" (GfD) beanspruchen jegliches Grundrecht für sich, auch eben das Recht auf freie Meinungsäußerung, wenn sie im Chor "Lügenpresse, Lügenpresse" rufen. Damit wird ein gesamter Berufsstand pauschal in Misskredit gebracht. Dabei tun diese Demagogen gar nichts dafür, dass es einen Dialog mit der Presse gibt. Unsere Fragen für eine Vorberichterstattung wurden nicht beantwortet. Ein Gespräch wurde von GfD in Aussicht gestellt, allerdings erst nach der Demo, und auch nur, wenn die Berichterstattung aus ihrer Sicht neutral war. Wir lassen uns doch nicht erpressen! Bis heute hat sich bei uns niemand gemeldet...
Dass es auch Menschen gibt, die nicht reinfallen auf die von AfD oder GfD ausgestoßenen "Weckrufe", das stimmt mich froh und auch optimistisch. Nach Angaben der Polizei waren bei der Gegendemo am Wochenende gut 1000 Personen mehr als bei dem gut 300-köpfigen AfD-Aufmarsch. Hier wurden Werte vertreten, die eine Demokratie ausmachen.
Aber, wie überall, gibt es auch hier schwarze Schafe. Damit sind jetzt nicht unbedingt die jungen, in schwarz gekleideten Störer am Rande der Demo gemeint, sondern Mitglieder aus dem "Bündnis für Respekt und Menschenwürde", die sich über unsere Vorberichterstattung vom vergangenen Freitag echauffierten, als wir mit einem Frage-Antwort-Stück für objektive Aufklärung sorgen wollten. Das ist uns gelungen, auch wenn sich die Bewegung GfD förmlich entlarvte, weil sie uns keine Antworten gab.
Wir sind kritikfähig, aber in internen Kreisen vom "Bündnis für Respekt und Menschenwürde" wurde uns Unwissenheit über deutsche Geschichte vorgeworfen. Außerdem hieß es, dass in der Zeitung den "Braunen der Teppich ausgerollt" werde. Und niemand hat in diesen Kreisen widersprochen. Das geht zu weit. Diese Pauschalisierung trifft das Verlagshaus und die Redaktion in der Gesamtheit sehr und jedes Redaktionsmitglied im Einzelnen.
Solche abfälligen Äußerungen sind kaum besser als das Skandieren "Lügenpresse" und sie konterkarieren die Ziele des Bündnisses. Uns in die Nähe von Nazis zu rücken, ist beleidigend. Das ist kein respektvoller Umgang und letztendlich ein Angriff auf die Pressefreiheit.