Cadenberge: BBS-Lehrer blickt schon jetzt auf bewegtes Leben zurück
CADENBERGE. Dieser Mann hat schon viel erlebt: Volker Hüttermann ist seit 13 Jahren Lehrer an den Berufsbildenden Schulen Cadenberge.
"Meine Berufsschulzeit war die erste Schule, die ich nicht furchtbar fand", lächelt Volker Hüttermann. Heute ist der 52-Jährige als Lehrer eine feste Größe an den BBS Cadenberge, wo er seit 13 Jahren unterrichtet. Vorher hat Volker Hüttermann beruflich aber schon eine Menge erlebt. 1967 in Dorsten, am Nordrand des Ruhrgebiets, geboren, absolvierte Volker Hüttermann nach seiner Schulzeit zunächst eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Anschließend holte er sein Abitur nach.
Es folgte ein Studium der Betriebswirtschaft in Mainz. Wie häufig bei Studenten, hatte auch Volker Hüttermann dabei einen Nebenjob. "Ich bin als 'Goldi der Goldhamster‘ durch die Frankfurter Innenstadt gelaufen und habe Flyer für ein großes Kreditinstitut verteilt", grinst er. Zum Schreiben seiner Diplomarbeit ging Hüttermann in die Niederlande. Dort blieb er danach auch zum Arbeiten, bevor seine berufliche Reise weiter ging nach Belgien. "Zurück in Deutschland, habe ich in Frankfurt einen Job für ein englisches Unternehmen angenommen", fährt er fort.
Für diese Firma verschlug es ihn in die englische Industriestadt Manchester. "In zehn Jahren bin ich elfmal umgezogen", erinnert er sich. In England nahm Volker Hüttermann an einem gemeinsamen Projekt der Universität Cambridge und der Uni Bremen teil. Dafür stand der nächste Ortswechsel in die Hansestadt an der Weser an. "In Bremen habe ich Berufspädagogik studiert", sagt Hüttermann, "auch meine Referendarzeit habe ich dort absolviert."
Besondere Aufgabe wartet
Eine besondere Aufgabe wartete dort ebenfalls auf ihn: "In der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen habe ich Strafgefangene unterrichtet." Dann stand eine Entscheidung an: "Zu der Zeit hatte ich Angebote, als Lehrer an einer Schule in Rheinland-Pfalz oder an den BBS in Cadenberge anzufangen." Er entschied sich für Cadenberge. "Auch wenn ich aus dem kaufmännischen Bereich komme, unterrichte ich an den BBS auch in anderen Sparten", sagt er.
"An einer JVA haben viele Häftlinge keinen Schul- oder Berufsabschluss. Bevor sie wieder ins Leben entlassen und resozialisiert werden, komme ich ins Spiel", beschreibt er seine aktuelle "Nebentätigkeit" in der Region. Mehr will er dazu aus Gründen der Diskretion nicht verraten. In Otterndorf, wo Volker Hüttermann lebt, fühlt er sich pudelwohl. "Seit ich in Cadenberge arbeite, wohne ich in der Medemstadt. So lange, wie noch nirgends zuvor", sagt er.
Im Juni 2018 rief er mit dem kaufmännischen Leiter der BBS Cadenberge, Hauke Imken, das "Erasmus+"-Projekt der Europäischen Union an seiner Schule ins Leben. "Und mit vielen Kollegen, die mithelfen", fügt Hüttermann hinzu. Dabei handelt es sich um eine internationale Zusammenarbeit mit der Berufsschule "Cossar da Vinci" aus Gorizia, einer 35 000-Einwohner-Stadt im Nordosten Italiens. Seitdem folgten mehrere Besuche und auch ein Austausch von Auszubildenden. Es entstanden Freundschaften.
Corona bringt Plan durcheinander
"Ich bin sogar in den Sommerferien in meiner Freizeit dorthin gefahren und habe an einem Sprachkurs teilgenommen", erzählt Hüttermann. Doch dann kam Corona. "Bis zum September dürfen die Schulen in dieser besonders betroffenen Region in Norditalien nicht öffnen", bedauert er. "Da habe ich meinen Cadenberger Kollegen gesagt, wir wollen unseren Freunden in Italien ein 'Haltet-durch-wir-sind-bei-Euch-Paket' schicken", sagt er. Heraus kamen zehn Pakete, die mit jeder Menge regionaler Spezialitäten aus unserer Region befüllt wurden und auf den Weg nach Italien gingen.
Stichwort "Italien": "Vor einiger Zeit hatte ich ein 'Ape-Dreirad‘ auf einer Messe gesehen. Seitdem ließ mich der Gedanke nicht los, dass ich einen solchen Kleintransporter der Marke Piaggio gerne für die BBS Cadenberge erwerben möchte", berichtet Hütterman. Kurz vor Corona war es so weit: Ein stark restaurierungsbedürftiges Dreirad, Baujahr von Ende der Siebzigerjahre, nennen die BBS Cadenberge nun ihr Eigen. Welche Verwendung das 12-PS-Gefährt, das bis 2013 noch täglich in Mailand im Einsatz war, nach der Restaurierung durch die Schüler später einmal haben wird, steht noch in den Sternen. "Wir haben verschiedene Ideen der Nutzung", so Hüttermann. "Auf jeden Fall wollen wir die italienische Idee zu unseren Schülern transportieren." Und: "Das ist die Entdeckung der Langsamkeit", schwärmt Hüttermann.
Er hat aber noch ein zweites Projekt, gemeinsam mit seinem Kollegen Uwe Semmling, in der "Pipeline", es nennt sich "Berufe in Stahl" (BiS): "Dabei möchte ich alle Berufe, die wir an den BBS Cadenberge unterrichten, in Stahl-Stelen verewigt haben und auf dem Schulgelände aufstellen", erklärt Hüttermann. "Mir ist es immer wichtig, dass ich möglichst viele Schüler und Berufe aus den verschiedenen Gewerken in meine Projekte mit einbeziehe. Ob angehende Bauzeichner, Schüler der Höheren Handelsschule oder andere: alle sind hier mit involviert."
Von Arno Grewe