
Cuxhaven: Zoo-Futter auf dem Schlitten transportiert
KREIS CUXHAVEN. Meterhohe Schneeberge am Straßenrand, zugeschneite Autos und Züge, die in Schneewehen stecken bleiben - seit Tagen beherrschen solche Bilder aus Bayern und Österreich die Nachrichten.
Bei vielen Cuxland-Bewohnern dürften dabei Erinnerungen an den Winter 1978/79 wach werden. In unserer Serie "Das weiße Chaos" veröffentlichen wir weitere Fotos und Erlebnisse unserer Leser.
Reiner Bastian aus Hemmoor erinnert sich deshalb noch so genau an den Winter 1978/79, weil er und seine Familie in dieser Zeit ein Haus gebaut haben: "Ende November 1978 war unser Richtfest, nur kurze Zeit später begann es heftig zu schneien." Die Arbeiten am Haus mussten bis März 1979 eingestellt werden.
Uta Strodthoff hat den schneereichen Jahreswechsel 1978/79 in Cuxhaven-Duhnen erlebt. "Es waren viele Urlaubsgäste da, die alle für Silvester einkaufen wollten. Wetterbedingt kamen sie nicht in die Stadt, also gab es einen Ansturm auf die Geschäfte in Duhnen."
Mit einer Apfelsinenkiste, die sie auf einem Schlitten festband, erledigte Uta Strodthoff ihre Einkäufe: "Unsere beiden Grundschulkinder und ich zogen unsere dicken Skianzüge an und so kämpften wir uns durch Sturm, Kälte und hohe Schneeverwehungen in das Zentrum von Duhnen. Weil sich die Vorräte in den Geschäften leerten, kauften wir das, was wir kriegten und nicht das, was ich eigentlich geplant hatte." Lebhafte Erinnerungen hat die Duhnerin auch noch ans Schneeschaufeln: "Unsere tief gelegene Garageneinfahrt musste von enormen, hineingewehten Schneemengen frei geräumt werden, sonst hätten wir bei Tauwetter das Schmelzwasser in der Garage gehabt. Die Kinder bekamen je einen Wäschekorb und eine Kehrschaufel zum Schneeschaufeln und ich trug die vollen Körbe dann zum Leeren in den Garten."
Ans Autofahren war damals nicht zu denken. Auch der Bus in die Stadt fuhr nicht mehr.
"Mein Mann musste aber in die Firma. Im Skianzug - Schlips und Kragen in der Tasche - marschierte er sechs Kilometer durch eisigen Ostwind in die Stadt und abends wieder zurück", erinnert sich die Duhnerin Uta Strodthoff.
Ute Oellrich aus Osten-Isensee war im Winter 1979 mit ihrem Sohn Lars schwanger. Der Weg vom Wohnhaus zur Landesstraße war mit Schneemassen versperrt. "Irgendwann im Januar kam dann unser Bekannter mit einem Radlader und räumte den Weg frei", erinnert sie sich. Doch das half nicht wirklich, mit dem normalen Auto kamen die Oellrichs noch immer nicht durch. Die Sorgen wuchsen: "Ich war hochschwanger und bekam Angst, dass die Geburt losgehen könnte." Dann kam die Rettung: "Wir hörten eines Nachts, wie Panzer und Soldaten die Landesstraße frei machten. So war ich etwas erleichtert." Keine Probleme mit der weißen Pracht hatte dagegen der älteste Sohn der Oellrichs, Jens: "Er war dreieinhalb Jahre alt und spielte sehr oft draußen im Schnee." Sein Bruder, das "Jahrhundertwinter-Kind" Lars, wird in diesem März 40 Jahre alt.
Dienstantritt im Schnee
"Die Schneekatastrophe vor 40 Jahren ist auch mir in Erinnerung geblieben, da sie mit dem Beginn meiner Tätigkeit im damaligen Baby-Zoo in der Wingst zusammenfiel", schreibt Fritz Bechinger aus der Wingst. "Der Baby-Zoo wurde zu dieser Zeit noch von der Zootierhandelsfirma Ruhe aus Alfeld/Leine betrieben. Einige Tage vor dem Jahresende 1978 wurde ich von Alfeld in die Wingst versetzt, da dem vorherigen Zooleiter plötzlich gekündigt worden war. Es gab daher auch keine geordnete Übergabe der Zooleitung und ich musste mir das erforderliche Wissen, etwa über die Wege der Futterbeschaffung, von den verbliebenen Kollegen erfragen."
Nie vergessen wird Bechinger den ersten Morgen nach dem starken Schneefall: "Aufgrund der starken Schneeverwehungen musste ich mich zu Fuß von meiner Unterkunft in Westerhamm auf den Weg zum Zoo machen." An der Wasserwerkstraße wurde er von einem Räumfahrzeug der Gemeinde aufgelesen, was den Weg etwas verkürzte.
"Im Zoo musste ich feststellen, dass die Heu- und Heizölvorräte zur Neige gingen. Der Baby-Zoo war komplett eingeschneit und daher für den Heizöllieferanten nicht erreichbar." Nach einem Hilfeanruf bei der Gemeinde in Cadenberge wurde der Heizöltransport von einem Räumfahrzeug der Bundeswehr durch die Schneemassen gezogen. "Ähnlich erging es mir, als ich die Heuvorräte aufstocken wollte", blickt Bechinger zurück. "Das Heu musste aus Nubhusen geholt werden, doch der Hof war für mich unerreichbar, die Verbindung von Osterbruch nach Nubhusen war gekappt. Schließlich wurde ich mitsamt VW-Transporter von einem Landwirt mit seinem Trecker durch die Schneewehen gezogen."
Das Altbrot für die Zootiere wurde auf einem Handschlitten von der Bäckerei am Dobrock zum Baby-Zoo transportiert.