CN/NEZ-Sportredakteur Frank Lütt gewinnt die Disziplin Speerwurf, weil er als 50-Jähriger doch mehr Kraft in seinen Wurf legen kann als sein 36 Jahre älterer Konkurrent Helmut Brüning (l.). Foto: Unruh
CN/NEZ-Sportredakteur Frank Lütt gewinnt die Disziplin Speerwurf, weil er als 50-Jähriger doch mehr Kraft in seinen Wurf legen kann als sein 36 Jahre älterer Konkurrent Helmut Brüning (l.). Foto: Unruh
Selbstversuch

Duell auf Augenhöhe? CN/NEZ-Sportredakteur trat gegen Leichtathletik-Weltmeister an

von Frank Lütt | 14.11.2019

CUXHAVEN. Fünf Wurfdisziplinen entscheiden über Sieg oder Niederlage: CN/NEZ-Sportredakteur forderte den mehrfachen Leichtathletik-Weltmeister Helmut Brüning aus Cuxhaven heraus. So lief der Wettkampf.

L wie Leichtathletik ist in unserer Serie "Sportlich von A bis Z" dran. CN/NEZ-Sportredakteur Frank Lütt weiß spätestens seit diesem Selbstversuch, dass Leichtathletik sich nicht von leicht - wie im Sinne von leicht zu erlernen - ableiten lässt. Er wagte sich aber auch an die Schwerathletik heran, indem er keinen geringeren als Helmut Brüning im Wurf-Fünfkampf herausforderte. Immerhin ist der 86-jährige Cuxhavener im Senioren-Bereich echte Weltklasse. Der Kampf der Generationen verlief dennoch recht spannend.

Wieder eine Außensportart, wieder regnet es, wieder bin ich an der Reihe. Während sich mein Kollege Jan Unruh im Trockenen sanft auf die Judomatte fallen lassen darf oder beim Kegeln eine ruhige Kugel schiebt, muss ich bei denkbar ungünstigen Bedingungen auf dem Cuxhavener Strichweg-Sportplatz stehen. Und vor mir habe ich einen besonderen Gegner: Der mittlerweile 86-jährige Helmut Brüning vom ATS Cuxhaven ist Wurfspezialist in der Leichtathletik. Unzählige Medaillen bei EM und WM hat er schon gewonnen. "Aber Hochsprung kann ich auch ganz gut", entgegnet der frühere Kapitän eines Heckschleppers. Diese Disziplin lassen wir heute aus, wir beschränken uns auf fünf Wurfdisziplinen, die zusammen für Senioren den Wurf-Fünfkampf bilden.

Weil es nass und frisch ist, lassen wir auch ausuferndes Üben aus, obwohl Brünings Trainer Otto-Heinz Schunk mir im Vorgespräch "einige Trainingseinheiten vorher" empfahl, bevor es zum Duell mit dem Altmeister kommt. Schließlich habe ich nur Erfahrungen beim Kugelstoßen - und die stammen aus der Schulzeit. Nun gibt es pro Disziplin jeweils einen Probewurf, dann folgen die drei Wettkampfwürfe. Wir beginnen mit der technisch schwierigsten Disziplin, dem Hammerwurf. Die Männer werfen einen 7,26 Kilogramm-Hammer, wir nehmen das drei Kilo schwere Gerät für Helmuts Altersklasse. Er zeigt den richtigen Griff, erklärt die Technik und macht es gleich vor. Er selbst dreht mittlerweile nur zweimal in dem Kreis von 2,135 Meter Durchmesser, einmal weniger als früher. Der Probewurf des Profis war schon beachtlich.

Ich betrete den mit kleinen Pfützen übersäten Ring, gehe noch einmal im Kopf die vier Bewegungsabläufe durch, die aneinander gekoppelt eine Bewegung werden sollen: Anschwung, Übergang, Drehung und Abwurf. Es geht alles rasend schnell mit dem Gewicht an den Armen und da kracht das Gerät auch schon in das Netz des Werferkäfigs. Helmut macht es besser, er haut den Hammer raus. Es sieht spielend leicht aus, wie die Kugel im hohen Bogen aus dem Käfig heraus fliegt und schließlich in dem aufgeweichten Rasen einschlägt. "32,77 Meter", ruft Otto Schunk am Ende des Maßbands. Davon bin ich bei meinen dann doch immerhin gültigen Versuchen, bei denen ich anderthalb Drehungen absolviere, weit entfernt. Meine Bestweite von 21,24 Meter holt mich auf den Boden der Tatsachen zurück. 1:0 für Helmut.

Der Altmeister macht Druck: "Nun lass uns gleich mal zum Speerwurf rüber." Wieder sind unsere Geräte leichter als bei den Männern (800 Gramm). Helmuts Speer wiegt altersklassengerecht 400 Gramm, meiner anfängergerecht ein halbes Kilo. Der Wettkampf beginnt und Helmut wirft das Gerät auf über 20 Meter, 20,23 Meter um genau zu sein. Anschließend korrigiert er intensiv meine Haltung, gibt viele Tipps auf einmal. Mein Wurf geht nicht so weit, der Speer kommt sehr flach auf, hinterlässt auch keine Marke, die gemessen werden könnte. Ungültig. Vor meinem zweiten Versuch sagt Otto Schunk zu mir: "Mach mal so wie Du meinst, ganz locker." Und das funktioniert. Bei 23,32 Meter bohrt sich die Speerspitze in den Boden. Das ist die Siegesweite. Zwischenstand 1:1.

Helmut drängelt, ab zurück zum Wurfkäfig. Diskuswurf ist angesagt: wieder so eine schwierige Disziplin mit Drehungen. Mein erster Wurf landet außerhalb des Sektors, ist also ungültig. Helmut dagegen wirft den ein Kilogramm schweren Diskus, in der Männerklasse ist er doppelt so schwer, konstant über 22 Meter. Sein bester Versuch landet bei 22,93 Meter. Eine Chance habe ich noch, Immerhin 22,07 Meter, aber der Punkt geht mit 86 Zentimeter mehr an Helmut. Stand 2:1.

Mittlerweile regnet es stärker. Recht zügig geht's einmal quer über den Platz zur Kugelstoß-Anlage. "Hier gewinnst Du", macht Otto mir Mut, und weiter: "Weil Du Kraft hast." Durch die Blume will er mir wohl damit sagen, dass sich meine technischen Fähigkeiten bisher eher als dürftig darstellten. Wieder beginnt Helmut. Seine drei Kilogramm schwere Kugel (in der Männerklasse wiegt sie 7,26 Kilogramm) schlägt bei 8,84 Meter ein. Ich kontere. Mein Gefühl sagt mir, dass meine klassische Technikvariante des Angleitens relativ gut ausgeführt eine gute Weite erbringt. Und tatsächlich gewinne ich mit fast zwei Metern Vorsprung. 10,81 Meter ist mein weitester Stoß. 2:2 vor der letzten Disziplin.

Der Gewichtwurf ist eine dem Hammerwurf ähnelnde Disziplin. Allerdings ist die Kugel nicht an einem langen Stahlseil befestigt, sondern an einer recht kurzen Kette. Aber es wird auch wieder gedreht - und das macht es wieder technisch schwierig. Wir werfen mit einem 5,45 Kilogramm schweren Gerät. In meinem Alter müsste ich eigentlich ein 15,88-Kilogramm-Gewicht nutzen. Dann hätte ich vermutlich schon beim Anschwung die Kugel fallen gelassen, mutmaßt Helmut, der wieder ordentlich aufs Tempo drückt. "Wir wollen ja bald mal ins Trockene", so der stattliche Senior, der das Gewicht locker und flockig auf 13,04 Meter wirft. Ich bin chancenlos, trotz eines Ur-Schreis komme ich nur auf 11,18 Meter. Klarer Punktgewinn für Helmut. 3:2.

Somit ist der 86-Jährige Gesamtsieger. Wenn es nach richtigen Wettkampfpunkten gegangen wäre, dann wäre meine Niederlage noch deutlich höher ausgefallen, denn schließlich liegen zwischen Helmut und mir schlappe 36 Jahre Altersunterschied. Otto Schunk baut mich am Ende auf: "Drei Wochen Training, dann hast Du das drin. Dann kannst auch Du den Bewegungsablauf." Nett gemeint, aber dafür brauche ich definitiv besseres Wetter ...

Wurf-Fünfkampf:

Der Wurf-Fünfkampf ist eine noch recht junge Disziplin in der Leichtathletik. Seit 16 Jahren gibt es diesen speziellen Mehrkampf für Senioren. Die Sportler werden entsprechend ihrer Altersgruppe gewertet. Außerdem gibt es je nach Alter unterschiedliche Gewichte. Ähnlich wie beim Zehnkampf gibt es für jede absolvierte Disziplin (Hammer, Speer, Diskus, Kugel und Gewicht) Punkte. Die Addition der fünf Werte ergibt dann die Gesamtpunktzahl, die über die Platzierung entscheidet.

Vereine:

Viele Sportvereine in der Region bieten Leichtathletik an. Dabei richtet sich das Angebot an unterschiedliche Zielgruppen, weil der Sport sehr vielseitig ist, ob von den klassischen Disziplinen über das Sportabzeichen bis hin zu Volksläufen. Die Bandbreite reicht vom Laufen, Springen und Werfen für kleine Kinder über ambitionierte Leichtathletik für Jugendliche und junge Erwachsene bis zu den verschiedenen Seniorengruppen, die sich sowohl im Breiten- als auch Leistungssport tummeln. Weitere Informationen erhalten Interessierte bei ihren örtlichen Vereinen oder beim Vorsitzenden des Kreisleichtathletik-Verbandes Björn Müller. Seine E-Mail-Adresse lautet bjoern.mueller.beers@t-online.de.

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Frank Lütt

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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