
Seehundbestand im Wattenmeer stabil: Das lässt Rückschlüsse auf die Wasserqualität zu
Vital und mobil: Die Seehundpopulation im Wattenmeer - auch vor Cuxhaven - zeigt sich stabil. Das Monitoring zeigt einen positiven Trend auf. Das lässt Rückschlüsse auf den Fischbestand und auf die Wasserqualität zu.
Vitaler und hoher Seehundbestand in Niedersachsen: Insgesamt 8443 Tiere sind in diesem Sommer während der zehn Flüge im Wattengebiet zwischen Ems und Elbe gezählt worden. Im Vorjahr waren es sogar noch etwas mehr (8557). Der Nachwuchsbestand mit 2335 Tieren hat sich hingegen um 316 Jungtiere zum Vorjahr erhöht. Das ist das Ergebnis des diesjährigen Seehundmonitorings des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES).
"Die Seehunde machen einen guten und mobilen Eindruck", teilt das LAVES mit. Die Untersuchungen hätten gezeigt, dass es "keine Hinweise auf mögliche Viruserkrankungen, wie beispielsweise Seehundstaupe oder Vogelgrippe [...], gibt". Seehunde, die tot an der Küste angespült werden, sichtbar erkrankt sind und eingeschläfert werden müssen, werden im LAVES untersucht.

Der Seehund gehört den Angaben zufolge "zu den marinen Top-Prädatoren und ist damit ein wichtiger Bioindikator für den einzigartigen Lebensraum Wattenmeer. Anzahl und Gesundheitszustand lassen Rückschlüsse auf den Fischbestand, auf die Wasserqualität und auf das empfindliche Lebensmittel Fisch zu."
Meeressäuger leiden häufig an Infektionskrankheiten und werden auch deshalb intensiv beobachtet. Im Lebensmittel- und Veterinärinstitut (LVI) Oldenburg des LAVES wurden Seehunde, Kegelrobben und Schweinswale untersucht. Regelmäßig würden insbesondere in der Lunge und auch im Darm verschiedene Parasitenarten nachgewiesen. Dies sei bei Wildtieren zunächst nichts Ungewöhnliches, müsse aber weiter beobachtet werden. Eine mögliche Ursache könnte die Beeinträchtigung der Immunsysteme der Tiere durch Umwelteinflüsse und Schadstoffbeeinflussung sein. Durchschnittlich stranden jährlich etwa 160 Seehunde an der niedersächsischen Küste.

Das LAVES will in Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung die Untersuchungen der Meeressäuger weiter ausweiten, "um noch mehr über den Gesundheitszustand des Wattenmeeres zu erfahren".
1988 und 2002 zog die Seuche "Seehundstaupe" durch die Population. 1988 reduzierte sich der geringe Seehundbestand an der Niedersächsischen Küste von knapp 2500 Tieren auf 1400.
2002 wurden 3851 Seehunde tot aufgefunden: Der Bestand von rund 6500 Tieren verringerte sich um weit mehr als die Hälfte. Im jeweiligen Folgejahr wurden lediglich 229 (1989) beziehungsweise 799 Jungtiere (2003) gezählt.

Die beste Zeit für die Zählung ist laut LAVES bei Niedrigwasser zwischen Juni und August. Die Seehunde ruhen auf den Sandbänken und können so vom Flugzeug aus gut gezählt werden. In den Sommermonaten ziehen die Seehunde ihren Nachwuchs auf, sonnen sich und wechseln ihr Fell.
Für die Zählung wird das niedersächsische Küstengebiet in etwa zwei gleich große Abschnitte unterteilt. Die beiden Kleinflugzeuge starten gleichzeitig, eines übernimmt den westlichen und das andere den östlichen Küstenabschnitt. An den Zählungen waren auch in diesem Jahr niedersächsische Jäger ehrenamtlich beteiligt, die von Wissenschaftlern des LAVES begleitet wurden. Sie verschafften sich auch einen Gesamteindruck über den Gesundheitszustand der Meeresbewohner.
"Das Wetter war für die Zählflüge gut, auch wenn es nicht nur durchweg blauen Himmel und Sonne gab, aber stürmische Winde waren die Ausnahme", heißt es. "Seehunde mögen es sonnig und ruhig, dann kommen sie an Land. Sensibel reagieren sie auf Wetteränderungen und auf Störungen durch den Menschen, dann ziehen sie sich ins offene Meer zurück."

Das jährliche Seehundmonitoring wird vom LAVES seit 2005 für Niedersachsen organisiert und koordiniert. Schon seit 1958 wird der Seehundbestand in Niedersachsen systematisch erfasst: Bis 1972 wurde von Schiffen aus gezählt und seither aus der Luft aus Flugzeugen. Grundlage für die Zählung ist seit 1990 das Internationale Seehundschutzabkommen zwischen Deutschland (Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein), Dänemark und den Niederlanden. Gemeinsames Ziel ist die Erhaltung eines dem Ökosystem angepassten vitalen Seehundbestandes. Im Rahmen dieses Abkommens starten die Zählungen dieser Länder zeitgleich, um Doppelzählungen der sehr mobilen Seehunde zu vermeiden.
Die Trilaterale Seehundexpertengruppe führt im Herbst alle Ergebnisse aus den Ländern zusammen und bewertet die Daten für den gesamten Seehundbestand im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zwischen Den Helder, Emden, Husum und Esbjerg. Das LAVES vertritt Niedersachsen in dieser internationalen Expertengruppe.