
Bremerhavener AWI forscht: Warum ein Dutzend Robben in Antarktis besonders aussieht
Dr. Horst Bornemann vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven (AWI) und seine Teamkollegen verwandeln Weddellrobben in der Antarktis zu wissenschaftlichen Hilfskräften. Kein leichtes Unterfangen - und die Nummer 13 steht noch aus.
Einer aus dem Team muss sich genau merken, wo sich die Weddellrobbe befindet. Links vom Hubschrauber oder rechts?Genau geradeaus? Wenn der Helikopter landet, dabei Schnee aufwirbelt, so dass zeitweilig nichts zu sehen ist, die Forscher aus der Maschine springen und hohe Eisrücken die Sicht versperren: In welcher Richtung hat dann die Robbe gelegen?
Doch Dr. Horst Bornemann vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, seine neuseeländische Kollegin Mia Wege und ihre Helfer sind eingespielt. Sie statten in dieser Antarktis-Saison Weddellrobben mit Sendern aus. Damit werden die Tiere zu wissenschaftlichen Hilfskräften. Mit den Daten lassen sich Bewegungsprofile dokumentieren und Tauchgänge. Wo haben die Robben gefressen? Warum gerade dort?

Daten kommen via Satellit zum AWI nach Bremerhaven
Wenn eine besenderte Robbe abtaucht, sammelt sie automatisch Daten. Nach einiger Zeit kehrt sie zurück an die Meeresoberfläche, um zu atmen. Währenddessen wird das aufgezeichnete Datenpaket mit Satellitenhilfe zum Bremerhavener Institut geschickt. 1996/97 hat Bornemann zum ersten Mal besendert: südliche Seeelefanten, echte Kolosse.

Der Tierarzt ist in die Polarforschung eingetaucht und untersucht unter anderem die Verbreitungsökologie antarktischer Robben. Im vergangenen Jahr war er wieder bei den Seeelefanten. Beim globalen Projekt Antarctica InSync, bei dem verschiedene Nationen von 2027 bis 2030 gemeinsame Forschungskampagnen planen, möchte die Gruppe um Bornemann gleich mit vier Robbenarten aus dem Weddelmeer arbeiten: Krabbenfresserrobbe, Rossrobbe, Weddellrobbe und Seeleoparden.
Von den Robben-Daten profitieren auch Ozeanografen
Bei der jetzt laufenden Reise mit dem Forschungseisbrecher "Polarstern" arbeitet sie eng mit Ozeanografen zusammen "Wir möchten wissen, in welchen Wasserkörpern sich die Weddellrobben aufhalten", sagt Bornemann. Das südliche Weddellmeer mit dem Filchner-Ronne-Schelfeis ist ein besonderes Gebiet für die Bodenwasserbildung. Zudem sind die Tiere genau dort besonders wichtig, wo die Forscher mit ihren Geräten schwer hinkommen: an den Übergang zwischen Meereis und Schelfeis, also der auf dem Wasser schwimmenden Platte aus Eis, die mit der Eiskappe der Antarktis verbunden ist. Bornemann: "Die Weddellrobben halten sich an diesen Übergängen gerne auf."
Aufgeklebte Sender stören die Tiere nicht
Der Bordhelikopter landet in gebührendem Abstand zu den Tieren auf dem Eis. Dann nähern sich die Wissenschaftler zu Fuß vorsichtig den Robben. Der Tierarzt schießt mit seinem Blasrohr einen Pfeil ab, um die Robbe zu betäuben. Dann geht's daran, den Sender aufzukleben. Der elektronische Helfer stört die Tiere nicht, versichert der AWI-Mitarbeiter. Beim nächsten Haarwechsel fällt er wieder ab.
Zwölf Robben hat das Team bereits besendert. Vielleicht, sagt Bornemann, schaffen sie es in der kommenden Woche, ab dem 3. oder 4. März 2025, auch für den letzten Sender eine Weddellrobbe zu finden
Klimaforschung und Argumente für den Meeresschutz
Nicht nur, dass sich die Forscher am Puls des Klimawandels befinden: "Solche Untersuchungen helfen herauszufinden, welche Meeresgebiete von besonderer ökologischen Relevanz sind", sagt Bornemann. Das wiederum spielt für die Ausweisung von Meeresschutzgebieten eine Rolle. Das AWI macht sich seit Jahren dafür stark, weite Teile des Weddellmeeres unter Schutz zu stellen.
Von Ursel Kikker