PFAS-Chemikalien im Fisch: Cuxhavener Experten klären über Risiken und Fakten auf
Eine Greenpeace-Studie zu PFAS-Chemikalien in Fisch sorgt für Verunsicherung. Wie gefährlich sind die Stoffe wirklich? Ein Blick ins Cuxhavener LAVES-Institut zeigt, wie Experten Fischprodukte untersuchen - und was Verbraucher wissen sollten.
Kürzlich sorgte eine Greenpeace-Studie für Aufsehen, die sich mit PFAS-Chemikalien (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen) in Fisch befasst. Teilweise führte das zu Unsicherheit bei Verbrauchern. In Cuxhaven, im Institut für Fische und Fischereierzeugnisse (IFF) des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) unter der Leitung von Frau Dr. Edda Bartelt, sitzen PFAS-Experten wie Dr. Yasin Kuzu die erklären können, was es mit PFAS auf sich hat.
Beim IFF Cuxhaven ist PFAS seit rund 20 Jahren eines der zentralen Schwerpunktthemen. PFAS gelangen vor allem über Lebensmittel in den menschlichen Körper, wobei Fisch und Trinkwasser besonders relevant sind. "Es ist ein sehr forschungsintensives Thema", sagt Dr. Yasin Kuzu, promovierter Chemiker beim LAVES. Das Institut untersucht Lebensmittel, betreibt Forschung, hält Fachvorträge und ist eng mit der Wissenschaft vernetzt. "Wir tragen mit unserer Arbeit dazu bei, dass das Lebensmittelrecht eingehalten wird", so Kuzu.
In den Laboren an der Schleusenstraße werden amtliche Proben aus der Lebensmittelüberwachung untersucht - unter anderem chemisch, mikrobiologisch, parasitologisch und virologisch. Dazu zählen unter anderem auch PFAS oder Tierarzneimittelrückstände. Zum Einsatz kommt dabei modernste Messtechnik wie das Massenspektrometer: "Damit können wir Nanogramm pro Kilogramm ermitteln", erklärt Dr. Kuzu.

Der 33-jährige Chemiker macht es anschaulich: "Würden wir ein Kilo Zucker im Bodensee auflösen, könnten wir das mit unseren Geräten nachweisen. Heißt: Wir sind in der Lage, auch sehr geringe Mengen PFAS im Fisch nachzuweisen."
"Es ist ein wichtiges Nahrungsmittel"
Neben PFAS werden auch Tierarzneimittelrückstände untersucht, etwa bei Zuchtgarnelen aus Asien oder Lachs aus großen Aquakulturen. Ziel ist es, zu prüfen, ob die EU-Höchstmengen überschritten werden. "In weniger als einem Prozent haben wir im Rahmen unserer Untersuchungen bedenkliche Rückstände nachweisen können", sagt Kuzu, der am Institut Prüfleiter und stellvertretender Fachbereichsleiter im Bereich der Flüssigkeitschromatografie ist.

Um PFAS in Fischen zu bestimmen, wird das Probenmaterial homogenisiert, also zu einem Brei verarbeitet. Dabei unterscheidet sich die Methode des LAVES von der Greenpeace-Untersuchung: "Greenpeace hat für ihre Studie den ganzen Fisch homogenisiert. Wir nutzen in den meisten Fällen nur das Muskelfleisch, so ist es rechtlich vorgesehen - zudem wird meistens nicht der ganze Fisch gegessen", erklärt Kuzu.
PFAS reichert sich beispielsweise in Innereien insbesondere in der Leber stärker an als im Muskelfleisch wie zum Beispiel Filet. Werden allerdings ganze Fische verarbeitet oder verzehrt, homogenisiert das Institut auch den vollständigen Fisch. "Höhere PFAS-Werte sehen wir eher bei kleineren Fischen, die üblicherweise ganz verzehrt werden, etwa bei Sprotten. Sprotten werden jedoch in der Regel nur in kleineren Mengen gegessen. Und die Menge und die Häufigkeit sind hier entscheidend", so der Experte.
Seit 2018 setzt das Institut eine weiter verfeinerte Methode ein, die noch präzisere Analysen ermöglicht. Alle Vorgaben des EU-Lebensmittelrechts werden eingehalten. Das LAVES untersucht dabei vor allem Produkte, wie sie typischerweise im Handel erhältlich sind. Die Proben stammen aus der amtlichen Lebensmittelüberwachung und werden von den zuständigen Behörden entnommen. Seitdem wurden mehr als 1000 Proben analysiert - Meeres- und Aquakulturware aus dem regulären Handel. Es handelt sich um Stichproben, doch bei Auffälligkeiten wird gezielt nachkontrolliert. "Es gibt aber auch landesweite Monitorings, bei denen verschiedene Fischarten gezielt auf PFAS untersucht werden", erklärt Kuzu. Sein Fazit: "Unsere Untersuchungen für Niedersachsen zeigen: Für typische Handelsware, darunter auch Fische aus Nord- und Ostsee, sind die PFAS-Gehalte in den letzten Jahren relativ stabil und überwiegend niedrig. Seit Einführung der EU-Höchstgehalte 2023 haben wir in unserem Zuständigkeitsbereich bei handelsüblichen Filets keine Überschreitungen festgestellt."

Wer Fisch in üblichen Mengen verzehrt, muss sich nach heutigem Kenntnisstand wegen PFAS in handelsüblichen Filets keine großen Sorgen machen. "Es ist ein wichtiges Nahrungsmittel. Das LAVES trägt mit seinen Untersuchungen dazu bei, dass Handelsware die geltenden lebensmittelrechtlichen Vorgaben einhält."
PFAS bleibt ein Problem für Umwelt und Mensch
Dr. Kuzu weist darauf hin, dass PFAS trotz Kontrollen ein Problem bleiben: Sie sind extrem langlebig, reichern sich in Umwelt, Tieren und Menschen an und können gesundheitliche Risiken bergen. Die Vielzahl unterschiedlicher PFAS erschwert die Bewertung insgesamt zusätzlich. Deshalb sind umfassende Kontrollen weiterhin unverzichtbar. Wegen ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften werden PFAS in vielen Produkten eingesetzt - etwa in Regenbekleidung, Antihaftpfannen oder fettabweisendem Papier. Über Umwege gelangen die Chemikalien ins Meer. Viele Experten und Umweltbehörden fordern daher ein weitgehendes Verbot.
Das ist das Institut
Das Institut für Fische und Fischereierzeugnisse (IFF) in Cuxhaven ist ein wichtiges Fachinstitut. Es ist nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert und zählt bundesweit zu den führenden Zentren für die Untersuchung von Fisch und Fischereierzeugnissen. Die Norm legt den weltweit gültigen Standard für die Kompetenz, Unparteilichkeit und einheitliche Arbeitsweise von Prüf- und Kalibrierlaboren fest. Das IFF Cuxhaven leistet mit seiner Arbeit einen wichtigen Beitrag zum gesundheitlichen Verbraucherschutz.