Brexit und Quotenkrieg: Cuxhavens Fischer leiden immens
CUXHAVEN. Cuxhavens Fischerei ist unter Druck. Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast hat jetzt die breite Unterstützung des Landes für die Cuxhavener Fischbranche versprochen.
Mit großen Erwartungen verbanden die Branchenvertreter der Cuxhavener Hafen- und Fischwirtschaft den Besuch der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast am Mittwoch in Cuxhaven. Die aktuellen Herausforderungen sind vielfältiger Art, liegen aber zu einem großen Teil in den Folgen des britischen EU-Austritts begründet. Die Ministerin und ihre beiden Mitarbeiter stellten sich den Fragen und versprachen, sich für die Belange der Fischerei und des Fischhandels einzusetzen.
Neubauten auslasten
Am härtesten betroffen sind derzeit die Fischer selbst, wenn sie - wie die Mitglieder der Kutterfisch-Zentrale in Cuxhaven - nicht mehr in britischen Gewässern Hering fischen dürfen. Ein Kutter, die "J. von Cölln", wurde bereits aufgelegt, um die beiden Neubauten "Iris" und "Janne Kristin" besser auslasten zu können. Während die Kutterfischer als direkt vom Brexit Betroffene aber wenigstens mit Ausgleichszahlungen der EU rechnen können, wird die Reederei Deutsche Hochseefischerei (DFFU) den wirtschaftlichen Schaden allein tragen müssen.
Dem Cuxhavener Betrieb drohen drastische Umsatzeinbußen, weil die Norweger einen Großteil der sonst der EU-Flotte zur Verfügung stehenden Kabeljau-Quote für sich beanspruchen und dabei nach den Worten von DFFU-Geschäftsführer Samuel Rodrigues Ortega einen Bruch mit internationalem Recht in Kauf nehmen. Die Norweger hätten sich zu dem Alleingang entschlossen, nachdem die Fischereiverhandlungen mit den Briten gescheitert waren. Der DFFU gehen damit Kabeljau-Fangquoten unter Spitzbergen verloren, mit denen beim Bau der beiden Neubauten "Cuxhaven" und "Berlin" gerechnet worden ist, betonte Rodrigues Ortega, der um Unterstützung der Politik bat, um die Rechte der deutschen Fischer in den Verhandlungen mit Norwegen durchzusetzen, falls nötig auch mit Einfuhrbeschränkungen für norwegische Fischprodukte in die EU.
Erst das Vorspiel
CDU-Staatssekretär Enak Ferlemann prophezeite schwierige Zeiten für die deutschen Fischer Die Situation könnte sich sogar noch zuspitzen nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist. Danach könnten die Briten versuchen, den EU-Fischern noch deutlich geringere Fangquoten in ihren Gewässern zuzuweisen, als die geltenden 75 Prozent in der Übergangsphase. Im Übrigen würden die Briten die Übergangsphase nutzen, um ihre eigenen Kapazitäten an Schiffen und Verarbeitung hochzufahren. Immerhin stehe Premier Boris Johnson bei den Fischern im Wort, die sich seinerzeit mehrheitlich für den EU-Austritt stark gemacht hätten.
Die Auseinandersetzung mit den Norwegern müsse daher als Vorspiel für sehr viel schwierigere Verhandlungen mit den Briten angesehen werden. Gleichwohl müsse die EU eine vernünftige Basis für Gespräche mit den Briten finden.
Von Parteifreund und EU-Politiker David McAllister habe er erfahren, dass die EU-Kommission derzeit die Verträge prüft, inwieweit die Norweger sich außerhalb des Gesetzes gestellt hätten. Der EU-Abgeordnete geht noch einen Schritt weiter. Wie am Mittwoch aus seinem Büro zu erfahren war, fordert er die EU-Kommission auf, konkrete Schritte zu benennen, mit denen die Rechte der EU-Fischer gewahrt werden.
Probleme für den Handel
Auch auf den Fischhandel habe sich der Brexit negativ ausgewirkt. Die Fischwirtschaftliche Vereinigung sei zwar froh, so Vorsitzender Michael Ditzer, dass die Grenzkontrollstelle für Fischwaren jetzt beim Landkreis und nicht mehr beim Land Bremen angesiedelt ist. Allerdings, so betonte der Geschäftsführer der Cuxhavener Kühlhäuser Axel Stahlbuck, sei damit der Export von Frostfisch in Drittländer über Cuxhaven nicht gesichert. Und das trifft wiederum die DFFU, deren Trawler "Berlin" in Kürze in Cuxhaven mit einer Ladung Schwarzer Heilbutt für Kunden in China erwartet wird. Derzeit gebe es am Standort keinen für die Abfertigung autorisierten Veterinär.
Um der Bürokratie Rechnung zu tragen, könnte der Fisch nach Wilhelmshaven gekarrt, dort abgefertigt und wieder nach Cuxhaven transportiert werden - ein Lösungsvorschlag aus dem Ministerium, mit dem sich die Praktiker jedoch keineswegs anfreunden konnten.