
CN/NEZ-Sportreporter spielt Faustball: Kraft ist nicht alles
KREIS CUXHAVEN. Der SV Armstorf ist das Aushängeschild der Region in Sachen Faustball - eine Sportart, die mehr und mehr in Vergessenheit gerät.
Die Armstorfer kämpfen mit sportlichen Höchstleistungen gegen diesen Trend an. In unserer Serie "Sportlich von A bis Z" hat CN/NEZ-Sportredakteur Jan Unruh dem Zweitliga-Team des SV Armstorf einen Besuch abgestattet und einen kräftezehrenden und schweißtreibenden Selbstversuch gestartet.
Unterarm statt Faust
Doch der Reihe nach. Ich wusste ungefähr, was auf mich zukommt, als ich die Schulsporthalle in Lamstedt betrat. Als Sportredakteur habe ich Faustball schon kennenlernen dürfen, selbst gespielt hab ich es nicht. Bis zu diesem besagten Trainingstag, den ich so schnell nicht vergessen werde. Mannschaftskapitän Tobias Buck nimmt mich an die Hand und erklärt mir kurz und knapp, worauf es beim Faustball ankommt. Ich höre gespannt zu. Währenddessen schlagen sich Bucks Mitspieler in der Halle warm. Mit einem Auge schaue ich zu ihnen rüber. Sieht eigentlich ganz leicht aus. Doch dieser Eindruck täuscht. Nach dem Crashkurs in Faustball-Theorie soll ich ein paar Bälle schlagen. "Spiel mir den Ball mit dem ausgestreckten Unterarm zurück", sagt Tobias Buck. "Damit hast du am meisten Kontrolle", so der 26-Jährige weiter. Gesagt, getan. Der Ball fliegt zurück in seine Richtung. Schon nach dem zweiten Schlag kommt das erste große Problem - der Schmerz. Der Ball, mit dem gespielt wird, ist hohl, luftgefüllt und besteht aus Leder. Er muss gleichmäßig und straff aufgepumpt sein. Das war er. Tobias Buck schmunzelt. Er weiß, wie sich das anfühlt, wenn man das erste Mal gegen einen solchen Ball schlägt. Doch das war erst der Anfang.
Zirkeltraining schlaucht
Nach dem kurzen Einschlagen geht es ans Aufwärmen. Wenigstens wird der Arm nun geschont, dachte ich mir. Dafür sorgte Co-Trainer Frank Vagts mit seinem Zirkeltraining für die ersten Schnappatmungen - nicht nur bei mir. Konditions- und Krafttraining standen auf dem Programm. Es ist Saisonvorbereitung. Und das ließ Vagts seine Spieler und vor allem mich spüren. Bevor ich überhaupt mal richtig Faustball spielen durfte, war ich körperlich schon ziemlich am Ende. Aufgeben war aber keine Option. Tobias Buck nahm mich wieder zur Seite, zeigte mir die Grundschläge. Erst die Feldabwehr, dann das Zuspiel und zu guter Letzt den Angriffsschlag. Der Angriffsschlag beziehungsweise der Aufschlag ist übrigens der einzige, bei dem der Ball wirklich mit der Faust gespielt wird. Ansonsten muss der Unterarm herhalten. Ich trage einen langärmligen Pullover. Den Tipp gab mir Buck kurz vor dem Training mit den Worten: "Damit der Arm nicht ganz blau ist." Nun wusste ich, was er damit meinte. Doch im Verlauf des Trainings vergesse ich den Schmerz. Ich muss mich konzentrieren, will keine Fehler machen. Doch das gelingt mir nur bedingt.
In der Abwehr schaffe ich es zumindest, den Ball einige Male im Spiel zu halten. Das Zuspiel zu meinen Mitspielern ist ausbaufähig. Zu weit weg vom Netz, zu langsam, zu flach - meine Fehlerquote ist hoch. Doch meine Mitspieler bauen mich immer wieder auf. Nett gemeint.
Knappe Niederlage
Bei den ersten Angriffsschlägen meinerseits fällt auch ihnen nichts Positives mehr ein. Es fehlt an allem - Kraft und Präzision. Ich ärgere mich. Immer und immer wieder versuche ich, den Ball so über die Leine zu schlagen, dass die gegnerische Mannschaft Probleme bekommt. Doch die lächeln nur über meine dünnen Versuche und hauen meiner Mannschaft die Bälle nur so um die Ohren. Am Ende musste mein Team im Trainingsspiel eine Zwei-Satz-Niederlage einstecken. Ein bisschen enttäuscht war ich schon. "Für das erste Mal gar nicht so schlecht", sagte Buck nach dem Training zu mir. An der Ernsthaftigkeit dieser Aussage zweifele ich noch immer. Aber sei es drum. Faustball hat seinen Reiz. Es ist eine der ältesten Sportarten der Welt. Dennoch trifft sie den Nerv der Zeit, ist schnell, spannend und auch spektakulär. Und in der Börde Lamstedt wird diese Tradition hochgehalten. Armstorf ist das Faustball-Aushängeschild der Region. Das honorieren die Zuschauer. In der Bördehalle herrscht bei Heimspielen regelrechte Ausnahmestimmung. Nun weiß ich auch warum ...
Was ist Faustball eigentlich?
Faustball ist ein Rückschlagspiel, bei dem sich zwei Mannschaften auf zwei Halbfeldern gegenüberstehen, ähnlich wie beim Volleyball.
Das Spielfeld ist durch eine zwei Meter hohe Leine getrennt. Band und Pfosten dürfen weder von einem Spieler noch vom Ball berührt werden. Dies gilt als Fehler.
Der Ball darf vor jeder Berührung durch einen Spieler einmal auf dem Boden aufspringen, jedoch nur innerhalb des Spielfeldes. Pro Spielzug darf er von drei unterschiedlichen Spielern berührt werden, muss dann aber spätestens durch den dritten Spieler über das Band zum Gegner zurückgespielt werden.
Jede Mannschaft besteht aus fünf Spielern, die versuchen, einen Ball mit dem Arm oder mit der Faust für den Gegner unerreichbar in das andere Halbfeld zu spielen.
Im Sommer (Feldsaison) spielt man Faustball im Freien auf dem Sportplatz. Im Winter (Hallensaison) wird in der Halle auf der Fläche des Handballfeldes gespielt.
Im Cuxland:
Seit der Gründung des SV Armstorf im Jahr 1923 wird im Verein Faustball gespielt. In den vergangenen Jahren ist man dabei so erfolgreich wie nie zuvor. So hat sich die Herrenmannschaft als Stammgast in den höchsten deutschen Spielklassen etabliert.
Wer Interesse an der Sportart hat, kann sich über die Internetseite des SV Armstorf über Trainingszeiten und Ansprechpartner informieren.
Auch im TSV Abbenseth wird Faustball gespielt - vor allem im Jugendbereich. Im vergangenen Jahr richtete der Verein die Norddeutschen Meisterschaften aus.
Im Winter spielen und trainieren beide Vereine in der Lamstedter Schulsporthalle.