Klinik

Das Capio-Krankenhaus in der Kritik

28.12.2017

LAND HADELN. Die Anteilnahme in der Bevölkerung ist riesig: ob beim Bäcker, auf der Straße, in Telefonaten. Von Wiebke Kramp und Felix Weiper

Der kurzerhand in den Zwangsurlaub geschickte Chefarzt Dr. Bernward Steinhorst bleibt Thema in der Öffentlichkeit, beschäftigt und besorgt die Menschen. Eine Welle der Solidarität erreicht den Mediziner mitten aus einer breiten Bürgerschaft heraus – mehr als 160 Unterzeichner eines offenen Briefs sprechen eine deutliche Sprache.

Sie zeigen auf, welche Bedeutung dem Krankenhaus in Otterndorf und seinem Personal beigemessen und welche gute Reputation dem Arzt zugeschrieben wird. (siehe unten auf dieser Seite).

Der in Otterndorf lebende Universitäts-Professor Klaus M. Herrmann hatte die Idee, dem in den Zwangsurlaub geschickten Chefarzt den Rücken zu stärken. Die Otterndorfer Unternehmerin Dr. Silke Eulenstein machte sich nach dieser Initialzündung auf, Unterschriften für die Solidaritätsbotschaft zu sammeln. Mit beachtlichem Erfolg: Mehr als 160 Bürger aus der gesamten Region – darunter zahlreiche namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – setzen sich in dem offenen Brief für Dr. Bernward Steinhorst ein. Sie unterstreichen unter anderem eine herausragende Qualität seiner Arbeit und seine Fürsorge für Patienten und Kollegen.

Der Chefarzt der Chirurgie selbst ist allerdings weiterhin für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Aber unterdessen verdichten sich aus mehreren Quellen gut informierter Kreise die Informationen, dass es schon lange so etwas wie einen Maulkorb-Erlass für Dr. Steinhorst gegeben haben soll. Nachdem sich der Mediziner in einem Zeitungskommentar kritisch zu einer vorher veröffentlichten Krankenhaus-Studie geäußert hat, soll es zu einer Abmahnung gekommen sein, heißt es. Eine weitere Abmahnung soll erfolgt sein, weil er sich für einen Untergebenen eingesetzt hätte, der aus Krankenhaussicht fehlerhaft abgerechnet habe. Insider spekulieren darüber, dass dem Chefarzt vorgeworfen wird, er verwende zu viel Zeit für seine Patienten und bringe deshalb nicht die vorgegebenen Fallzahlen.

Es sei eine Beurlaubung und eben keine Kündigung, teilte auf Nachfrage der Geschäftsführer der Capio-Klinik-Gruppe, Klaus Wöhrle, mit – und bezeichnete dies als „eine befriedende Maßnahme“. Zu Gründen und Interna konnte und wollte er sich allerdings in dieser Angelegenheit nicht äußern: „Als Arbeitgeber sind wir an Schweigepflicht und Datenschutz gebunden.“ Allerdings räumte er dann doch ein, dass es Versuche gegeben habe, eine Mediation einzuleiten, die von Dr. Steinhorst nicht angenommen worden sei. Auf Nachfrage versicherte der Geschäftsführer, dass es zurzeit keine Beeinträchtigung in der Notfallversorgung gebe. Es gelten zurzeit – wie üblich – Urlaubsvertretungen durch die Oberärzte. Wöhrle nannte die Situation insgesamt „sehr unschön“ – und dies alles vor dem Hintergrund von Positivnachrichten, die für die Weiterentwicklung der Klinik in Otterndorf wichtig seien.“ Der Geschäftsführer ließ im Telefonat keinen Zweifel an den Fähigkeiten seiner Geschäftsführerin. Er bezeichnete sie als „aktiven Player, und verlässliche und kompetente Partnerin“.

Verwaltung, Politik und Bürger haben sich unterdessen auf den Weg gemacht, das in der Region so stark verwurzelte Krankenhaus, die medizinische Versorgung und seine Zukunftsperspektiven auch vor dem Hintergrund der Chefarzt-Beurlaubung zu beleuchten. Samtgemeindebürgermeister Harald Zahrte, Landrat Kai-Uwe Bielefeld und der SPD-Landtagsabgeordnete Uwe Santjer haben bereits Kontakt aufgenommen zur deutschen Konzernspitze der Capio-Kliniken in Fulda. Sie erhoffen Erhellung durch weitere Gespräche mit der Geschäftsleitung.

„Wir bedauern die aufgetretene Situation sehr und erhoffen uns Aufklärung“, so Zahrte. Auch der immer noch beim Landkreis wirkende Krankenhausbeirat – die Klinik gehörte vor ihrer Privatisierung als Kreiskrankenhaus Land Hadeln zum Landkreis – beschäftigt sich mit dem Thema. Anfang Januar, so Landrat Bielefeld, finde eine Capio-Krankenhaus-Beiratssitzung statt. „Auf die Terminierung haben wir vor dem Hintergrund des Falles Steinhorst gedrängt.“ Uwe Santjer weiß, wie verwurzelt das Capio-Krankenhaus in der Region ist durch seine Patienten und durch seine Mitarbeiter.

Die Welle der Aufmerksamkeit wertete er als Zeichen, „wie beliebt, wie begehrt und wie notwendig das Haus ist“. Dies sei als ein Kompliment an die Mitarbeiter zu verstehen. Es gebe Menschen, die sich Sorgen um ihre Zukunft machten. Bei aller Emotionalität sei es jedoch ebenso wichtig, sich um Sachlichkeit zu bemühen bei den wichtigen gesellschaftlichen Fragen für ein Gesundheitssystem, das Patienten und Mitarbeitern gleichermaßen gerecht werde, betonte Santjer.

Capio-Konzern

Die Deutsche Klinik GmbH wurde 1979 in Bad Brückenau gegründet. Zunächst war das Unternehmen in der Krankenhausberatung tätig. Ab 1996 wurden Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen sowie Pflegezentren entweder im Besitz oder Management als Deutsche Klinik GmbH geführt.

Das Kreiskrankenhaus Land Hadeln wechselte 2005 aus der Trägerschaft des Landkreises Cuxhaven in die Trägerschaft Deutsche Klinik Otterndorf GmbH. Heute hat das Haus 94 Betten und rund 300 Mitarbeiter,

Am 4. September 2006 übertrugen die Gesellschafter der Deutsche Klinik GmbH ihre Anteile an den schwedischen Krankenhauskonzern Capio AB; die bisherigen Einrichtungen der Gesellschaft blieben in Deutschland erhalten. In Deutschland betreibt die deutsche Tochter, Capio Deutsche Klinik GmbH, mit Firmensitz in Fulda, 16 Krankenhäuser, Fachkliniken, Reha-Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen.

Capio ist heute ein Unternehmen für Gesundheitsversorgung mit Krankenhäusern in Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland, Großbritannien, Deutschland, Schweiz, Frankreich, Spanien und Portugal.

Offener Breif: Verbleib von Dr. Steinhorst gefordert

KREIS CUXHAVEN. Warum ist der Chefarzt der Capio-Klinik Otterndorf, Dr. Bernward Steinhorst, im Zwangsurlaub? Das fragen die Unterzeichner eines offenen Briefes. Mehr als 160 Menschen aus der Region bekunden ihren Wunsch, dass der Mediziner weiterhin in dem Krankenhaus seine Aufgabe wahrnimmt. Der Brief im Wortlaut: „Wir im Land Hadeln können uns glücklich schätzen, mit Herrn Dr. Steinhorst einen hochkompetenten Chirurgen zu haben, der die Capio-Werte Qualität, Mitgefühl und Fürsorge im Umgang mit Patienten und Mitarbeitern täglich vorlebt. Insbesondere in unserer Region gibt es einen eklatanten Ärztemangel und wir müssen auf Ärzte zurückgreifen, die teilweise noch fachlichen und sprachlichen Qualifikationsbedarf haben. Insofern sind Dr. Steinhorsts umfassendes Verantwortungsbewusstsein und sein hoher Einsatz, gerade auch für die Qualifizierung junger Ärzte am Otterndorfer Capio-Krankenhaus, herausragend und verdienen größte Hochachtung. Dem Bericht in dieser Zeitung vom 16. Dezember zufolge sind Mitarbeiter und Patienten der Meinung, dass Herr Steinhorst für das Otterndorfer Krankenhaus eine der tragenden Säulen ist, auf denen die Reputation und damit der wirtschaftliche Erfolg des Krankenhauses beruht. Wir brauchen Menschen wie Dr. Steinhorst, die fachlich erstklassig, in hohem Maße sozialkompetent und mit der Region verwurzelt sind und zudem ihr Wissen auch an die nachkommende Generation frühzeitig weitergeben. Dr. Steinhorst ist hier ein glänzendes Vorbild. Wir fühlen uns dafür verantwortlich, dass es eine kompetente und gesicherte Gesundheitsversorgung in unserer Region gibt und setzen uns dafür ein, dass Dr. Steinhorst weiter am Capio Krankenhaus Land Hadeln arbeitet.“

Die Unterzeichner sind:

Otterndorf: Elke Herrmann und Prof. Dr. Klaus M. Herrmann; Michael Langhans; Silke und Axel Kluge; Dr. Jan Haase; Silke Becker; Ulrike Brandt-Gillner; Andrea und Klaus-Rudolf Michaels; Heiko Stoffers;

Dr. Silke und Prof. Dr. Frank Eulenstein; Irmgard Kröncke; Petra und Ludwig Feldtrup; Eva und Dr. Hubert Gründing; Hermann Gerken; Gisela und Günter Johannsen; Ute und Hans-Heinrich Mushardt; Kerstin und Jos van der Meer; Monika und Reinhard Hagenah; Jochen von Stemmen; Marianne und Rudolf Nitsche, Sabine Wittmann; Heide Kruse Andreasson und Lutz Andreasson; Bärbel und Peter Hoppe; Heimke und Hans-Peter Weber; Bianca und Klaus Lohmann; Meike und Bernd Vasen; Maren und Normen Herting; Frank-Uwe Strüning; Indira Dixit-Nielsen und Broder Nielsen; Hilke Sackmann-Söhle und Rolf Söhle; Elke und Dr. Dietrich Voss; Dr. Edda und Jörg Bartelt; Karin Ayecke-Riemer;

Udo Otten; Hans-Volker Feldmann; Vera Diekmann; Karin Braack; Emma Hinke; Elisabeth Hahl; Birte und Dr. Michael Köster; Bianca Schedler; Maria und Reinhard Müller; Susanne Ottens; Karin Braack; Sonja Ottmers; Ines und Carsten Nickel; Mechtild Kievenheim-Pröger; Johanna Römmer; Hermann Kleist; Elke Markgraf-Lührs und Werner Lührs; Birgit Huster; Malte Hinck; Luise Riefke; Franziska Wohlleben; Heike und Dr. Klaus Schubring; Thomas Bullwinkel; Brigitte Haase

Cadenberge: Hans Buck; Matthias Bähre; Annelie Warband; Michaela und Ulrich Hinke;

Wingst: Amei und Gebhardt von der Wense; Karl-Heinz Pütz;

Lamstedt: Christine und Torsten Wienberg;

Cuxhaven: Klaus Schnell; Charlotte Gerdts-Stauch und Hans-Peter Stauch; Janka Bebenroth-Krüger und Thomas Krüger; Regina und Bernd Schmitz; Simone von See; Dr. Barbara Overhof;

Neuenkirchen: Axel Dinter; Gerd Döscher; Meike Hoops; Sabine und Thomas Hinke; Maria Poit.

Altenbruch: Dr. Elgin-Solveigh und Dr. Klaus-Gerrit Gerdts; Beate und Bernd Hadler.

Nordholz: Markus Wesjohan.

Bülkau: Ulrike und Hans-Wilhelm Wohltmann; Heike und Dr. Lutz Wiebusch; Gerwin Erdmann Osten: Iris und Detlef Brandt;

Ihlienworth: Renate und Reinhard Köster; Margot Simon;

Wanna: Petra und Reinhard Weis; Doris und Fried Wettwer;

Osterbruch: Günter Gies-Meding; Monika Meding; Torsten Hegner; Gabi Bäurich; Maria-Anna Nikolai-Söhle, Helge Söhle; Georg Söhle; Karin und Eberhard Söhle; Dagmar und Jürgen Seegemann; Geesje Gerkens; Ute und Richard Hinck; Christoph Hinck, Dagmar und Jürgen von Horsten; Volker von Horsten; Carina Meyer; Veronica Garcia Granda; Angelika Postmus; Reiner Theiß; Elisabeth und Günther Mohr;

Geestland: Dr. Annegret Lammers-Reißling;

Oberndorf: Anke und Nils Uhtenwoldt;

Lüdingworth: Christel Detzner.

Hamburg: Klaas Söhle.

Bremen: Nico Stüven.

Hechthausen: Christel und Wolfgang Buck.

Nordleda: Marlies Götze.

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