"Ik seh di! Dat freit mi!" - doch nicht beim Grünkohlball, denn die Pandemie lässt Dans op de Deel nicht zu. Foto: Hase/dpa
"Ik seh di! Dat freit mi!" - doch nicht beim Grünkohlball, denn die Pandemie lässt Dans op de Deel nicht zu. Foto: Hase/dpa
Wichtige Einnahmequelle

Corona vermasselt Grünkohl-Touren im Kreis Cuxhaven: Gastronomie-Krise verschärft

22.02.2022

KREIS CUXHAVEN. Finanziell düstere Aussichten für die Gastronomie im Kreis Cuxhaven: Den Saalbetreibern fehlt eine wichtige Einnahmequelle zu Jahresbeginn.

Von Katja Gallas

"Dans op de Deel" steht weiter auf Pause. Wo sonst im Januar und Februar Bollerwagen, Schnaps und wandernde fröhliche Menschen auf Kohltour das Landschaftsbild prägen, herrscht nunmehr eher tote Hose. Die wenigsten machen sich in kleinen Gruppen auf den Weg. Noch weniger kommen dort an, wo sonst auf Grünkohlbällen im Cuxland der Saalboden bebt.

Sie haben hoffnungsvoll auf die Ministerpräsidentenkonferenz geblickt. Wird es bald Lockerungen geben? Doch schlechte Nachrichten für Saalbetreiber. Es ist und bleibt verboten: Das Tanzen in der Blüte der Grünkohlzeit. Damit ist das Aus der Grünkohlbälle im Februar besiegelt.

Gäste sind verunsichert

Gastronomen wie Kerstin von Holten von der "Alten Scheune" in Neuenwalde versuchen es mit Alternativangeboten, doch mit nur wenig Erfolg. "Wir haben Entkeimungsgeräte auf dem Saal und eine gute Lüftungsanlage, wir haben 2G-plus. Man kann sich bei uns so sicher fühlen wie sonst nirgendwo. Und trotzdem sind die Gäste sehr verunsichert und sagen ab", sagt von Holten.

Fünf große Veranstaltungen mit Grünkohl und Musik waren geplant - eigentlich alle ausgebucht. Die ersten beiden im Februar finden gar nicht statt, für die nächsten zwei habe man die Gäste informiert, dass die Veranstaltungen nicht wie geplant stattfinden können. Stattdessen in die Alte Scheune zum Grünkohlessen zu kommen, stößt nicht auf viel Begeisterung. Das überrascht von Holten nicht: "Die wollen wandern, die wollen Grünkohl essen und vor allem tanzen." Zur Unsicherheit der Gäste kommt auch Unverständnis. "Es dürfen sich nur zehn Personen treffen. Wie sollen die das mit der Kohltour machen? Die ersten zehn laufen los und fünf Minuten später die nächsten? Und beim Fußball alles kein Problem?", fragt die Gastronomin ernüchtert.

90 Prozent Umsatzausfall

Kerstin von Holten rechnet mit einem Umsatzausfall von 90 Prozent für den Januar. "Das Schlimme ist, man hatte gerade alles wieder am Laufen, hatte die Mitarbeiter wieder motiviert und richtig Lust. Und dann ging's im Dezember wieder los", sagt sie enttäuscht. Sonnabends und sonntags gibt es zur Überbrückung wieder Außerhaus-Verkauf mit Vorbestellung, kleine Gruppen können sich auch sonntagmittags zum Grünkohlessen oder für Speck und Klüten anmelden. Sie schaut trotz allem optimistisch in die Zukunft und hofft auf eine tolle letzte Grünkohltour im März - mit hoffentlich gelockerten Coronaregeln.

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"Wenn ich meine Tochter nicht hätte, dann hätte ich letztes Jahr dichtgemacht. Aber wir hatten zwei Möglichkeiten: Entweder vor einem Jahr aufhören oder man sitzt das jetzt noch aus", sagt Ilka Hersemeier-Duit von der Gaststätte "Hohewurth" in Loxstedt. Normalerweise wären um diese Zeit längst alle 15 Grünkohlbälle des reinen Saalbetriebs ausgebucht. "Für März, April werden auch schon wieder Familienfeiern storniert. Wir und die Familien können einfach nicht planen. Seit über zwei Jahren", erzählt die Gastronomin. Mindestens 30 bis 40 Prozent des Jahresumsatzes sind ohne die Grünkohlbälle verloren - und das zwei Jahre hintereinander, betont die 60-Jährige.

Außer-Haus-Verkauf

Von Aufhören kann jedoch keine Rede sein. Freitag und Sonnabend verkaufen sie Essen außer Haus. Gut laufe das Geschäft nicht, da Restaurants geöffnet haben. "Aber es kommen ganz viele Stammgäste, die Grünkohl rausholen, weil sie uns unterstützen wollen", sagt die Gastronomin. Und sie kommen nicht mit leeren Händen. Die Gäste backen Kuchen, bringen Süßigkeiten und spornen an zum Durchhalten. "Das ist das, was uns aufrecht hält, dieser Rückhalt", sagt Hersemeier-Duit.

Auf der Website des Landgasthofs Seebeck in Flögeln sind zwölf Grünkohlpartys angepriesen: "Wir trauen uns, nach vorn zu sehen", steht geschrieben. Claus Seebeck vergeht die Hoffnung nach der Ministerpräsidentenkonferenz nun doch. Die genaue Formulierung der Landesregierung will er noch abwarten, doch Grünkohlpartys im Februar? Die werden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht stattfinden. "Das ist eine Katastrophe. Das ist der Start ins Jahr, den wir brauchen, um wirtschaftlich für das Jahr vorzulegen", sagt Seebeck. Denn es betrifft nicht nur Grünkohlpartys, sondern auch Geburtstage, Versammlungen und andere Feiern. Der Saalbetrieb liege praktisch lahm. Einen Plan B habe er noch nicht. "Wir haben was geahnt und nutzen die Zeit, die Küche neu zu machen." Die wird demnächst fertig. Dann werden neue Pläne geschmiedet.

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