Anfang der 70er-Jahre pilgerten rund 3600 Musikfans und Blumenkinder in die Grimmershörnbucht, um das "Free Festival" zu feiern. Bekannte Bands wie "Novalis" und die "Jazzlips" traten dort auf. Natürlich war die Veranstaltung auch ein modisches Schaulaufen. Foto: Speckmann/Matthiesen
Anfang der 70er-Jahre pilgerten rund 3600 Musikfans und Blumenkinder in die Grimmershörnbucht, um das "Free Festival" zu feiern. Bekannte Bands wie "Novalis" und die "Jazzlips" traten dort auf. Natürlich war die Veranstaltung auch ein modisches Schaulaufen. Foto: Speckmann/Matthiesen
3. Serienteil

Als die Hippie-Mode ins Cuxland kam

25.10.2018

KREIS CUXHAVEN. Schluss mit konservativen Kostümen: 1968 trugen junge Leute im Kreis Cuxhaven plötzlich Jeans und Folklorekleider.

Auch im Cuxland schwärmte die Jugend für Minirock und Hippie-Look. Manches ist heute wieder hip.

Eine Generation, die sich gegen das Establishment auflehnt, muss das auch in ihrer Kleidung zeigen. Ende der 1960er-Jahre gilt nicht mehr als modebewusst, wer sich noch wie seine Mutter die teure Haute-Couture-Mode aus Paris erträumt. Gefeiert wird, wer für Aufsehen oder gar Entrüstung sorgt. So wie etwa Uschi Obermaier mit ihrer körperbetonten Kleidung oder Rainer Langhans mit den zotteligen Haaren. Das (Kurzzeit-)Paar lebte Ende der 60er in Berlin in der legendären "Kommune 1" - dem damaligen Sinnbild für Provokation.

Völlig klar: Der Ausgangspunkt für die 68er-Bewegung und die damit verbundene Mode-Revolution mit zerrissenen Jeans, blumigen Hemden und fransigen Haaren waren die Großstädte. Doch peu á peu schwappten die Revoluzzer-Dresscodes auch in die kleineren Städte und aufs Land.

"Das wichtigste Kleidungsstück für Mädchen war damals natürlich der Minirock", erinnert sich die Hemmoorerin Erika Semken, Jahrgang 1951. "Wenn man das Haus verließ, hatte der Rock noch eine halbwegs normale Länge. Kaum war man um die Ecke gebogen, wurde der Rock umgekrempelt bis zur gewünschten Länge." Als Vorbild galt das englische Model Twiggy, die mit ihrer schmalen Figur, Bubikopf und kurzen Röcken den "Swinging Sixties" ein Gesicht gab.

Auf dem Land lief dieser Trend freilich "in gemäßigter Form" ab, wie Kurt Wienberg, Seniorchef des Lamstedter Modehauses Wienberg, zu berichten weiß. Junge Frauen, die einen Bezug zur Großstadt hatten, griffen eher zum Minirock als Damen, die ganz und gar ins ländliche Leben eingebunden waren.

Bei den Männern war als Gegenentwurf zu Anzug, Krawatte und Hemd Arbeiterkleidung angesagt: Jeans, altgediente Cordhosen, Lederjacken. Als Antikriegssymbol tauchte der Parka wieder auf - ein Uniformstück der US-Army, das sich nun in einem pazifistischen Zusammenhang wiederfand.

Natürlich spielten auch die Symbole der Hippie-Bewegung eine große Rolle - Blumenkleider, Schlaghosen, Jesuslatschen und wallende Batikgewänder. Das von den Cuxhavenern Jürgen Schubel und Bernd Michaels Anfang der 70er-Jahre organisierte "Free Festival" in der Grimmershörnbucht (Vorläufer des "Sommerabends am Meer") gilt als Höhepunkt der hiesigen Hippie-Welle. Und es war gleichzeitig ein modisches Schaulaufen der norddeutschen Blumenkinder.

Und die Frisuren? Frauen wie Männer trugen die Haare lang und offen. Alles sollte ungehemmt sprießen. "Lange Haare waren das Protestzeichen schlechthin", sagt der Berliner Helmut Beckmann, der damals 18 Jahre alt war und in Otterndorf lebte. "Man trug lange Locken oder glatte Schnittlauchhaare. Dazu ging man barfuß." Dazu kam der Wunsch nach einer unverkrampften Beziehung zum eigenen Körper und seiner Sexualität.

Bis heute ist die Mode der 68er-Bewegung ein großes Thema. "Das war damals eine wegweisende Zeit, die auch heute noch Bestand hat", sagt Mareike Bogdon, Inhaberin des Cuxhavener Modegeschäfts "Tomi Tinka". Auch wenn die "Sixties" in den derzeitigen Modetrends eher eine Nebenrolle spielen, komme das Thema immer wieder. Der Faden werde ja schließlich nicht neu erfunden. "Und der Minirock ist sowieso immer dabei", meint Mareike Bogdon.

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