Die Haltungsnoten waren recht ordentlich, das Ergebnis jedoch dürftig: CN/NEZ-Sportredakteur Jan Unruh lernte beim Selbstversuch die Schwierigkeiten des Kegelsports hautnah kennen. Fotos: Lütt
Die Haltungsnoten waren recht ordentlich, das Ergebnis jedoch dürftig: CN/NEZ-Sportredakteur Jan Unruh lernte beim Selbstversuch die Schwierigkeiten des Kegelsports hautnah kennen. Fotos: Lütt
"Sportlich von A bis Z"

CN/NEZ-Selbstversuch: Konstanz heißt das Zauberwort beim Kegeln

von Jan Unruh | 06.11.2019

CUXHAVEN. Kegeln ist nicht mehr angesagt. Die einst in Deutschland ziemlich populäre Sportart befindet sich auf dem absteigenden Ast. Kegelbahnen müssen schließen, Nachwuchs gibt es kaum. Dieser Trend ist auch in Cuxhaven spürbar. Doch wie viel Leben noch in dieser Sportart steckt, hat CN/NEZ-Sportredakteur Jan Unruh im Rahmen der Serie "Sportlich von A bis Z" einmal selbst ausprobiert.

Schnell lernte er im Training bei der Cuxhavener Sportkegler-Vereinigung die Tücken und Herausforderungen dieses Präzisionssports kennen und war ziemlich schnell der Verzweiflung nahe.

Jeder kann kegeln. Das stimmt. Ob dies dann aber erfolgreich betrieben wird, steht auf einem anderen Blatt Papier. Ich jedenfalls gehe selbstbewusst an die Sache heran. Was soll schon passieren? Es gibt eine Kugel, eine Bahn und neun Kegel, die möglichst alle umfallen sollen mit einem Wurf. So ähnlich erklären es mir auch Hans-Peter Buschbeck und Silke Schulz. Die beiden sind so was wie Ikonen im Cuxhavener Kegelsport. Beide haben einige nationale Titel errungen und auch schon international für Aufsehen gesorgt in der Kegelszene. Ich habe also für meinen Selbstversuch die beiden besten Lehrmeister an der Seite, die ich mir nur vorstellen konnte. Ich bin locker drauf. Die Theoriestunde, bevor wir auf die Bahnen gehen, versuche ich durch zustimmendes Nicken zu beschleunigen. Ich will auf die Bahn und zeigen, was ich draufhabe. Zumal ich nicht ganz unvorbereitet in den Trainingsabend gehe. Beim privaten Kegelklub meiner Eltern auf den Bahnen im Norddeutschen Hof in Lüdingworth war ich Stammgast. Gut, das ist mehr als 20 Jahre her, aber Kegeln ist wie Fahrradfahren: Das verlernt man nicht. Einziges Problem: Ich hab es nie wirklich gelernt. Das wird mir sehr schnell bewusst, als ich die ersten Kugeln in die Rinne feuere. Bei meinen Kegelerfahrungen in den 90er-Jahren gab es nur eine Devise: Mit ordentlich Schmackes die Kugel auf die Bahn schmeißen. Irgendwas wird schon umfallen. Ich glaube, das hat gut geklappt damals.

Problem mit dem Handgelenk

Doch zurück in die Gegenwart, denn ganz so einfach, wie ich es mir vorgestellt habe, wird es nicht. Ganz im Gegenteil. Ich solle einfach mal werfen, sagt mir mein Lehrmeister Hans-Peter Buschbeck. Das mache ich gerne. "Rechtsansatz", höre ich dann plötzlich aus dem Hintergrund. Ich drehe mich etwas verdutzt um und zucke mit den Schultern. Erste Tücke: Es herrscht ein sogenannter Gassenzwang. Das ist so bei sportlichen Wettbewerben und soll der Chancengleichheit dienen. Heißt also, die Hälfte der Würfe muss in die rechte Gasse geworfen werden, die andere Hälfte in die linke. Und damit sind nicht die Pudel-Rinnen links und rechts von der Bahn gemeint. Am Display der Bahn wird die jeweilige Gasse angezeigt. Gut zu wissen. Ich kegele also los. Und werde nach anfänglicher Euphorie sehr schnell ruhig. Ich werfe die Kugel zwar in die richtige Richtung, doch die macht dann, was sie will. "Dreh dein Handgelenk nicht so", sagt Buschbeck. Er steht die ganze Zeit hinter mir und beobachtet jeden noch so kleinen Bewegungsablauf bei mir. Ich nehme den Tipp an und werfe die nächste Kugel in die Bahn. Pudel. "Du sollst dein Handgelenk nicht drehen, hab ich doch gesagt." Ich bin schon auf der ersten Bahn sehr schnell genervt. Ich drehe mein Handgelenk nicht. "Und warum laufen die Kugeln so rund?", fragt Buschbeck. Ich weiß es nicht.

Vielleicht ist die Bahn schuld?

Mein wackeliges Handgelenk wird zum Problem. Ich kann es nicht bewegen. Ich solle die Kugel einfach in die Bahn drücken, wird mir empfohlen. Ich bekomme es nicht hin. Die Kugeln tanzen auf der Bahn hin und her. Mal fallen sechs Kegel am anderen Ende um, mal vier, mal acht und mal gar keiner. Es ist schon jetzt zum Verzweifeln, dabei hat die Trainingsstunde gerade erst begonnen. Ich werfe eine Kugel nach der anderen, weil, endlich den Dreh raushaben, doch mein Spiel bleibt eine Wundertüte.

In meiner puren Verzweiflung schiebe ich die Schuld auf die Bahnen. Prompt schnappt sich Buschbeck eine Kugel und sie läuft wie aufgezogen die Bahn entlang und räumt alle Kegel ab. "An der Bahn liegt es nicht", so sein kurzer und knapper Kommentar. Während er und auch Silke Schulz, Vorsitzende der Cuxhavener Sportkegler-Vereinigung (CSKV), schmunzeln müssen, vergeht mir mehr und mehr das Lachen. Ich ärgere mich und kann es nicht mal auf jemand anderen schieben, dass es nicht läuft. So vergeht Wurf um Wurf. Wir gehen von Bahn zu Bahn, doch die Probleme bleiben die gleichen. Eine Pause mache ich bewusst nicht. Ich will, dass es klappt. Doch wenn ich mal einen vernünftigen Wurf auf die Bahn zaubere, folgt eine Krücke. Von Konstanz bin ich ganz weit weg. Und eben das zeichnet diesen Sport aus. Buschbeck und Co. werfen in einem Wettkampf 120 Kugeln. Einen großen Fehler machen sie so gut wie nie.

Und genau darin liegt die Kunst. Kleinigkeiten sind entscheidend - oftmals nur Nuancen oder Millimeter. Und dann ist da noch die Ausdauer. Wie anstrengend es ist, über 100 Würfe hintereinander zu machen, war noch tagelang im Oberschenkel meines linken Beines spürbar. Hinzu kommt neben einer guten Physis die mentale Fitness. Konzentrationsstärke und Nervenstärke tragen zum Erfolg bei. All das fehlt mir.

So leicht wie ich mir das Kegeln vor dem Selbstversuch vorgestellt habe, ist es bei weitem nicht. Das ist mein Fazit eines schönen, geselligen Abends - wenn da nicht der sportliche Misserfolg wäre. Und wie lautet Buschbecks Resümee: "Ausbaufähig." Mehr fällt ihm in dem Moment auch nicht ein, um mich wahrscheinlich nicht zu sehr zu kränken.

Kegeln auf Bohle-Bahnen:

Kegeln ist eine Präzisionssportart, bei der ein Spieler von einem Ende einer glatten Bahn aus (Kegelbahn) mit kontrolliertem Schwung eine Kugel ins Rollen bringt, um die am anderen Ende der Bahn aufgestellten neun Kegel umzulegen.

Zu den Besonderheiten der Bohle-Kegelbahn zählt, dass das Abräumspiel nicht möglich ist, da die Kugellauffläche nicht so breit ist wie die Standfläche der Kegel, der Vierpass. Allein stehende linke oder rechte Eckkegel könnten somit nicht getroffen werden. Bohle-Kegelsportler messen sich daher ausschließlich beim Spiel in die Vollen. Die Kugel rollt dabei über eine leicht ansteigende Lauffläche. Diese ist gekehlt - das heißt: Die Bohle-Kegelbahn ist in der Mitte bis circa 5 mm "tiefer" als an den Außenrändern. Die Folge ist, dass eine Kugel, die etwa links aufgelegt wird, zunächst nach rechts läuft und danach - falls die Kugelgeschwindigkeit nicht zu hoch ist - wieder nach links.

Gute Bohle-Kegler finden schnell die Ideallinie und treffen bei jedem Wurf die Auflage- und Wendepunkte. Außerdem ein wichtiger Erfolgsfaktor - wegen der oben beschriebenen Kehlung: Die richtige Kugelgeschwindigkeit, damit die Kugel präzise in die bei Wettkämpfen vorgeschriebene Gasse läuft.

Die Cuxhavener Sportkegler-Vereinigung hat im Strichweg ein vereinseigenes Kegelzentrum und verfügt über eine 12-Bahnen-Anlage. Die Damen von Grün-Weiß Cuxhaven spielen in der 1. Bundesliga. Die Herren der KSG Cuxhaven sind derzeit in der 2. Bundesliga aktiv. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.cskv.de.

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Jan Unruh

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

junruh@no-spamcuxonline.de

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