Vor Gericht

Cuxhaven: Maschinenpistole lag in der Einkaufstüte

23.12.2016

CUXHAVEN. Eine funktionstüchtige Maschinenpistole hat nicht jeder unter dem Bett. Von Ulrich Rohde

Bei einem 30-jährigen Cuxhavener wurde in der Nacht zum 4. März bei einer polizeilichen Durchsuchung eine solche Waffe gefunden. Die hatte er sich offenbar illegal besorgt, denn eine Waffenbesitzkarte hatte er nicht. Damit verstieß er gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und musste sich am Donnerstag vor dem Schöffengericht in Cuxhaven verantworten.

Bei der Klein-Maschinenpistole handelt es sich um eine „Skorpion“, hergestellt in Jugoslawien. Das Modell ist klein, handlich und wiegt nur rund 2 Kilogramm, es lässt sich unter jedem Mantel leicht verbergen und galt früher in Unterweltkreisen als „Must-have“. So passte die MP auch bequem in eine Kaufland-Plastiktragetasche, eingehüllt in Wäschestücke. Dort fanden Polizeibeamte sie in der Wohnung des Beschuldigten im Stadtgebiet. Die schilderten als Zeugen gegenüber dem Gericht unter Vorsitz von Richter Stefan Redlin, wie es zu dem Fund kam.

Ursprünglich hatte die Polizei bei dem 30-Jährigen nach Betäubungsmitteln gesucht, aber keine gefunden. Er lebt mit seiner Partnerin und zwei Kindern in einer Wohnung nebenan, die durchsuchte Wohnung war zwar möbliert, aber wohl nicht bewohnt, denn der Strom war abgestellt. In den Räumen hielten sich die zwei Hundes des Mannes auf.

Angeklagter blieb stumm

Da sich der 30-jährige Arbeitssuchende in den Vernehmungen und auch vor Gericht nicht zu den Vorwürfen äußerte, mussten die Aussagen der drei Polizeibeamten mehr Licht ins Dunkel bringen. Die hatten die finstere Wohnung mit Taschenlampenbeleuchtung durchforstet und stießen schließlich auf die Tüte mit der MP. Die war komplett mit Armstütze und Magazin ausgestattet, aber ohne Munition. Gegenüber einem der Beamten soll der Angeklagte spontan gesagt haben: „Die habe ich doch erst zwei Tage.“

Fest steht für das Gericht, dass er sich auf seinem später sichergestellten Smartphone bereits im Januar über eine solche Waffe und eine mögliche Beschaffung informiert hatte. Wie die Skorpion in seinen Besitz gelangt ist, woher sie stammt, darüber machte er keine Angaben und auch die Polizei hat trotz diverser Untersuchungen durch das Landeskriminalamt keine näheren Erkenntnisse darüber gewonnen. Abgleiche mit Spuren von anderen Waffen gleichen Typs, die zu kriminellen Handlungen eingesetzt wurden, ergaben keine Übereinstimmung. Der Weg der Waffe war für das Gericht nicht nachzuvollziehen.

Rocker-Hintergrund

Dass der 30-Jährige ehemaliges Mitglied des lokalen Chapters des inzwischen verbotenen Rocker-Clubs Satudarah MC war und nach Erkenntnissen der Polizei inzwischen einer anderen Gruppierung namens „Golden Brothers“ angehört, spielte in der Verhandlung nur eine Nebenrolle.

Ob der Besitz der Waffe, oder wie es im Juristendeutsch heißt die „vorsätzliche Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Waffe“, im Zusammenhang mit dem Rocker-Milieu steht, darüber kann nur spekuliert werden. Entscheidender war der Hinweis eines der befragten Polizeibeamten, dass es sich bei dem 30-Jährigen offenbar um einen „Waffenfreak“ handelt, denn neben der „Skorpion“ verfügte er auch über diverse sogenannte erlaubnisfreie Waffen wie Messer und andere.

Die Staatsanwältin bezeichnete die Maschinenpistole als „seltenen Fund und gefährliche Waffe“. Bei solchen Delikten habe die Staatsanwaltschaft wenig Toleranz. Das Strafmaß bei solchen Delikten liegt zwischen einem und fünf Jahren. Die Anklagevertreterin fordert zwei Jahre Haft mit drei Jahren Bewährung sowie eine Auflage über soziale Arbeit von 150 Stunden. Eine Bewährungsstrafe sei deshalb möglich, weil der Angeklagte bisher nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei.

Dessen Verteidiger Reinhard Platzbecker sah bei seinem Mandanten zwar fahrlässiges Handeln, aber nicht den vorsätzlichen Versuch, gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu verstoßen. Daher sei eine mildere Bestrafung möglich.

Klare Grenze aufzeigen

Das Schöffengericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft weitgehend und legte noch 150 Stunden gemeinnützige Arbeit drauf. Der 30-Jährige habe wissen können, was er sich mit der MP eingehandelt hat. Die Waffe war schussfähig. Daher könne der Regelstrafrahmen angewendet werden, sagte Richter Stefan Redlin. Die Strafzumessung müsse für den Angeklagten auch eine klare Grenzziehung deutlich machen: „Bis hierhin und null Zentimeter weiter.“

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