
Empörung und Sorgen bei Dauercampern in Otterndorf
OTTERNDORF. Dauercamper in Otterndorf sind in Sorge und empört über das Vorgehen der Stadt Otterndorf.
Wer auf dem Campingplatz ein Mobilheim in erster Lage am Wasser hat, muss damit rechnen, dass damit über kurz oder lang Schluss sein kann. Diese Ferien-Immobilien sind Auslaufmodelle.
Wirken wie ein Ferienhaus
Mit einem Mobilheim haben die schmucken Häuschen am See achtern Diek längst schon keine Ähnlichkeit mehr. Vielmehr sehen die Unterkünfte wie Ferienhäuschen aus. Sie sind ansehnlich und meist liebevoll gestaltetet. Größtenteils haben sie Holzpaneele in Schwedenoptik - und zeigen sich fröhlich bunt in Rot, Gelb, Grau oder Hellblau. Hecken oder gestaltete Vorgärten mit Deko-Objekten. zeugen davon, dass sich hier eine Urlaubergemeinschaft häuslich eingerichtet hat.
Auf jeden Fall ist schon auf den ersten Blick zu erkennen: Es wird sich hier gekümmert. Da ist nichts verkommen, sondern alles schier und in Ordnung. Das ist Camping auf hohem Niveau. Neudeutsch nennt man das wohl Glamping.
Doch dieses Idyll könnte nur noch eines auf Zeit sein. Denn mit der Erhöhung der Campingplatzgebühren hat die Stadt Otterndorf gleichwohl beschlossen, dass die zum Teil seit Jahrzehnten gelebte und weitergegebene oder vererbte Praxis ein Auslaufmodell ist. In begehrter Seelage soll künftig so ein Dauercamping nicht mehr möglich sein. "Betroffen sind davon Leute, die ihren Platz aufgeben", bestätigt Michel Johnen (Teamleiter Infrastruktur im Fachbereich Touristik der Samtgemeinde Land Hadeln). Sei es vorher in der Praxis so gewesen, dass die Plätze entsprechend einer Warteliste umgeschrieben werden konnten, ist dies künftig nicht mehr der Fall. "Die Stadt Otterndorf weiß, dass sich die Leute hier eingerichtet haben", sagt Johnen - und er räumt ein, dass sie dies auch bis zu einem gewissen Grad durften. Aber es gebe eben auch bestehende Verträge - und die können nun nicht mehr umgeschrieben werden.
Verkauf war möglich
Allerdings soll dies noch bis vor Kurzem möglich gewesen sein; ebenso wie ein Verkauf der "Ferien-Immobilie". Da seien Summen zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart worden, aber die mussten mit der Warteliste übereinstimmen. So ein Verkauf ging nur an Dauercamper.
Dass eine derartige Praxis künftig nicht mehr sein dürfe, erschreckt Sabine Schütze aus Koblenz. Andere Betroffene - vier Männer, mit denen unsere Redaktion auf dem Campingplatz gesprochen hat, möchten ihren Namen nicht in der Zeitung sehen. Aber nicht die 59-Jährige aus der Nähe von Koblenz. Sabine Schütze nimmt weder im Telefonat, noch per Schreiben ein Blatt vor den Mund: "Die Tragweite dieser Entscheidung scheint der Öffentlichkeit nicht bewusst zu sein. Es handelt sich unter anderem nämlich um 17 Dauerstellplätze, die mit sogenannten Mobilheimen/Vettenhäusern bebaut sind. Diese stehen dort teilweise bereits seit über 40 Jahren, wurden mit Genehmigung des Platzes, also der Stadt Otterndorf, größtenteils aus- und angebaut und liebevoll und kostenintensiv renoviert." Es sind Dauercamper wie Sabine Schütze und ihr Mann, die aus ganz Deutschland kommen - um in Otterndorf Urlaube oder Wochenenden zu verbringen.
Die Schützes sind hier schon lange Dauercamper, haben ihr Haus am See aber vor vier Jahren für rund 10.000 Euro übernommen und auch investiert, indem sie sich zum Beispiel einen Anbau von der Stadt hätten genehmigen lassen. "Und nun könnten wir das Haus nicht weiterverkaufen oder weitergeben", beklagt sie in einem Telefonat mit unserem Medienhaus. Solange der Camper noch lebe, dürfe er dort weiter bleiben und auch der Ehepartner, aber bereits eine Weitergabe an die eigenen Kinder sei nicht mehr möglich.
Die gängige Praxis sei gewesen, dass die Mobilheime in der Vergangenheit in der Regel bei Aufgabe durch den Dauercamper an einen anderen auf der Warteliste des Platzes stehenden Interessenten weiterverkauft wurden. Das sei auch ohne Probleme möglich gewesen. Und Sabine Schütze weiß zu berichten: "Allein noch in diesem Jahr wurden zwei Mobilheime für rund 30.000 Euro an neue Dauercamper verkauft."
Abriss auf eigene Kosten?
Ein Problem sei: Anders als Wohnwagen stünden diese Häuser ewig: "Die kann man nicht mal eben runterziehen." Die Otterndorf-Urlauberin fühlt sich ausgebootet: "Unser Recht soll nun von heute auf morgen, ohne dass jemals eine Information der Betroffenen oder Ankündigung erfolgt ist, aufgehoben werden. Damit fühlt man sich quasi enteignet."
Und ihre Gedankenspirale geht weiter: Wer beispielsweise durch Krankheit zur Aufgabe des Mobilheims gezwungen sei, müsse das Mobilheim - mittlerweile ja ein Holzhaus - auf eigene Kosten abreißen lassen. Sabine Schütze hat sich vorsorglich erkundigt: Dabei könnten Abrisskosten von 6500 bis 10.000 Euro anfallen. Den Rückbau und Abzug des Mobilheimes zur Weiternutzung nennt sie illusorisch. Nachhaltigkeit sehe anders aus.
Auf jeden Fall wartet Sabine Schütze darauf, was ihr die Stadt Otterndorfer als Betreiberin des Campingplatzes schriftlich in dieser Angelegenheit mitteilen wird, um zu überlegen, wie sie mit der Angelegenheit weiter umgeht. Bei einem Vor-Ort-Gespräch mit mehreren ebenfalls betroffenen Dauercampern wird deutlich, dass das Ehepaar Schütze nicht allein mit seiner Meinung und der Empörung ist. Die Aussagen sind deckungsgleich. "Es gibt Leute, die sind seit 40 Jahren auf diesem Platz und sie haben erst aus der Presse von der Angelegenheit erfahren. So geht man doch mit Menschen nicht um", sagt einer der älteren Herren.
Sein Nebenmann schüttelt den Kopf über eine weitere Ungerechtigkeit: "Leute mit Mobilheimen in der zweiten und dritten Reihe durften die Häuser vor Kurzem noch auf die Kinder umschreiben lassen - und haben das auch gemacht." Das dürften sie auch, erklärt Touristiker Johnen.
Hintergrund:
Signifikant angestiegene Energiepreise sorgen - wie berichtet - dafür, dass der Otterndorfer Stadtrat die Preise auf dem Campingplatz anpasst. Auch Dauercamper müssen tiefer in die Tasche greifen. So werden für einen bis zu 90 Quadratmeter großen Dauerstellplatz ab dem 1. Januar 800 Euro fällig, vorher waren es 730 Euro.
Mehr bezahlen müssen Langzeitgäste für Strom, Hunde, Nebenkosten und Uferlage. Weil mit Kurzzeitgästen höhere Einnahmen zu erzielen seien, will die Stadt die Zahl der Dauercampingplätze reduzieren. Es seien jedoch keine Kündigungen geplant.
Allerdings sollen diese Dauerstellplätze in Wassernähe bei Aufgabe eines Mieters nicht mehr zur Dauervermietung angeboten werden. Laut Verwaltung seien davon insgesamt 38 Dauerstellplätze mit Wasserlage betroffen.