
Erfolgreicher Kicker aus Cadenberge: Das bewegte Leben des Hans-Georg Heinßen
KREIS CUXHAVEN. Hans-Georg Heinßen, besser bekannt als "Schorsch" oder "Eier-Heinssen", war im Landkreis Cuxhaven eines der größten Talente im Fußball.
Er stürmte nicht nur für den TSV Germania Cadenberge, sondern auch für Bremerhaven 93 in der zweithöchsten deutschen Liga. Der wieselflinke Stürmer sorgte mit unzähligen Toren für viele Erfolge seines TSV Germania Cadenberge. Nachdem er einen Wechsel zu Eintracht Braunschweig ausgeschlagen hatte, nahm er später das Angebot des Regionalligisten TuS Bremerhaven 1893 an. Und obwohl er in der Truppe mit Egon Coordes und Willi Reimann glänzte, entschied er sich vorzeitig für eine Rückkehr. Schuld daran war die Eröffnung des Suba Bazars in Cuxhaven.
"Eier Heinssen" seit 100 Jahren
Lehre in Cuxhaven absolviert
Cuxhaven war Ausgangspunkt seiner beruflichen Laufbahn. Nach dem Besuch der Mittelschule in Cadenberge trat er 1959 seine Lehre zum Einzelhandelskaufmann bei Feinkost Schwieghusen in der Cuxhavener Nordersteinstraße an. Weil ein Jahr später das Karstadtgebäude gebaut wurde und der Bauzaun mehr oder weniger direkt vor Schwieghusens Eingangstür stand, sah sich der Lehrherr gezwungen, das Feinkost-Geschäft wegen fehlender Umsätze zu schließen. "Ich durfte dann meine Lehre bei Delikatess-Neumann in der Schillerstraße weiterführen. Das ist mir im Nachhinein zugutegekommen, denn hier wurde ich zum Wildfachmann", berichtet Heinßen vom Wild- und Geflügelspezialisten Neumann, und mit seinem typischen verschmitzten Lächeln fügt er hinzu: "Am ersten Tag habe ich 50 Suppenhühner ausgenommen." Später hat er Rehe oder Hasen zerlegt. "Ich habe alles von der Pike auf gelernt."
Eintracht Braunschweig fragte an
Heinßen stieg nach der Lehre in den elterlichen reinen Eierhandel ein. "Drei Tage lang haben wir die Eier von den ganzen Höfen abgeholt, an zwei Tagen haben wir sie dann in Cuxhaven verkauft." Schon früh war klar, dass Schorsch als der mittlere Sohn von dreien die Nachfolge des Vaters antreten sollte. In dieser Zeit, Mitte der 1960er-Jahre, war es auch noch relativ einfach, Beruf und Hobby in Einklang zu bringen. Heinßen war ein Vollblutstürmer, der auch mit beiden Füßen einen strammen Schuss hatte. So war er dann auch in der Bezirks- und als einziger Landesligaspeiler auch in der Landesauswahl. "In der Zeit fiel ich dann anderen Vereinen auf. 1966, als wir mit Germania den Verbandsliga-Aufstieg schafften, bot Eintracht Braunschweig 20 000 D-Mark für mich", blickt Heinßen zurück, und er erinnerte sich an die Worte seines Vaters, der die Betriebsnachfolge im Blick hatte: "Mach das, wenn Du das willst. Ich werde Dir keine Steine in den Weg legen, aber ein Zurück geht dann nicht mehr."
14 Tage lang überlegt
Der junge Heinßen musste lange überlegen: "Ich habe 14 Tage lang nicht geschlafen. Dann habe ich mich für den Betrieb entschieden, weil mein Vater als Kriegsversehrter auch nicht mehr so konnte." Aber zwei Jahre später folgte ein Angebot, das er dann nicht ausschlug, weil der interessierte Klub nicht weit von Cadenberge entfernt war. Auslöser dieser Anfrage war Heinßens überragende Leistung am Himmelfahrtstag 1968: "Wir hatten Bremerhaven 93 zu einem Freundschaftsspiel zu Gast und wir haben 4:2 gegen den Regionalligisten gewonnen", schmunzelt Heinßen zufrieden und fügt stolz hinzu: "Zwei Tore habe ich gemacht."
Egon Coordes, Willi Reimann
Am darauffolgenden Montag stand Bremerhavens Trainer Hans-Wilhelm Loßmann vor Heinßens Tür. Man wurde sich schnell handelseinig. Der TSV Germania Cadenberge erhielt 8000 Mark, damit sein Stürmer als Lizenzspieler zum Zweitligisten an die Weser wechselte. Bei Bremerhaven 93 waren immerhin so namhafte Größen wie Egon Coordes und Willi Reimann dabei. Heinßen trainierte in der Woche zweimal in Cadenberge und zweimal in Bremerhaven. "Das konnte ich mit der Arbeit noch einigermaßen gut vereinbaren", erklärt Schorsch, der dann in das einwöchige Trainingslager mit nach Berlin fuhr. "Das war mein erster Urlaub überhaupt."
40 Mark pro Punkt
Recht schnell erhielt der Cadenberger Zugang Einsatzzeiten und er traf für Bremerhaven. Die Spieler konnten zwar keine Reichtümer verdienen, aber immerhin gab es für jeden Punkt 40 Mark und "ein bisschen Fahrtkosten". "Des Geldes wegen bin ich da absolut nicht hingegangen. Das war eine sportliche Herausforderung für mich", betont Heinßen, der aber nicht lange in der Regionalliga spielen konnte.
Suba Bazar in Cuxhaven
Im Herbst desselben Jahres baute Ernst Langner den Suba Bazar in Cuxhaven an der Abschnede. "Er fragte an, ob wir ihn mit Eiern beliefern können", so Heinßen, der dadurch geschäftlich in ganz andere Sphären vorstieß. Der Arbeitsaufwand sei riesig gewesen. Bis 16.30 Uhr arbeiten, um 18 Uhr beim Training in Bremerhaven sein, um 22 Uhr wieder den Wagen in Cadenberge beladen. "Die Leistung litt darunter", erklärt Heinßen, der sich dann auf eine Vertragsauflösung einigte. Er wurde reamateurisiert und Germania zahlte die Hälfte der Ablöse wieder zurück. Am 1. November 1969 war er wieder spielberechtigt für den Cadenberger Verbandsligisten. "Im zweiten Spiel in Emden verdrehte ich mir das Knie. Das war's dann schon." Nach einer ersten Operation hätte noch eine zweite folgen müssen, aber aufgrund der beruflichen Belastung verzichtete er darauf.
Endspiel gegen Scheeßel
Einige Jahre später zog er noch mal die Bolzer an, als er für die Altherren kicken durfte. Hier schaffte er es 1980 mit einer legendären Truppe, den Bezirksmeistertitel zu holen. Beim 5:0-Finalerfolg über Scheeßel schoss Heinßen drei Tore. Dabei war es vorher überhaupt fraglich, ob er denn überhaupt mitspielen kann.
Fitgespritzt für das Finale
"Am Freitag hatte ich wieder ein dickes Knie, da bin ich zum Arzt gegangen und habe ihm gesagt, dass er was machen muss, damit ich Sonntag spielen kann", berichtet Heinßen, der dann auch noch in seiner unnachahmlichen Art die Bedenken des Mediziners verdrängen wollte: "Willi Schulz vom HSV ist letzte Woche doch auch fitgespritzt worden - und der lebt heute noch." Am Sonnabend wurde Heinßen noch mal vorstellig und der Arzt fragte: "Ist das denn so wichtig?" "Ja klar!", war die Antwort. Sie einigten sich darauf, dass der Kicker am Sonntag eine Stunde vor Anpfiff in die Praxis kommt. "Eine Spritze kam in den Arm, die andere hier hin", sagt Heinßen mit einem Fingerzeig auf seinen Allerwertesten. Der Bezirkstitel war der krönende Abschluss der Karriere, denn dann kamen die Fußballstiefel an den berühmten Nagel. Seine Knie freute es.
Bürgermeister in Cadenberge
Eng verbunden ist er mit Germania Cadenberge immer noch, er ist seit jeher Förderer. Und überhaupt liegt ihm auch viel an der Gemeinschaft in seinem Heimatort. Engagement im Schützenverein gehört genauso dazu wie die Kommunalpolitik. So war er auch zehn Jahre Bürgermeister Cadenberges. In seiner Amtszeit ist unter anderem der Bürgersaal im Marc 5 entstanden, der neugestaltete Marktplatz eingeweiht worden.
Nachfolge ist gesichert
Wichtig ist neben seinem Geschäft als Frischgeflügel-Vollsortimenter - "von Hahn bis Herz, mit Wild aus der heimischen Jagd, Weihnachtsgeflügel und Eiern aus der Region" - seine Familie. Seine beiden Töchter Bettina und Anja sowie Sohn Gerd haben Schorsch und seiner Frau Bärbel schon vier Enkel geschenkt und zwei Urenkel gibt es auch schon. Ob davon noch einer in die Fußstapfen des Fußballspielers treten möchte, ist ungewiss, aber das Geschäft "Eier Heinssen" ist bestellt, sodass es damit noch lange weitergehen soll ...
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