Das Baggerschiff „James Cook“ fährt auf der Elbe zwischen dem Leuchtturm Blankenese und einer Insel des Naturschutzgebiets Neßsand flussaufwärts. Foto: Wendt / dpa
Das Baggerschiff „James Cook“ fährt auf der Elbe zwischen dem Leuchtturm Blankenese und einer Insel des Naturschutzgebiets Neßsand flussaufwärts. Foto: Wendt / dpa
Baggergutverbringung

Systemwechsel in der Elbe-Baggerei: Effizienter, günstiger, umweltfreundlicher?

von Ulrich Rohde | 21.07.2025

Ein Systemwechsel in der Baggerei auf der Elbe könnte bevorstehen: Bagger ohne Laderaum könnten künftig effizienter, kostensparender und umweltschonender den Transport von Sedimenten übernehmen. Doch nicht alle sind davon überzeugt.

Die politische Unterstützung für das Projekt Systemwechsel in der Baggerei wächst. Das Vorhaben einer Arbeitsgruppe um den Cuxhavener Ingenieur Jürgen Grzeskowiak ist weit gediehen und hat zum Ziel, die derzeit von privaten Reedereien betriebene Unterhaltung der Bundeswasserstraßen in Teilen durch Bagger ohne Laderaum zuzüglich Transportschiffe in staatlicher Eigenregie zu ersetzen.

Transportschiffe zur Ölbekämpfung ausrüsten

Die Vorteile dieses Systemwechsels erscheinen mannigfaltig: Bagger ohne Laderaum lassen sich effizienter und produktiver einsetzen als die Laderaumbagger, die derzeit auf den deutschen Flüssen unterwegs sind. Das spart dem Steuerzahler vor allem auf längeren Strecken von der Bagger- bis zur Verklappungsstelle viele Millionen Euro. Zugleich wären diese Schiffe umweltschonender, weil sie mit ökologisch verträglicheren Antrieben ausgerüstet werden würden. Und schließlich könnten die Transportschiffe so ausgerüstet werden, dass sie im Havariefall zur Ölbekämpfung sowie zur Aufnahme von über Bord gegangenen Containern eingesetzt werden könnten. Die Arbeitsgruppe wird begleitet von der Rönner Gruppe aus Bremerhaven, die mehrere Werften im norddeutschen Raum betreibt. Das Baggersystem genießt den Schutz als Gebrauchsmuster.

Wie schon zuvor durch Enak Ferlemann, wird die Systemumstellung in der Instandhaltungsbaggerei durch den Cuxhavener Bundestagsabgeordneten Christoph Frauenpreiß (CDU) politisch unterstützt. Er ist im Verkehrsausschuss des Bundestages auf Seiten der Union für Seeschifffahrt zuständig. Darüber hinaus genießt das Thema auch beim Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft und Tourismus, dem Hamburger CDU-Abgeordneten Christoph Ploß, Wohlwollen.

Planungsmittel für 
Pilot-Projekt freimachen

Ziel ist es, für den Bundeshaushalt 2026 zunächst Planungsmittel für ein Pilotprojekt freizumachen, um mit dem Bau und Einsatz eines von der Grzeskowiak-Arbeitsgruppe konzipierten Baggers mit Transportschiffen die Effizienz dieses System in der Praxis unter Beweis zu stellen. Florian Oßner, Obmann im Haushaltsausschuss der CDU/CSU Bundestagsfraktion, hat dafür in einem Schreiben vom 1. Juli bei den anstehenden Haushaltsberatungen volle Unterstützung zugesagt. Der Zuspruch von politischer wie fachlicher Seite für den Systemwechsel ist vorhanden. Nur eine Fachbehörde blockt bislang beharrlich, für die die Umstellung einen erheblichen Einfluss auf das Sedimentmanagement im Hafen, die gegenwärtige Kreislaufbaggerei, haben könnte: Die Hamburger Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA).

Kreislaufbaggerei unsinnig und ökologisch bedenklich

Während Prof. Dr. Götz Wiese, ehemals wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, schon vor zwei Jahren vor der auf die Hansestadt zukommende Kostenexplosion durch die "unsinnige Kreislaufbaggerei" Kostenexplosion gewarnt und eine "AWZ-taugliche Sedimentenflotte" eingefordert hatte, dämpft die HPA vorschnelle Erwartungen.

Derzeit werden die Sedimente unmittelbar vor dem Hamburger Hafen auf Höhe Neßsand wieder abgelagert. Sie gelangen dadurch sehr rasch wieder in den Hafen, wo sie wiederum ausgebaggert werden müssen. Die zahlreichen Umlagerungsvorgänge gelten als ökologisch äußerst nachteilig. Ein Teil des Schlicks, der stärker mit Schadstoffen belastet ist, wird mit Genehmigung des Landes Schleswig-Holstein unterhalb Helgolands bei der Tonne E 3 verbracht. Ein weiterer Teil geringer belasteter Sedimente wird in der Außenelbe verklappt. Ziel ist es, Verbringstellen zu schaffen, die sich noch weiter in der Nordsee befinden. Dafür sind mehrere Optionen (Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) nordwestlich Helgolands, Tiefwasserreede südwestlich Helgolands) benannt, die mit den zuständigen Behörden des Bundes gemeinsam verfolgt werden.

Längerfristiges Sedimentkonzept? Fehlanzeige

Vor knapp drei Jahren hatten sich die Länder Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie der Bund mit der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt darauf verständigt, ein längerfristiges Sedimentkonzept zu verwirklichen, das der gemeinsamen Verantwortung für die Tideelbe, das Weltnaturerbe Wattenmeer, die Bewirtschaftung der Oberflächen-, Küsten- und Meeresgewässer sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Seehäfen, insbesondere des Hamburger Hafens als national bedeutsame Infrastruktur Rechnung trägt. Als Umsetzungszeitrahmen wurde damals 2025 anvisiert. Daraus ist nichts geworden.

Anfang 2026 überarbeiteten Antrag ans BSH stellen

Wie Claudia Flecken, bei der HPA zuständig für das Sedimentmanagement, in einem aktuellen Schreiben an Jürgen Grzeskowiak ausführt, sei mit der Genehmigung für die Baggergutverbringung in die AWZ zeitnah nicht zu rechnen. Die HPA beabsichtige "auf Basis der zahlreichen Rückmeldungen und Nachforderungen aus den Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange, Anfang 2026 einen überarbeiteten Antrag beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie einzureichen". Flecken: "Ob, wann und mit welchen Auflagen das BSH eine Genehmigung erteilt, liegt nicht in unseren Händen."

Insgesamt sieht Flecken den Einsatz von Baggern ohne Laderaum mit Transportschiffen in Eigenregie skeptisch: "Eine sehr maßgebliche Randbedingung sind die aus ökologischen Gründen bestehenden zeitlichen Restriktionen an den verschiedenen Verbringstellen. Diese lassen eine ganzjährige und kontinuierliche Auslastung einer Gerätekette im Eigenbetrieb nicht zu bzw. beeinflussen maßgeblich die Wirtschaftlichkeit eigener Geräte."

Genehmigungsrechtliche Randbedingungen aus dem AWZ-Verfahren abwarten

Die HPA-Mitarbeiterin hält einen "transparenten Vergleich zwischen heutigen Einheitspreisen (Kosten pro Tonnen Trockensubstanz) im Fremdbetrieb und den Gesamtkosten in einem zukünftigen ,gemeinschaftlichen' Eigenbetrieb" für eine Voraussetzung, um überhaupt über den Eigenbetrieb nachzudenken. Um dies für Hamburg beurteilen zu können, seien die verbindlichen, genehmigungsrechtlichen Randbedingungen (unter anderem Mengen, zulässige Einbringtechnik, ökologische Einschränkungen) aus dem AWZ-Verfahren abzuwarten. Claudia Flecken abschließend in ihrem Schreiben an Jürgen Grzeskowiak: "Daher würden wir zu einem späteren Zeitpunkt mit gesicherten Kenntnissen der zukünftigen Unterhaltungspraxis die Diskussion mit Ihnen und weiteren Experten aufnehmen." Dieser Satz findet sich fast gleichlautend in einem Schreiben, das sie bereits 2021 zum gleichen Thema an Grzeskowiak gerichtet hat.

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Redaktionsleiter
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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