Thomas Bornschein und andere Autofahrer mit auswärtigem Kfz-Kennzeichen wurden in Cuxhaven per Zettelbotschaft angepöbelt, sie sollen sofort die Stadt verlassen. Bornschein schüttelt traurig mit dem Kopf: "Ich lebe seit zwei Jahren in Cuxhaven und bin hier auch gemeldet." Foto: Bornschein
Thomas Bornschein und andere Autofahrer mit auswärtigem Kfz-Kennzeichen wurden in Cuxhaven per Zettelbotschaft angepöbelt, sie sollen sofort die Stadt verlassen. Bornschein schüttelt traurig mit dem Kopf: "Ich lebe seit zwei Jahren in Cuxhaven und bin hier auch gemeldet." Foto: Bornschein
Stimmungslage in der Krise

Beschimpfungen in Cuxhaven nehmen zu: Pöbeleien wegen Kfz-Kennzeichen

von Christian Mangels | 24.03.2020

KREIS CUXHAVEN. Die Corona-Krise treibt wilde, entwürdigende Blüten: Das erleben im Kreis Cuxhaven momentan Autofahrer, deren Fahrzeug ein auswärtiges Kennzeichen trägt. Sie werden für Urlauber gehalten, beleidigt und aufgefordert, in die Heimat zurückzukehren.

Thomas Bornschein ist sauer. Der gebürtige Sachse lebt seit zwei Jahren in Cuxhaven, ist hier auch ganz offiziell gemeldet. So weit, so gut. Doch jetzt wird er als "ignoranter Corona-Tourist" und "Egoist" beschimpft. "Und alles nur wegen meines Autokennzeichens", sagt der Koch. Statt "CUX" steht "BZ" (für Bautzen) auf seinem Kfz-Schild. Hintergrund: Seit Januar 2015 dürfen Autokennzeichen bei einem Umzug bundesweit mitgenommen werden - ein neues Nummernschild ist nicht mehr nötig.

Diese Regelung ist bei einigen Mitbürgern offensichtlich noch nicht angekommen: Am Montagvormittag fand Bornschein einen Zettel an seinem Fahrzeug. "Haben Sie den Schuss nicht gehört?" steht darauf zu lesen. Der Autor der unfreundlichen Zeilen fordert den Fahrzeughalter auf abzureisen. "Wir wollen keinen Corona-Tourismus in Cuxhaven, erst recht nicht aus NRW." Er habe das Kfz-Kennzeichen fotografiert, so endet die Nachricht des unbekannten Zettelschreibers.

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Kampf gegen die Dummheit

Thomas Bornschein weiß angesichts dieser Provokation nicht, ob er lachen oder weinen soll. "Wer auch immer das war, ich hoffe, die restlichen Cuxhavener denken vernünftiger", sagt er. Und: "Der Kampf gegen den Virus ist das eine, aber jetzt noch gegen Dummheit."

Bornschein hat die Zettel-Hassbotschaft ins Internet gestellt. Der Zettel ging viral, das heißt er hat sich in Windeseile über das Netz verbreitet. Viele Internet-Nutzer zeigten sich solidarisch mit dem 29-Jährigen und verurteilten das Hass-Schreiben.

Thomas Bornschein ist nicht der einzige, der in diesen turbulenten Tagen Anfeindungen ausgesetzt ist. Auch andere Cuxland-Bewohner oder Geschäftsreisende, die mit einem auswärtigen Kfz-Kennzeichen im Kreis Cuxhaven unterwegs sind, wurden schon beschimpft oder mit Zettelbotschaften zur Abreise aufgefordert.

Oberbürgermeister: "Ihr macht Euch strafbar"

Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer will das nicht länger hinnehmen und richtet eine klare Botschaft an die "selbst ernannten Ordnungshüter": "Bitte lasst es sein, solche Zettel zu schreiben. Ihr macht Euch strafbar und daran haben wir alle kein Interesse." Er weist darauf hin, "dass einige Menschen mit auswärtigem Kennzeichen in Cuxhaven gemeldet sind oder zumindest hier arbeiten. Diese Mitbürger könnten vielleicht bei der Polizei arbeiten und Sie schützen, könnten in der Klinik arbeiten und Ihr Leben retten oder vieles andere mehr." Um Provokationen aus dem Weg zu gehen, haben sich einige Kfz-Halter mit auswärtigem Kennzeichen jetzt Parkschilder ins Auto gelegt: "Dieses Fahrzeug ist in Cuxhaven gemeldet. Es wollte gerne sein altes Kennzeichen behalten, was erlaubt ist."

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Christian Mangels

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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