
Bogenschießen im Selbstversuch: So schlug sich der CN/NEZ-Sportreporter
CUXHAVEN. Um einmal einen Einblick in die Bandbreite der hiesigen Sportlandschaft zu geben, wagen wir CN/NEZ-Sportredakteure Selbstversuche. In unserer Serie "Sportlich von A bis Z" präsentieren wir ausgewählte Sportarten. Wer A wie American Football sagt, muss auch B wie Bogenschießen sagen.
Schon die Auswahl des Equipments beansprucht Zeit. Der Unterarmschutz soll mich vor fiesen blauen Flecken verschonen, denn bei so manchem Anfänger knallt die Sehne beim Abschuss schon mal an den Arm. Und die Finger, mit denen die Sehne gespannt wird, könnten in Mitleidenschaft gezogen werden. Ein sogenannter Fingertab soll Abhilfe leisten. Die Pfeillänge bestimmt Trainer Bönecker für mich, nachdem ich meine Arme ausgestreckt habe. Zuerst sollen es Aluminium-Pfeile sein, später erfolgt der Wechsel auf Carbon. Die Pfeile kommen in den Köcher. Nun das entscheidende Teil, der Recurvcebogen, das ist ein Bogen mit Visier. Im Gegensatz dazu gibt es noch den Blankbogen. Für Rechtshänder, die richtige Größe und am Anfang nicht so eine große Spannung - so soll er sein. Solch eine Grundausrüstung, mit der eine Turnierteilnahme möglich ist, ist ab etwa 300 Euro zu haben. Profis blättern locker zehn Mal so viel hin. Gerade bei dem Bogen sind preislich große Spannen vorhanden.
Mittlerweile sind einige von Carsten Böneckers Mitstreitern von Rot-Weiss Cuxhaven eingetroffen. Das Alter reicht von zehn bis etwa 70 Jahre. "Etwa ab zehn Jahren ist der Bogensport geeignet, aber das muss man am Ende doch individuell betrachten", schränkt der Spezialist ein. Die kleinen Steppke neben mir zielen auf eine zehn Meter entfernte Scheibe. "Mit dem Abstand fängst Du auch an", erklärt Trainer Carsten.
Kein Finger berührt den Pfeil
Erst einmal richtet er mich sozusagen ein. Die Füße stehen parallel zueinander, als Rechtshänder zeigt meine linke Schulter in Richtung Scheibe. Die linke Hand ist am Griff des Bogens, mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger wird die Sehne gespannt. "Aber kein Finger berührt den Pfeil", mahnt Carsten, denn: "Schon der kleinste Kontakt kann die Flugbahn negativ beeinflussen." Der Pfeil wird auf die aus Kunststoff hergestellte und am Bogen befestigte Pfeilauflage platziert. Das Endstück, das zu mir zeigt, wird am Nockpunkt auf der Sehne eingeführt. Beim Spannen des Bogens strecke ich weisungsgemäß den linken Arm ganz durch. "Den rechten Arm und den Ellbogen höher, die müssen auf Höhe der linken Hand", so Carsten.
Das war es aber noch nicht. Es gibt weitere Stellschrauben bis zur vernünftigen Haltung. Sehne sollte bis an die Nasenspitze herangezogen werden. "Und mit dem rechten Auge anvisieren, nicht mit dem linken", korrigiert mich Carsten, und er fügt hinzu. "Als Rechtshänder visierst Du mit dem rechten Auge." Ungewohnt für mich, ist mein Lieblingsauge doch eher das linke. Weil das Justieren des Anfängerschützen recht lang gedauert hat, beginne ich zu zittern. Ich setze noch mal ab, um noch einmal neu anzusetzen. Ich peile das vorn am Bogen angebrachte Visier an und ziele auf die Mitte der Scheibenauflage - auf die goldene Mitte. Bogenschützen sollten nämlich nicht ins Schwarze treffen, das wäre ein äußerer Ring, der lediglich drei oder vier Punkte bringt. Das Gold bringt neun oder zehn Zähler.
Ich lass meinen ersten Pfeil los, er bohrt sich links unten in die Scheibe - ins Schwarze. Ich ärgere mich, doch Carsten beruhigt mich: "Ich stell' noch mal was am Visier ein und dann zielst Du genauso wie vorher." Gesagt, getan - den roten Kreis getroffen, immerhin eine Sieben. Der dritte Pfeil zischt ab und landet direkt daneben, aber im blauen Bereich, eine Sechs. "Recht gleichmäßig, das ist gut, da drehen wir noch mal am Visier", so Carsten. Und tatsächlich, es wird noch besser. Gold Neun, Rot Acht - und dann Schwarz Vier. Die Kontinuität fehlt. Der Bewegungsablauf müsse sich erst automatisieren, die vielen kleinen Stellschrauben beim Schützen selbst müssen verinnerlicht werden.
Nach der Zehn ist die Luft raus
Jetzt habe ich richtig Gefallen gefunden, die Trefferquote wird höher. Trainer Carsten merkt dies auch, erhöht die Anforderungen. Es geht nun auf die 18 Meter entfernte Scheibe, bei den Spezialisten ist das Ziel 90 Meter weit weg. Mit einem anderen Bogen beginnt das Ritual von vorn. Nach den ersten Pfeilen dreht Carsten am Visier und es klappt. Meine beste Dreierserie: Zehn, Neun, Acht - mit Feuereifer will ich noch besser werden, aber die Luft ist raus. Nach zwei mittelmäßigen Pfeilen schießt der dritte an der Scheibe vorbei. "Mach mal ‘ne Pause", rät Carsten mir und schenkt uns einen Kaffee ein. Die Ruhe und Gelassenheit, die er ausstrahlt, ist der Schlüssel zu seinen unzähligen Erfolgen. Aber es gehört schon noch mehr dazu: "Die körperlichen Voraussetzungen müssen auch stimmen, denn ohne Kraft geht das nicht."
Und wie Recht er damit hat, merke ich zum Ende hin, als der doch stärkere Bogen bei nachlassender Kraft ein Zittern hervorruft - und je länger ich bei gespanntem Bogen anvisiere, desto zittriger werde ich. Ich lege das Sportgerät für heute beiseite, aber ich komme bestimmt mal wieder vorbei...
Mehrere Vereine:
In der Region gibt es mehrere Möglichkeiten, Bogenschießen zu betreiben.
Seit vielen Jahren gibt es in Cuxhaven zwei Vereine, die diese olympische Sportart anbieten.
Da gibt es zum einen den SC Schwarz-Weiß Cuxhaven, Feldweg 66/68, Telefon (0 47 21) 55 46 11. Dieser Verein hat seine Anlage direkt neben dem dortigen Klubheim.
Der andere Cuxhavener Verein ist Rot-Weiss, Leutweinstraße 1, Telefon (0 47 21) 3 64 34. Diese Abteilung hat ihr Trainings- und Wettkampfgelände neben dem zweiten Brockeswalder Sportplatz.
Seit September 2018 wird auch beim TSV Otterndorf, Sophienweg 3, Telefon (0 47 51) 91 21 21, Bogenschießen angeboten.
Und recht jung ist auch der Bogen- und Sportverein Land Hadeln. Der Verein hat ein sein Domizil auf der Anlage des ehemaligen Schützenvereins Süderleda im Ortsteil Haubusch in Wanna. Kontakt gibt es unter Telefon (0 47 22) 5 06.
Neben diesen vier genannten Vereinen, die auf Meisterschaften präsent sind, gibt es auch einige Schützenvereine in der Region, die Bogenschießen anbieten.