Lange Haare und psychedelische Musik: Die Jugend rebellierte in den Jahren um 1968 auch modisch und beim Musikgeschmack gegen die althergebrachten gesellschaftlichen Konventionen. Foto: Museum für Kommunikation Berlin
Lange Haare und psychedelische Musik: Die Jugend rebellierte in den Jahren um 1968 auch modisch und beim Musikgeschmack gegen die althergebrachten gesellschaftlichen Konventionen. Foto: Museum für Kommunikation Berlin
8. Serienteil

68er im Cuxland: Blümchen, Beat, Bundeswehr

von Christian Mangels | 29.11.2018

KREIS CUXHAVEN. 1968 - ein Jahr, das vielfältigste Assoziationen und Erinnerungen provoziert.

Die einen denken an Protest und Revolte, andere an ein bewegendes Gefühl des Aufbruchs. Bis heute polarisieren die sogenannten "68er". Zum Abschluss unserer Serie "Die 68er im Cuxland" lassen wir unsere Leser und Leserinnen zu Wort kommen: Wie haben sie die Jahre um 1968 erlebt?

Erika Semken aus Hemmoor war in der wilden 68er-Zeit 17 Jahre alt und besuchte das Gymnasium Warstade. Wild ging es dort aber eher nicht zu: "Die 1960er-Jahre verliefen auf dem Land eher beschaulich, für manche auch langweilig." Die Sommertage verbrachte die Hemmoorerin im Freibad Basbeck, das damals noch "Badeanstalt" genannt wurde: "Dort knüpfte man auch erste Kontakte zum anderen Geschlecht." Wer ein bisschen mehr erleben wollte, fuhr per Anhalter nach Cuxhaven oder Stade. "In Stade ging es jeden Sonntag ins 'Tivoli'. Dort gab es Tanznachmittage mit Live-Gruppen wie den 'Torpids' oder den 'Blizzards'", blickt Erika Semken zurück. Auch in der Schützenhalle Warstade gab es mitunter Beat-Abende. "Nachts musste man dann zusehen, wie man nach Hause kam."

Fritz Schlichting aus Wanna hat noch lebhafte Erinnerungen an den Sommer 1968: "Im Juli 1968 war sehr schlechtes Erntewetter, es regnete wochenlang. Die Landwirte konnten die Gerste, den Weizen, Hafer und Roggen nicht abmähen." Schlichting, Jahrgang 1947, war damals bei der Bundeswehr in Buxtehude. "Mein Vater reparierte in unserer Schuhmacherwerkstatt die Bindelaken der Selbstbinder, womit die Landwirte ihr Korn mähen konnten. Ich bekam zur Unterstützung meines Vaters vier Wochen Sonderurlaub von der Bundeswehr, der aber im Dauerregen verging. Und so erhielt ich zwei weitere Wochen Sonderurlaub. Mehr ging aber nicht, sonst hätte ich die Zeit nachdienen müssen..."

Rudi Zimmeck, langjähriger Pressesprecher der Landtagsfraktion der niedersächsischen Grünen, hat sich mit einem "Modefoto" an unserem 68er-Aufruf beteiligt. Es wurde Ostern 1968 in seinem Jugendzimmer in Cadenberge aufgenommen: "Jeansjacken, Blümchenhemden und Nickelbrillen waren damals angesagt. Aber der wirkliche Hit war mein gelber Südwester, den ich bei Regen und bei Sonnenschein zu meinem Parka getragen habe, vorzugsweise auch in geschlossenen Räumen. Total cool!"

Und was war in der Stadt Cuxhaven los? Alles ruhig? Von wegen. "Die 68er-Revolte schwappte sehr wohl nach Cuxhaven", erzählt Virginia Stüben, die 1968 am Gymnasium für Mädchen ihr Abitur gemacht hat. "Böse Leute sägten den Weihnachtsbaum auf dem Schleusenpriel um und die großen Jungs fuhren zur Springer-Blockade nach Hamburg. So weit waren wir Mädchen noch nicht, uns allein auf den Weg zu machen." Virginia Stüben begeisterte sich damals für die Beat-Musik, die in der Nordseestadt eine große Rolle spielte: "In jeder Scheune probte irgendeine Band." Ihr Lieblingsort war der legendäre "Club 99" in der Bernhardstraße - "jeden Samstag eine andere Live-Band".

Und modisch? "Mein letzter Modeschrei waren damals selbst gehäkelte Mini-Röcke, so eng, dass ich kaum die Treppe in der Schule hochkam", erinnert sich Virginia Stüben.

Michael Siebers, ebenfalls aus Cuxhaven, steckte 1968 in der Berufsausbildung zum Fotografen bei der Firma Foto-Herzberg. In seiner Freizeit spielte die Musik eine große Rolle: "Dienstag und Donnerstag habe ich im Haus der Jugend mit einem Freund Platten aufgelegt." Musikalisch ging es auch bei dem Cuxhavener Peter Schaffer zu: Er und sein Kumpel Wolfgang Lang waren Ende der 60er-Jahre Mitglieder einer Berufsschulband. Die Cuxhavener Zeitung berichtete damals über einen Auftritt in der "Sonne": "Zwei junge Berufsschüler warteten mit moderner Musik auf und bewiesen, dass sie ihre elektrischen Gitarren meisterhaft beherrschten."

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Christian Mangels

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Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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