"Auf ein Bier" in der Cuxhavener "Schifferbörse"
CUXHAVEN. Wer ein gemütliches Feierabendbier trinken und dazu noch eine Kleinigkeit essen möchte, der ist in der "Schifferbörse" in der Neuen Reihe genau richtig. Von Jara Tiedemann
Für das leibliche Wohl sorgten viele Jahre Elisabeth und ihr Mann Uwe Dede. Vor sechs Jahren verstarb er plötzlich. Seitdem schmeißt die 64-Jährige den Laden allein. Ganz allein.
Mit einem breiten Lächeln begrüßt mich Elisabeth. Sie strahlt übers ganze Gesicht. Und das, obwohl sie mit ihren 64 Jahren wahrscheinlich mehr arbeitet als die meisten von uns.
Sechs Tage die Woche schenkt sie nicht nur Bier aus, sondern steht auch in der Küche, kümmert sich um den Einkauf und managt auch sonst alles. Seitdem ihr Mann Uwe nicht mehr da ist, muss sie das auch. Mit Aushilfen habe sie es versucht, aber jemanden zu finden, der wirklich zuverlässig ist, sei gar nicht so einfach. „Da mache ich es lieber selbst“, sagt die gebürtige Österreicherin.
Vor gut 45 Jahren machte Elisabeth mit einer Freundin Urlaub in Cuxhaven und lernte ihren späteren Ehemann Uwe kennen. „Eigentlich wollten wir nur für den Sommerurlaub bleiben.“ Daraus geworden sind nun 45 Jahre. Im April 1984 übernahmen die beiden die „Schifferbörse“, die bereits seit 1971 existiert. Ursprünglich eine reine Kneipe. Schon immer gehörten aber vier Fremdenzimmer dazu, gleich eine Etage darüber.
„Wir haben klein angefangen und dann nach und nach unsere Speisekarte erweitert. Ein bisschen was essen muss man ja auch.“ Gute Hausmannskost gibt es bei Elisabeth. Erbsensuppe, Schollenfilet oder Fisch-Schnitte. „Und wer rechtzeitig nach einem Brathendl fragt, der bekommt auch das“, sagt die Österreicherin, die ihre Kochkünste ihrer Mutter zu verdanken hat.
Aber Kochen, Bier zapfen und für die Gäste da sein – alles zur selben Zeit und alles allein? „Das Wichtigste ist, Ruhe bewahren“, lautet Elisabeths Devise. „Meine Gäste wissen, dass ich hier allein bin und haben Geduld und Verständnis, wenn sie mal ein paar Minuten warten müssen.“
Ihre Gäste, das sind ehemalige Seeleute, Rentner, Kurgäste und Vereinsleute. „Weil man hier in Ruhe sein Bierchen trinken kann.“ Viele von ihnen sind über die Jahre zu guten Freunden geworden. „Von einigen kenne ich die ganze Familiengeschichte.“ Und wenn die Hütte mal brennt, kann es auch schon mal passieren, dass einer von ihnen das Zapfen übernimmt.
Seit einiger Zeit kommen außerdem wieder viel mehr Cuxhavener in die „Schifferbörse“. „Es gab eine Zeit, da fanden viele die Einrichtung hier altmodisch. Mittlerweile scheinen die Leute aber wieder dieses Urige, Maritime und Authentische zu mögen“, freut sich Elisabeth.
Zu Recht. Denn an den Wänden hängen nicht nur unzählige Fotos von Schiffen und Kuttern. Auch Holzboote, echte Krebse, Krokodile, Schiffsschrauben, Rettungsringe, Seemannsfiguren oder Steuerräder kann man bestaunen. Nicht zu vergessen die vielen Seemannsknoten von „Knoten-Peter“. Dazu kommt eine Sammlung von über 300 kleinen Schnapsfläschchen, die Gäste nach und nach mitgebracht haben und nun hinterm Tresen im Regal stehen. Zu gucken gibt es hier jedenfalls genug, denke ich. Da ist auch die Wartezeit aufs Schnitzel schnell vergessen.
In ihren 35 Jahren hat Elisabeth nicht nur viele Gäste kommen und gehen gesehen. Auch viele Wirte, die es in Cuxhaven nicht geschafft haben. „Die Gastronomie ist ein hartes Brot. Viel Arbeit, kaum Freizeit. Da braucht man Durchhaltevermögen.“ Und das hat die 64-Jährige. Erst ein Mal hat sie in in diesem Jahr die Grimmershörnbucht gesehen. „Weil ich keine Zeit dafür habe. Aber ich lasse mir einfach von den Gästen erzählen, was es so Neues in der Stadt gibt“, sagt sie und grinst. Eine echte Powerfrau, denke ich.
„Wenn ich Rentnerin bin, muss ich Cuxhaven erst einmal richtig kennenlernen.“ Das könne aber noch ein paar Jährchen dauern. „Der Laden ist das Lebenswerk von meinem Mann und mir. Und nichts zu tun, das ist nichts für mich. Ich muss was um die Ohren haben. Ich glaube, mein Mann wäre stolz auf mich.“ Ja, das wäre er ganz sicher, denke ich.