Willkommen im cleanen Kinderzimmer

Als mir kürzlich das Foto entgegenfiel, das während der gesamten Kindergartenzeit meiner Tochter an der Eingangstür ihre An- und Abwesenheit angezeigt hatte, zuckte selbst ich zusammen. Diese Mixtur aus Mustern und Farben konnte doch unmöglich ich ihr angezogen haben? Offenbar ließen die Ausläufer der farbenfrohen 80er-Jahre auch Mitte der 90-er noch Kombinationen zu, die heute undenkbar wären. Im Nachhinein vermute ich, dass sie an dem Tag nach einem Schlammbad im Garten aus der Kleiderkiste der Kita eingekleidet worden war (hoffentlich!).

Eine solche Geschmacksverirrung könnte heute selbstverständlich nicht mehr passieren. Clean muss der Look sein, am liebsten noch "sad beige" (trauriges Beige), das einer ganzen Stilrichtung seinen Namen verliehen hat. Das Baby von heute trägt offenbar Beige, Cremeweiß, allenfalls noch zartes Rostrot und Senfgelb und passt sich damit der Einrichtung an. Da trifft es sich doch, dass sich gerade mal wieder eine Studie mit der Frage befasst hat, ob das Aufwachsen in farblosen Wohnungen die Entwicklung von Kindern beeinträchtigen kann. Wo schließlich bleibt die sensomotorische Vielfalt ohne reichhaltige Sinneseindrücke? Wird gar die Entwicklung der Kleinen durch eine monotone Umgebung beeinträchtigt?

Verschiedene Fachleute werden zur Interpretation bemüht, jedoch ist das Netz auch voll von Gegenstudien, die sagen: Leute, bleibt entspannt. Solange Babys von Menschen umgeben sind, die sie lieben, mit ihnen sprechen und sich mit ihnen beschäftigen, brauchen Eltern sich ums Styling nicht allzu viele Gedanken zu machen. Sobald die ersten Geschenke eintreffen und die Kleinen - später dann - von den ersten Serienhelden in der Welt da draußen erfahren, ist der Zug sowieso abgefahren und plötzlich bestimmt der Nachwuchs, womit gespielt wird und was morgens in den Kindergarten angezogen wird.