Traditionsgeschäft

Cuxhaven: Blumenhaus Huhn schließt nach 130 Jahren

05.03.2018

CUXHAVEN. Das Blumenhaus Huhn ist eines der ältesten Geschäfte in Cuxhaven: Nun, mit 130 Jahren, ist es Zeit, "Adieu" zu sagen. Von Maren Reese-Winne

Mit 76 Jahren ist das wohl erlaubt, sagt sich Inhaber Heiko Huhn, der dem Geschäft zusammen mit Ehefrau Gudrun und den Mitarbeiterinnen Ulrike Plambeck und Gitta Steffens den Stempel aufgedrückt hat. Bis zum 31. März ist noch geöffnet.

Es ist kaum möglich, am Blumenhaus in der Marienstraße, gleich gegenüber der Kaserne, vorbeizugehen, ohne einen Blick auf die detailreiche Dekoration – den „Wetterstein“ oder das Schild mit dem Spruch „Lieber ein Onkel, der was mitbringt als eine Tante, die Klavier spielt“ zu werfen. Das ist genau nach dem Geschmack von Heiko Huhn, der sich auch durch schwierige (gesundheitliche) Durststrecken nicht zurückwerfen ließ. Dass alles auch einen maritimen Touch ausstrahlt, liege bestimmt daran, dass er eigentlich Seemann habe werden wollen, ergänzt Ehefrau Gudrun. Mit der immer neuen Gestaltung wollen sie Cuxhavenern und Kurgästen Appetit machen, eine kleine Erinnerung mit nach Hause zu nehmen.

Die Ursprünge des Blumenhauses liegen im Jahr 1887. Otto Höpcke gründete den Betrieb im damaligen Döser Strichweg 288, wie die Marienstraße damals noch hieß. Verkäufer war Bernhard Isaak Brady, Kaufmann in der Nordersteinstraße, der das Land fünf Jahre zuvor aus dem Riesenkonkurs des Bauern Siats erworben hatte.

Zunächst standen darauf nur ein einfaches Flachdachgebäude und ein Treibhaus, aber anlässlich seiner Hochzeit ließ Höpcke 1890 ein Haus errichten – und zwar vom Architekten und Baumeister Johannes Wendt (nach dem die Wendtstraße benannt ist). 1889 vergrößerte er sein Land durch Zukäufe, doch bald musste er einen langen Streifen an den Marine-Fiskus abtreten, denn dort wurde die Kanonenbahn nach Döse errichtet. Die Dimensionen des Grundstücks waren so groß, dass darauf 1893 die Catharinenstraße errichtet wurde.

1914 kamen die Vorfahren von Heiko Huhn ins Spiel: Die Brüder Richard und Ewald Scholdei (Letzterer sein Opa) kauften die Gärtnerei. Richard ging später nach Hamburg zum Großmarkt. Ewald führte die „Kunst- und Handelsgärtnerei“ durch beide Weltkriege.

Nachdem sein einzige Sohn Heinz im Krieg gefallen war, traten Tochter Hildegard und ihr Mann Ewald – Heiko Huhns Eltern – im Jahr 1949 seine Nachfolge an. In den Jahren nach dem Krieg nahm die Gärtnerei eine besondere Rolle in der Versorgung der Cuxhavener ein. Nicht nur Gemüsepflanzen waren es, die sie in die Verkaufsräume trieben, sondern häufig und gern lockte auch der Tabak.

Heiko Huhn (Jahrgang 1942) erinnert sich, wie vor der Währungsreform das Geld im Benzinfass (nur Kleingeld und alte Scheine) gelagert wurde. Selber staubte er am liebsten Corned Beef von den benachbarten englischen Besatzungssoldaten ab.

Nach acht Jahren an der Gorch-Fock-Schule und der anschließenden Handelsschule wäre er ja eigentlich gerne Seemann geworden, aber statt dessen begann er seine Gärtnerausbildung: Ein Jahr zu Hause, danach in Bremerhaven; im gleichen Betrieb wie 1910 schon sein Großvater. Zum Jahreswechsel 1977/78 übernahm er – inzwischen Gärtnermeister – den Betrieb.

1996 gab er den gärtnerischen Bereich auf. Statt dessen gab es eine Erweiterung; das Blumenhaus Huhn am Brockeswalder Friedhof, das Sohn Jan-Henrik als Geschäftsführer leitete und am 1. Januar 2007 übernommen hat.

Was ist es, was das Blumenhaus Huhn ausmacht? „Zum einen bestimmt unsere Zuverlässigkeit und die Qualität unserer Lieferanten“, sagen Heiko und Gudrun Huhn. „Unsere Sträuße halten einfach lange.“ Für die geschmackvolle Gestaltung sorgen „ihre Mädchen“ – Ulrike Plambeck, die seit ihrer Lehre 1990 zum Betrieb gehört, und Gitta Steffens, auch schon seit 19 Jahren dabei. Mit ihnen teilen sie den größten Teil des Alltags, „wir freuen uns alle, wenn morgens der Tag zusammen beginnt.“ Kein Wunder, dass Gudrun Huhn sagt: „Wir wollten nicht einfach schließen, sondern sichergehen, dass die beiden etwas Neues gefunden haben.“ Etwas Besonderes ist auf jeden Fall der Lieferdienst nach Helgoland. Unzählige Sträuße und Gestecke haben sie schon seefest verpackt und hinübergeschickt, oft täglich. Sie haben Großveranstaltungen ausgestattet und auch dem Helgoland-Schiff – die längste Zeit der „Wappen von Hamburg“ – zur Weihnachtszeit einen Tannenbaum für die Brücke gespendet. „Und das bleibt auch so“, verspricht Heiko Huhn.

Einmal rief Ralph Siegel aus Duhnen an und bestellte Blumen für Christian Berg, aber auch Girlanden und Siegerkränze für das Duhner Wattrennen, Blumen für etliche Schiffstaufen, für die Cuxhavener Hotellerie und das Kreuzfahrtschiff „Deutschland“ oder die Hapag-Hallen kamen aus dem Hause Huhn.

Privat hat sich Heiko Huhn, früher begeisterter Hockeyspieler und mit der Truppe noch immer in Kontakt – eine Gewohnheit erhalten: Sonntags gibt’s für seine Ehefrau auf dem Frühstückstisch immer eine rote Rose. Am 31. März um 13 Uhr werden die letzten Sträuße über den Tresen gegangen sein. Also noch genug Gelegenheit zum Tschüss-Sagen...

Ein Video zum Thema finden Sie hier.

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