Dass sie bei 2G-plus trotz Impfung nun noch für jede Aktivität zur Teststation sollen, zermürbt vor allem Senioren. Inzwischen ist die Regel angepasst worden: Für dreifach Geimpfte entfällt diese Testpflicht. Foto: dpa
Dass sie bei 2G-plus trotz Impfung nun noch für jede Aktivität zur Teststation sollen, zermürbt vor allem Senioren. Inzwischen ist die Regel angepasst worden: Für dreifach Geimpfte entfällt diese Testpflicht. Foto: dpa
Kommentar: Senioren abgehängt

Corona im Kreis Cuxhaven: 2G-plus gibt Geimpften den Rest 

von Maren Reese-Winne | 04.12.2021

CUXHAVEN. Geimpft und nun noch zur Teststation? Das erzeugt Frust. Vor allem Senioren fühlen sich abgehängt. So geht das nicht, findet unsere Kommentatorin.

"So schwer war die Lage noch nie": Das, was wir wir gerade täglich hören, bezieht sich nicht nur auf die medizinische, sondern zunehmend auch auf die soziale und gesellschaftliche Lage. Die 2G-plus-Regel droht insbesondere den Senioren das Genick zu brechen.

"Die Leute haben aufgegeben", sagte mir diese Woche eine 87-Jährige. Erst monatelange Isolation, dann der Kampf um die ersten Impfungen, nun schon der nächste um die Booster-Impfung - alles, was empfohlen worden sei, hätten sie gemacht. "Und nun kann ich mich nach einem anstrengenden Einkauf nicht mal mehr für einen Kaffee und ein Brötchen beim Bäcker hinsetzen."

Nicht mitgedacht

Das ist die bittere Bilanz. Ganze Gesellschaftsgruppen sind abgehängt, schon wieder. 2G-plus ist ein typisches Schreibtischprodukt, erdacht von Leuten, die sich nicht vorstellen können, dass es so schwierig sein kann, mal eben zu einer Teststation zu fahren.

"Wir schaffen das nicht mehr", wie oft hat unsere Redaktion in den vergangenen Tagen diesen Satz gehört, von körperlich Beeinträchtigten und von älteren Menschen.

Alle aktuellen Infos rund um die Entwicklung und Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf die Region rund um Cuxhaven lesen Sie hier.

Viele erleben die erste Hürde schon bei der Online-Anmeldung und die zweite beim Weg zur Test-station. Andere haben es probiert und sich zum Warten in die Kälte gestellt. Nachdem sie dort auch noch mit Aggressionen konfrontiert wurde, hat eine Cuxhavenerin entschieden: "Nie wieder. Dann verzichte ich lieber auf meinen Sport."

"Wir fühlen uns bestraft"

Die bescheidensten Wünsche - ausgebremst: "Wir sind bestraft; behandelt wie Ungeimpfte. Tausende bewahren Disziplin und werden ausgebremst von Ungeimpften, die sich wahrscheinlich auch noch totlachen", sagt die anfangs erwähnte 87-Jährige. Natürlich sind davon die ausgenommen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können (gerade für die wäre eine hohe Impfrate wichtig).

Ganz abgesehen von der notwendigen Überzeugungsarbeit: Die Fehler, die wieder und wieder gemacht werden - mal eben etwas anordnen, ohne dass dafür die Infrastruktur da ist - zermürben. Selbsttests, die "draußen" sowieso nicht anerkannt werden, sind erstens ausverkauft und zweitens (wenn sie nachgeliefert werden) über Nacht doppelt und dreifach teurer; FFP2-Masken ebenso. Teststationen sind überrannt.

Man traut sich gar nichts mehr

Beim Impfen weiß keiner mehr, was läuft und zu welchem Zeitpunkt man es wagen kann, beim Hausarzt anzurufen, um das Praxispersonal nicht noch mehr zu überlasten. Ja, wie macht man es denn nun richtig? Einerseits soll man vulnerablen Gruppen den Vortritt lassen, andererseits soll geboostert werden, was das Zeug hält. Erst recht, wenn nicht nur das Auslaufen des Impfzertifikats nach sechs Monaten winkt und vor allem die Wirkung der Impfung dann auch deutlich nachlässt!

Die Leute haben es sowas von über. Das birgt Zündstoff. Es braucht schleunigst Wege aus der Sackgasse. Eine Möglichkeit: Statt des Besuchs einer Teststation der Selbsttest unter Aufsicht beim Friseur, im Geschäft oder Restaurant. Das ist erlaubt, brät den Geschäftsleuten aber wieder eine Belastung über. Neuerdings kursiert auch die Idee, Menschen mit der Booster-Impfung von der 2G-plus-Regel zu befreien. Dann wird aber die Impftempo-Frage erst recht brisant.

P.S. Nachdem dieser Kommentar fertig war, kam gestern Nachmittag die Nachricht über genau jene Ausnahmen von 2G-plus. Glückwunsch allen Drittgeimpften und gute Reise allen anderen (auch mir) bei der Terminsuche.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

(1 Stern: Nicht gut | 5 Sterne: Sehr gut)

Feedback senden

CNV-Nachrichten-Newsletter

Hier können Sie sich für unseren CNV-Newsletter mit den aktuellen und wichtigsten Nachrichten aus der Stadt und dem Landkreis Cuxhaven anmelden.

Die wichtigsten Meldungen aktuell


Bild von Maren Reese-Winne
Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

Lesen Sie auch...
Gesundheit

Neue Gruppe in Otterndorf: Selbsthilfe für Krebspatienten im Kreis Cuxhaven

von Wiebke Kramp

KREIS CUXHAVEN. Christiane Steffens (65) aus Otterndorf möchte Krebspatienten Mut machen. Ihnen soll der Rücken gestärkt werden, sich gegenseitig zu stützen und Austausch zu pflegen.

Am 12. November ist es soweit

Musicalsongs im Programm der Cuxhavener Sportgala

von Herwig V. Witthohn

CUXHAVEN. Sport und Kultur vereint - dass dies passt haben die Besucherinnen und Besucher der Cuxhavener Sportgala schön öfter erkennen können. Und auch bei der Gala am 12. November, 19 Uhr wird es wunderbare Songs zu hören geben.

Erstaufnahme-Einrichtungen

Wird die Kaserne in Cuxhaven eine Sammelunterkunft für Geflüchtete?

CUXHAVEN. Angesichts der steigenden Zahl an Schutzsuchenden in Niedersachsen will das Land weitere Sammelunterkünfte schaffen.

Mittelfinger gezeigt?

Nach umstrittener Geste: Verfahren gegen Cuxhavener Politiker Wegener eingestellt

von Kai Koppe

CUXHAVEN. Ein mutmaßlicher "Stinkefinger" gegen einen Querdenker-Aufzug hat für den Cuxhavener SPD-Politiker Gunnar Wegener kein gerichtliches Nachspiel.