
Der erfolgreichste Basketballer aus dem Kreis Cuxhaven: Was macht eigentlich Lutz Wadehn?
KREIS CUXHAVEN. Am Sonntag, 28. Februar, feiert der erfolgreichste Basketballspieler aus dem Landkreis Cuxhaven seinen 60. Geburtstag. Aber was macht Lutz Wadehn eigentlich heute?
In seiner Jugend war der in Langen aufgewachsene und in Bremerhaven zur Schule gegangene Wadehn sehr vielseitig unterwegs. Er probierte Volleyball und Faustball aus, seine Hauptsportart war aber Handball. Was nicht heißt, dass er nicht auch auf anderen Feldern Erfolge vorzuweisen hatte. Dass er in der Altersklasse M14 mit 13,46 Metern auch heute noch den Kreisrekord im Kugelstoßen hält - aufgestellt am 11. Oktober 1975 -, bringt den Wahl-Berliner zum Schmunzeln: "Meine Eltern haben die Vereinsgaststätte des TV Langen geführt. Deshalb war ich immer mit auf dem Sportplatz und habe auch Leichtathletik gemacht."
Mit 14 Jahren hatte aber schon der entscheidende Wechsel in Wadehns sportlicher Laufbahn stattgefunden. Angefixt von Freunden von der Körnerschule nahm der lange Schlaks an einem Qualifikationsspiel für den Wettbewerb "Jugend trainiert für Olympia" teil. "Meine Anweisungen waren: Mach keine Schrittfehler, hol ein paar Rebounds und spiel bitte nicht so körperlich wie beim Handball", erinnert sich Wadehn an seine Anfänge als Basketballer. Die waren so erfolgreich, dass der Bremerhavener schnell in die Landesauswahl berufen und zu Lehrgängen der Jugendnationalmannschaft eingeladen wurde.
Der Flügelspieler denkt noch heute gerne an OSC-Weggefährten wie Wolfgang Grube zurück, der ihn in seinem Glauben bestärkt habe, es in die Bundesliga schaffen zu können. Auch Wally Kruso habe eine wichtige Rolle für ihn gespielt: "Man hat damals zweimal in der Woche Vereinstraining gehabt. Die Familie Kruso hat uns die Brücken gebaut, dass wir täglich bei den Amerikanern in Weddewarden trainieren konnten." Denn das Gelände um die Carl-Schurz-Kaserne war Sperrgebiet für alle, die nichts mit dem US-Militär zu tun hatten.
Vom OSC nach Berlin
Obwohl das Talent, das 1979 mit der A-Jugend des OSC deutscher Vizemeister geworden war, auch Angebote von Erstligisten hatte, entschied er sich bewusst für einen Wechsel in die 2. Liga. "Der SSV Hagen und der MTV Wolfenbüttel wollten mich. Als ich mir die Kader angeguckt habe, war mir aber klar, dass ich nur auf der Bank sitzen würde. So realistisch war ich schon." Und so wechselte der angehende Student der Betriebswirtschaftslehre 1979 auf Anraten seines Charlottenburger Kumpels Stefan Hoppe nach Berlin, wo schon im ersten Jahr der Erstliga-Aufstieg gelang.
Mit Profi-Sport habe das damals noch nicht viel zu tun gehabt, meint Wadehn: "Du hast eine Wohnung bekommen und 500 Mark Taschengeld. Damit warst du dann der Größte." Das Leben in der geteilten Metropole, in der noch längst nicht alle Spuren des Zweiten Weltkriegs beseitigt waren, zog den Bremerhavener von Beginn an in seinen Bann. "Das war der morbide Charme, der mich fasziniert hat. Du konntest hier glamourmäßig unterwegs sein oder im Trägerhemdchen durchs SO36 in Kreuzberg gehen. Damit ist man nicht aufgefallen. Diese Mischung hat mich gepackt. Auch wenn es eine Millionenstadt war - das Kiezleben war fast dörflich", erzählt Wadehn.
Berlin sollte ihn nicht mehr loslassen. Insgesamt dreimal (1979 bis 1983, 1984 bis 1986 und 1989 bis 1991) spielte er für Charlottenburg, bevor er seine Basketballstiefel 1993 beim neugegründeten Club Alba Berlin an den Nagel hängte. Im Südwesten der Hauptstadt lebt Wadehn auch heute noch mit seiner Frau Conny und den drei Söhnen Leonik (20), Till und Benett (beide 16). Klar, dass die Sprösslinge ebenfalls vom Basketball-Virus infiziert sind - Leonik spielt in der ProB bei Eintracht Stahnsdorf.
Auf seine Karriere blickt Wadehn angesichts von 118 Länderspielen und 3614 Punkten in der Bundesliga zufrieden zurück - auch wenn die Krönung in Form eines deutschen Meistertitels fehlte. Zweimal verlor der 2,01-Meter-Mann mit Charlottenburg die Finalserie, dreimal musste er mit Leverkusen der Konkurrenz von Saturn Köln und Steiner Bayreuth zur Meisterschaft gratulieren. "Ich weiß nicht, wer mir das nicht vergönnt hat, aber uns hat immer im vierten oder entscheidenden fünften Spiel ein Schlüsselspieler gefehlt", erklärt Wadehn die Pechsträhne, die er mit Humor nimmt: "Ich habe immer gesagt: Wer ins Finale will, muss mich holen."
Olympia 1984 verpasst
Weniger lustig findet der Bremerhavener, dass er um die Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles gebracht wurde. Auf Anraten eines amerikanischen Bundesliga-Trainers, der ihm das Potenzial für die NBA bescheinigt hatte, war Wadehn für ein Jahr aufs College gewechselt und hatte für das Team der University of Puget Sound in Tacoma an der Westküste der USA gespielt. "Ich habe das nie als Karriereknick gesehen, wie das bei Wikipedia zu lesen ist. Mich hat interessiert: Wie trainieren die Amerikaner, was machen sie anders, warum sind sie weltweit so führend? Die waren damals athletisch auf einem ganz anderen Level als wir Europäer", erklärt Wadehn den Wechsel ins Basketball-Mutterland. Eine Erkenntnis war, dass tägliches Krafttraining einfach dazugehört. Eine andere, dass die NBA für den jungen Deutschen unerreichbar war: "Von meinem Willen her war es so, dass ich mich ordentlich quälen konnte. Aber der Körper setzt dir irgendwann Grenzen."
Obwohl Wadehn damals schon zum Stamm der Nationalmannschaft gehörte und bei zwei Europameisterschaften dabei war, kam ihn das Jahr am College teuer zu stehen. Beim Deutschen Basketball-Bund (DBB) hatte man ihn wohl vom Radarschirm verloren, zudem gab es mit dem Israeli Ralph Klein einen neuen Bundestrainer, der seinen Kader erst noch kennenlernen musste. Und so wurde Wadehn weder für die Qualifikationsspiele noch für das olympische Turnier nominiert: "Dabei war ich nur 20 Meilen von Detlef Schrempf entfernt." Der spätere erste deutsche NBA-Star spielte damals für die University of Washington im benachbarten Seattle.
Auf Enttäuschung folgt Erfolg
Aus der Enttäuschung zog Wadehn eine Menge Motivation, es folgten die drei, vier besten Jahre seiner Karriere: "Ich wollte den Jungs zeigen, wo der Hammer hängt." Allerdings häuften sich auch die Verletzungsprobleme. Mal musste ein Meniskus geglättet werden, dazu kamen ständige Achillessehnenbeschwerden, die vom Fersensporn verursacht wurden.
Für Wadehn war das das Signal, für die Zeit nach dem Leistungssport zu planen. "Ich hatte schon zwei Eigentumswohnungen gekauft und fing bei einer Immobilienvertriebsfirma an. Daraus hat sich meine zweite Leidenschaft entwickelt, Häuser und Altbauten wieder wachzuküssen. Diese Entscheidung würde ich immer wieder so treffen", erzählt der Jubilar. Am aufgeheizten Berliner Immobilienmarkt zählt Wadehn mit seinen Geschäftspartnern zu den "kleinen Playern": "Ich möchte lieber die Nische bedienen. Größe heißt ja auch mehr Risiko." Es gehe ihm auch nicht darum, mit seinen Immobilien die höchste Rendite zu erwirtschaften: "Unsere Mieten liegen bei 6,50 bis 8,50 Euro pro Quadratmeter. Das ist für jeden bezahlbar."
An Rente denke er auch mit 60 noch nicht, aber er genieße die Freiheit, nicht mehr jeden Tag ins Büro gehen zu müssen. Die Freizeit widmet Wadehn einem umfangreichen Sportprogramm, zu dem neben Basketball auch Schwimmen, Joggen, Fahrradfahren, gelegentlich Golf und Einheiten im heimischen Kraftraum zählen: "Je älter man wird, desto mehr muss man an seiner Geschmeidigkeit arbeiten."
Dieses Jahr Rookie bei Ü60
Wadehn, der seinen runden Geburtstag mit Blick auf die Corona-Beschränkungen im Sommer nachfeiern will, spürt die Folgen der Pandemie am eigenen Leib - das geliebte Training mit den Charlottenburger Oldies kann zurzeit nicht stattfinden: "Ich wäre in diesem Jahr Rookie in der Ü60 gewesen." Angesichts des monatelangen Lockdowns sieht er für den Senioren-Bereich schwarz: "Gerade wenn man älter wird, spürt man seinen Körper überproportional. Da kannst du nicht einfach sagen: Ich mach mal ein halbes Jahr Pause. Deshalb bin ich gespannt, wer 2022 überhaupt noch dabei sein wird." Er selbst lässt keinen Zweifel daran, dass er zu denen gehören wird, die wieder auf die Körbe werfen werden. Dafür macht ihm Basketball noch zu viel Spaß.
Von Dietmar Rose
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